Ein Zirkus für die Sterne
seinen Hut auf und streckte die Hand beim Aufrichten in Richtung des Menageriezeltes aus: »Sie kennen Entenfuß – er wird drinnen bei den Bullen sein.« Der Zeltarbeiter warf seinen Hut ein zweites Mal zu Boden: »Warum mußten wir ausgerechnet hierher kommen?«
O’Hara legte eine Hand auf die Schulter des Mannes. »Wir sind am richtigen Ort, Joe, nur sind wir ungefähr hundert Jahre zu spät gekommen.« Er zog die Hand zurück, drehte sich um und ging durch die Dunkelheit auf den Eingang zum Stallzelt zu. Am Ende des Zeltes konnte er im schwachen Licht der Hilfsbeleuchtung die acht Elefanten sehen, die bedächtig ganze Wagenladungen Heu aus großen Ballen zupften und kauten. Lolita stellte die Ohren auf, als sie ihn erkannte, hob den massigen Kopf, senkte ihn wieder und tat, als ob sie ihn nicht gesehen hätte. Er trat in das Zelt, nickte dem Zeltboß und dem Stallmeister zu, die mitten im Zelt auf umgedrehten Eimern hockten, blieb mit dem Rücken zu Lolita stehen, und schon spürte er, wie Lolitas Rüssel in seine Tasche glitt, die Tüte mit den Erdnüssen, die er immer bereit hielt, faßte und ihm sachte entwand.
Er drehte sich um und sah den Elefanten an. »Was war denn das?« Lolita verlagerte das Gewicht von einem Bein aufs andere und schüttelte den Kopf. O’Hara langte in seine Jackentasche und verzog das Gesicht. »Ich könnte schwören, daß ich Erdnüsse bei mir hatte!« Er blickte den Elefanten finster an. Lolita schüttelte den Kopf noch einmal, und als O’Hara ihr den Rücken zukehrte und ging, fegte sie mit dem Rüssel durch das vor ihr liegende Stroh, hob die Erdnußtüte auf und steckte sich alles zusammen ins Maul.
Entenfuß lachte in sich hinein, während er aufstand. »Aus Lolita wird noch mal ein richtiger Taschendieb, Direktor. Passen Sie nur auf, daß sie Ihnen nicht ans Geld geht.« Der Zeltboß war entsprechend den ungefähren Proportionen von Gorgo, dem Mörderaffen, gebaut, der sich gerade in seinem Käfig ausruhte und nach eingebildeten Flöhen suchte. Das Haar von Entenfuß wuchs spärlicher als das von Gorgo, dafür waren aber seine Arme kräftiger.
O’Hara zog eine Grimasse und schüttelte den Kopf. »Bei dem bißchen, was da ist, kommt sie mit den Erdnüssen besser weg.« Er nickte dem Stallmeister zu, der, obwohl genauso groß wie O’Hara, neben Entenfuß gebrechlich wirkte. »Ist alles ruhig, Pony?«
Pony Red Miira nickte. »Die Tiere waren etwas aufgeregt, weil sie nicht pünktlich verladen worden sind, Mr. John, aber jetzt haben sie sich beruhigt.«
O’Hara nickte, drehte mit dem Fuß einen Eimer um und setzte sich darauf. Entenfuß und Pony Red nahmen ihre Plätze wieder ein. »Entenfuß, die Stadt verlangt, daß wir bis morgen diesen Platz geräumt haben. Laß also die Zeltarbeiter erst dann gehen, wenn alles vorbei ist. So oder so, wir werden sie brauchen, um die Zelte abzubrechen.«
Entenfuß schüttelte den Kopf. »Wo sollen die Leute nur hin, Mr. John? Es ist doch nicht so, daß sie bei einem anderen Zirkus anheuern könnten. Wir sind’s. Die letzte Show der Welt. Was soll aus ihnen werden?«
O’Hara schüttelte den Kopf, spitzte die Lippen und schüttelte ein zweites Mal den Kopf. »Ich weiß es wirklich nicht.«
Pony Red deutete auf die Elefanten und die in einer Reihe stehenden Käfigwagen voller Tiger, Löwen, Affen und anderer Tiere: »Und was wird aus ihnen?«
O’Hara sah Pony Red in die Augen, doch dann wich er dessen Blick aus. »Kein Zoo oder Reservat will sie haben. Jedesmal bekomme ich das gleiche Argument zu hören: Sie sind nicht mehr wild, deshalb würden sie das umweltgerechte Gleichgewicht eines Reservates stören oder so was.« Er schüttelte den Kopf: »Natürlich können wir sie auch nicht mit über die Distriktgrenze
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