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Eindeutig Liebe - Roman

Eindeutig Liebe - Roman

Titel: Eindeutig Liebe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Thompson
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Reflektorstreifen.
    Oje. Vielleicht hatte meine Mutter mir wieder einen ihrer selbst gebackenen Kuchen geschickt. Sie kamen oft zerdrückt und zerbröckelt an, aber man erkannte immer noch das entsetzliche Foto von mir – zum Beispiel als zahnloses Kind mit riesiger Windel –, das sie dafür aussuchte und aufdrucken ließ.
    Ich öffnete die Tür und spähte durch den Spalt.
    »Morgen, mein Freund«, hörte ich eine angenehme Männerstimme sagen.
    »Hallo«, erwiderte ich mit einer gewissen düsteren Vorahnung.
    »Okay, das ist für Sie. Würden Sie bitte hier unterschreiben?« Er reichte mir das Gerät mit dem dünnen Stift, bei dem die eigene Unterschrift immer so aussieht, als stünde man unter Betäubungsmitteln.
    Dann drückte er mir ein schweres Paket in die Hand, das ganz traditionell in braunes Packpapier eingeschlagen war. Jawohl, das musste der Kuchen sein. Gott segne meine Mutter! Ich fragte mich, welches schreckliche Foto sie diesmal ausgesucht hatte. Es schien jedes Jahr schlimmer zu werden; vielleicht war sie diesmal aufs Ganze gegangen und hatte das Bild von mir genommen, auf dem ich einen frischen Popel vor die Kamera hielt. Seufz …
    Ich trug das Paket ins Wohnzimmer und setzte Tee auf. Ich hatte es mit dem Öffnen nicht eilig. Stattdessen musste ich wieder an Sienna denken. Ich wollte wirklich bei ihr sein. Sie hatte all meine Vorgeburtstagskrisen mitbekommen; sie hatte mich ausgelacht, wenn es passend war, und in den Arm genommen, wenn alles zu viel wurde. Sie war einfach wunderbar – aber wo zum Teufel steckte sie jetzt?
    Ich holte mir Tee, kehrte ins Wohnzimmer zurück und kümmerte mich um den bescheidenen Stapel von Grußkarten, die in den letzten Wochen in meinem Briefkasten gelegen hatten. Eine stammte von meiner Großtante Polly, adressiert »An meinen lieben Neffen Daniel zu seinem zweiunddreißigsten Geburtstag«. Na ja, wenigstens hatte sie sich an das Datum korrekt erinnert. Ich nahm mir vor, sie bald einmal zu besuchen. Wahrscheinlich war es meine Schuld, dass sie glaubte, ich hieße Daniel; in letzter Zeit war ich ziemlich beschäftigt gewesen. Aber zweiunddreißig …
    Die nächste Grußkarte war vom Verlag. Alle hatten unterschrieben, sogar Dill. Ich war gerührt. Sie bekam einen Ehrenplatz auf dem Kaminsims. Dann war da eine von Ross und der Gang – sie hatten ein Bild aus unserem Ibiza-Urlaub vor zwei Jahren hineingelegt. Darauf waren wir alle rosarot vom Sonnenschein und vom Bier. Ich musste grinsen. In der Karte standen jede Menge alberner, leicht beleidigender Sprüche, und mir wurde eine für mich kostenlose Kneipentour in Aussicht gestellt. Gar nicht so schlecht …
    Die Handschrift auf der nächsten kam mir bekannt vor, aber ich war mir nicht ganz sicher, wessen Schrift das war. Also riss ich den Umschlag hastig auf und stellte fest, dass unten auf der Karte mit schwarzer Tinte »Amelia« stand. Ach du liebe Güte! Ein Gespenst aus der Vergangenheit. Ich erinnerte mich plötzlich an den Morgen, als sie heulend vor meiner Tür zusammengesunken war, und fragte mich, ob sie mittlerweile wohl glücklich war. Ich hoffte es für sie, denn ich hatte ja mein Glück gefunden.
    Die letzte Karte stammte von meinen Eltern, meiner Schwester und dem Hund. Sie war lang und ziemlich rührselig, und ich hatte einen Kloß in der Kehle, den ich rasch wegräusperte. In der Karte stand sogar, sie seien stolz auf mich. Auf mich. Aus welchem Grund? Doch dann fiel mein Blick auf den letzten Satz ganz unten:
    PS: Am Wochenende musst Du kommen und Deinen Kuchen abholen. Diesmal könnte ich den Gedanken nicht ertragen, dass das Produkt meiner ganzen Mühe als Krümelsammlung ankommt.
    Wie eigenartig. Ich betrachtete das braune Paket auf meinem Wohnzimmertisch mit neu erwachtem Argwohn. Wenn ich genau darüber nachdachte, kam es mir ziemlich groß vor. Und schwer. Zu groß und zu schwer für einen Kuchen. Ich begann mir Sorgen zu machen. Es konnte von irgendjemandem sein. Es konnte ein Paket mit Anthrax sein und von jemandem kommen, den ich mir unbeabsichtigt zum Feind gemacht hatte.
    Egal. Ich hob es auf meinen Schoß und riss das Packpapier herunter. Ein großer Schuhkarton kam zum Vorschein. Ich trank einen Schluck Tee und nahm den Deckel ab. In dem Karton lag eine Schachtel, die in Zeitungspapier eingeschlagen war – offensichtlich war in ihr einmal etwas von Topshop verschickt worden. Ich riss sie auf. Darin war rosarotes Einwickelpapier und ein noch kleinerer Behälter. Ich begriff, was das

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