prima. Sie können heute zwei Stunden früher gehen, um sich fertig zu machen. Rufen Sie mich an, wenn Sie Fragen haben, und vergessen Sie nicht, Sienna, ich muss Sie noch einmal sprechen, bevor Sie nach Hause fahren.« Er stand auf, um uns hinauszuführen. »Und noch was: Vergessen Sie Ihren Pass nicht!«, fügte er hinzu, die Stimme leicht erhoben. An seinem Hemd sprang ein weiterer Knopf auf, und ein riesiger Bauchnabel wurde sichtbar. Einen Augenblick lang überlegte ich, was passieren würde, wenn sich jemand darin verirrte. Würden wir seine Hilferufe hören?
Als Sienna und ich das Büro verließen, fragte ich mich, wie ich das Ganze angehen sollte. Für mich war es, als würde ein Traum wahr werden, aber wenn ich zu begeistert aussähe, würde ich sie mit Sicherheit abschrecken. Außerdem war ich noch ein wenig sauer darüber, dass Anthony meine Arbeit einfach so abgetan hatte. Obwohl er Sienna kaum kannte, war es plötzlich, als drehte sich alles nur um sie. Normalerweise hätte er meine Vorschläge mit Interesse gelesen – er ermutigte immer zu Ideen –, aber jetzt hatte sich in der gesamten Redaktion etwas verändert: Die Dynamik hatte sich verschoben.
Dennoch – wie sollte ich auf die Neuigkeit, dass wir gemeinsam verreisten, reagieren? Wenn ich mich zu gleichgültig geben würde, hätte sie vielleicht das Gefühl, dass ich sie ablehnte. Ich musste auch aufpassen, was ich sagte. Ich hatte ihr gegenüber schon behauptet, sie erinnere mich an meine Schwester. Meine Schwester? Gott allein weiß, warum ich das gesagt habe. Ich glaube, das war irgendein Abwehrmechanismus, um sie von mir fernzuhalten, weil ich Angst hatte, sie könnte mich nicht mögen.
Trotzdem, ihr zu sagen, dass sie mich an meine Schwester erinnere, war wahrscheinlich eine Todsünde gewesen. Schlimmer, als sie darauf hinzuweisen, dass sie schielte, die Rechtschreibung nicht beherrschte oder über den großen Onkel gehe. (Was natürlich alles nicht zutrifft, aber selbst wenn alle drei Punkte stimmen würden, wäre ich wahrscheinlich trotzdem scharf auf sie.)
Ich habe die Angewohnheit, Augenblicke der Stille eher mit banalem Geschwätz zu füllen als mit gesellschaftlich relevanten Wortbeiträgen. »Also, was meinen Sie?«, fragte ich und wandte mich ihr zu, als wir im Durchgang zu unserem Stockwerk standen. Meine Hände zitterten ein bisschen. Schon vor der Besprechung hatte ich gedacht, ich sei nervös, aber jetzt war ich wirklich ein Nervenbündel. Wenn ich etwas Blödes machen würde, bekäme es jeder mit.
»O Gott, Nick, ich bin ja so aufgeregt!« Sie begann, auf und ab zu hüpfen, und hielt sich an meinen Armen fest. Elektrische Funken tanzten zwischen uns, und ich spürte sie – jeden einzelnen Funken.
Plötzlich fühlte ich mich in ihrer Gegenwart unglaublich verkrampft und musste mich entschuldigen. »Hören Sie, ich muss weg; ich habe bis morgen noch so viel zu erledigen! Ich muss heute noch die Überreste meiner Exfreundin loswerden!«, erklärte ich mit starrem Blick. Sienna schwieg, und ich bemerkte, dass ihr Lächeln verschwunden und einem entsetzten Gesichtsausdruck gewichen war.
»Ich meine, äh, nicht ihre körperlichen Überreste … sondern ihre Kleider und ihr ganzes Zeug. Ha, ha: erwischt!«, rief ich. Das Rumalber-Syndrom hatte mich ergriffen.
Jetzt lächelte sie zwar wieder, aber sie wirkte dennoch leicht bestürzt.
Ich räusperte mich und verließ die Bühne, ehe ich mich endgültig vergaloppierte. Wie sollte ich das nur bewältigen?, fragte ich mich, als ich mich in mein Büro zurückzog. Dort herrschte das absolute Chaos: Bleistifte, Papier und Lineale häuften sich auf meinem Schreibtisch wie Künstlerkotze. Ich gab meine Abwesenheitsnotiz ein. Sie lautete ungefähr so:
Ich bin von Donnerstag, den 21. April, bis Montag, den 25. April, nicht im Büro.
In dringenden Fällen wenden Sie sich bitte an
[email protected] Alle anderen Anfragen bearbeite ich nach meiner Rückkehr. Vielen Dank
Doch das, was ich eigentlich hätte schreiben sollen, war:
Ich bin ab sofort (Donnerstag, 21. April) für die nächste Zeit völlig von Sinnen. Richten Sie dringende Anfragen bloß an jemand anderen. An wen, das ist mir völlig egal, nur lassen Sie mich in Ruhe.
Ach ja, Amelia: Bitte, verpiss dich!
Auf dem Weg hinaus ging ich an Siennas Schreibtisch vorbei. Sie tippte so schnell, dass ich Angst hatte, vom bloßen Hinsehen blind zu werden.
»Sienna?«, flüsterte ich. Ich war etwas besorgt, ich könnte sie zu Tode