Eindeutig Liebe - Roman
schon länger her ist, dass du mir das erzählt hast«, räumte er ein und wühlte in einem Stapel Eintrittskarten und Kassenbons.
»Ja, ich war wirklich sehr verliebt in ihn, aber das ist vorbei. Außerdem habe ich jetzt Ben. Ich glaube, für Chloe ist es vollkommen okay, dass Nick und ich befreundet sind. Und in dem Buch geht es nur um die Freundschaft.« Ich sah ihm direkt in die Augen.
Er atmete tief ein, als wollte er mit einer Dosis frischem Sauerstoff gegen seine Erschöpfung ankämpfen. »Das ist gut, Sienna. Ich weiß, dass du die besten Absichten hast. Es ist nur so, dass du ein wirklich schönes junges Mädchen bist und die meisten Frauen deine Nähe wohl, na ja, als ziemlich bedrohlich empfinden würden.«
Was er sagte, überraschte mich ein bisschen, denn im Vergleich zu Chloe kam ich mir vor wie ein warzenbedecktes Etwas, das gerade aus einem Dachsbau gekrochen ist. Dad war weder vorwurfsvoll noch aggressiv, sondern nur ehrlich, und das schätze ich so an ihm.
»Danke. Keine Sorge, ich bin ganz vorsichtig. Es ist aber wichtig, dass er das Buch bekommt.«
Ich beobachtete ihn, wie er eine Pfauenfeder ins Halogenlicht der Deckenlampe hielt; die petrolfarbenen und grünen Schattierungen glänzten, und er grinste. »Was ist denn damit?« Er bewegte die Feder zu meinem Gesicht und fuhr mir damit über die linke Wange. Ich zog den Kopf zwischen die Schultern, weil es kitzelte.
»Wir sind einmal nur so zum Spaß zu einem Bauernhof gegangen. Nick hat sie auf der Erde gefunden und mir geschenkt.«
»Und was ist mit Ben?«, hakte Dad weiter nach.
»Was soll mit ihm sein?«
»Was hält er davon, dass du und Nick so eng befreundet seid? Ihr geht jetzt seit ungefähr neun Monaten miteinander, richtig?«
»Äh, ja, das kommt ungefähr hin … Ich glaube nicht, dass er sich darüber groß Gedanken macht, Dad. Zwischen uns ist nichts richtig Ernstes; wir sehen uns auch gar nicht so oft. Und wenn er damit ein Problem hat, dann muss er es eben schlucken, nicht wahr? Eifersüchtige Männer ertrage ich nicht.«
»Das alles muss ziemlich schwierig für dich sein, Sienna«, meinte Dad und fuhr gedankenverloren mit den Fingern über das Kreismuster der Feder. »Du weißt schon … jemanden so sehr zu lieben und diese Liebe in eine kleine Schachtel packen zu müssen und so zu tun, als wäre sie leer.«
Das war eine sehr gute Beschreibung. Eine kleine Schachtel. Voll mit Liebe. Einer Liebe, die ich nie wirklich auszudrücken vermocht hatte, sodass sie sich hin und her warf und schreiend forderte, endlich herausgelassen zu werden.
»Ja, das ist es. Und es ist wirklich eine kleine Schachtel, die ich überallhin mitnehme, denn ich glaube, die Liebe wird nie richtig verschwinden.«
Ich hörte einen dumpfen Aufschlag. Dad war in den Kissenberg zurückgesunken, den ich für ihn gebaut hatte. Gott segne ihn.
Der Nachmittag verging mit dem Ausschneiden und Einkleben der Erinnerungsstücke an die letzten zweieinhalb Jahre meines Lebens. Der Film war längst zu Ende, und das DVD-Menü musste sich bereits ein paar Hundert Mal wiederholt haben. Normalerweise hätte mich das gestört, aber heute fühlte ich mich wie in tiefer Trance. Der Regen fiel schneller und schwerer, während der Abend langsam einen dichten schwarzen Mantel über das Tageslicht zog.
Nicks dreißigster Geburtstag war schon in drei Tagen. Ich betete still um Sonnenschein, damit er beim Aufwachen erkennen würde, wie gut alles war. Und dass er sich keine Sorgen machen musste um das alberne Zeug, das seine Gedanken beherrschte: seine Karriere und sein Alter.
Am nächsten Morgen ging ich zur Post. In meinem Bauch flatterten Schmetterlinge, und ich hatte Schwierigkeiten beim Atmen. Ich tat es also wirklich, oder? Mit Fotos und Pailletten, Federn und Klebstoff sagte ich ihm, dass ich ihn liebte. Natürlich nur als Freund …
Auf der anderen Seite der Scheibe stand eine grauhaarige Frau. Von den Bügeln ihrer Brille hing eine dieser seltsam klingelnden Ketten herunter und verschwand in ihrem Nacken. Was glauben diese Leute eigentlich, was mit ihren Brillen passieren kann? Wirklich bizarr …
»Ich hätte gern eine Zustellung per Einschreiben. Es muss gewährleistet sein, dass das Paket sicher sein Ziel erreicht.« Mir war es also ernst.
Sie sah mich leicht verärgert an. Tja, Pech gehabt. In dem Paket waren die schönsten Erinnerungen meines Lebens, und ich wollte nicht, dass irgendjemand namens Bob, der es ausliefern sollte, es aufriss, mit den Schultern
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