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Eindeutig Liebe - Roman

Eindeutig Liebe - Roman

Titel: Eindeutig Liebe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Thompson
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mich für ein Uhr zu sich bestellt«, widersprach ich und fragte mich, ob ich mir die Uhrzeit falsch gemerkt hatte. Doch dann begriff ich.
    Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr, schüttelte sie neben ihrem Ohr und biss sich auf die Unterlippe.
    Einen Moment lang standen wir da, beide unsicher, was wir als Nächstes tun sollten. Schließlich brach Sienna das Schweigen.
    »Ich glaube, ich stecke in der Patsche, wegen dem, was auf dem Parkplatz passiert ist. Scheiße, so ein Mist!«, fluchte sie und sah dabei aus, als wäre sie den Tränen nahe.
    Jetzt war ich wirklich verwirrt. Sie konnte ja wohl nicht schuld an der ganzen Sache sein, oder? Wenn doch, hatte sie natürlich recht: Ant würde sie wahrscheinlich rausschmeißen. Er kennt bei solchen Dummheiten kein Pardon.
    Ich öffnete den Mund, wurde aber unterbrochen, noch bevor ich etwas erwidern konnte.
    »Also gut, Sie beide, kommen Sie rauf«, sagte Anthony. Seine tiefe Stimme dröhnte die schmale Treppe hinunter, die zu seiner Höhle führte. Mit zwei rundlichen Händen winkte er uns auf hastige, ungeduldige Art hinein, im Gesicht einen Ausdruck geistesabwesender Ungeduld. Dann standen wir einen Augenblick lang da wie verwirrte Tauben, und unsere Beine zuckten.
    »Na, kommen Sie schon!«, seufzte er entnervt. Er schien wirklich wütend zu sein.
    Wenn Sienna wegen des Obdachlosen Schwierigkeiten hatte, wieso wurde ich dann mit hineingezogen? Weshalb war ich mit im Raum? Das hatte doch nichts mit mir zu tun. Und überhaupt war mir der Termin schon am frühen Morgen mitgeteilt worden, lange vor dem Parkplatzdebakel. Aber womöglich war Sienna mit dem Kerl schon in andere Auseinandersetzungen geraten, als ich noch nicht wieder zurück war, und nun ging es um eine disziplinarische Maßnahme, an der ich beteiligt werden sollte. Rein technisch gehörte ich nämlich zum mittleren Management.
    Scheiße, das wäre eine Katastrophe! Ausgerechnet das Mädchen maßregeln zu müssen, hinter dem man her war – vielen Dank. In Gedanken ging ich die schrecklichen Möglichkeiten durch. Was also, wenn ich sie am Ende feuern musste? Wie sollte ich von einem Rausschmiss auf die Frage nach einem Rendezvous überleiten?
    Ant hatte zwei Stühle vor seinen Lederthron gestellt, der so groß war, dass ich oft fürchtete, er könnte sich eines Tages darin verlieren. Und Anthony war kein kleiner Mann. Groß gebaut, groß in der Stimme, groß in der Präsenz. Seine Augen waren groß, sein Mund war groß, und ich hatte keinen Zweifel, dass selbst seine Knochen groß waren. Mit seinen zwei Metern überragte er die meisten Menschen, denen er begegnete, und immer wieder zuckten Leute zusammen, wenn er einen Raum betrat – was ich zugegebenermaßen immer sehr komisch fand.
    Obwohl Ant und ich gut zurechtkamen, gelang es ihm trotzdem immer wieder, mir eine gewisse Angst einzujagen. Er erinnerte mich an Mr. Blake, einen unglaublich furchteinflößenden Lehrer an meiner Schule. Bei den anderen konnten wir uns eine Menge herausnehmen – im Unterricht Kaugummi kauen und freche Antworten geben –, aber Blake brauchte uns nur anzusehen, und schon waren wir die reinsten Engel.
    Ant war nicht nur ziemlich rund – was allerdings seine hervorstechendste Eigenschaft war –, auf seinem Kopf türmte sich zudem auch noch eine gewaltige braune Lockenmasse, die sich anscheinend nie richtig bändigen ließ. Er hatte dunkle Augen, einen stechenden Blick und eine runde Stupsnase. Doch trotz seines donnernden Gebarens hatte er auch etwas Nervöses an sich. Länger Blickkontakt zu halten fiel ihm schwer, er neigte dazu, mit allem Möglichen herumzufummeln, und zog sich beim Nachdenken oft an den Locken im Nacken.
    Ich traute ihm nicht völlig über den Weg und ertappte mich immer wieder dabei, dass ich in seiner Gegenwart wie eine Schlange herumkroch – wie übrigens alle anderen auch –, weil ich befürchtete, er könnte in einem plötzlichen Wutanfall seine Macht gegen mich ausspielen.
    Das war noch so etwas an Anthony: Er war jähzornig. Oft hörten wir Lärm aus seinem Büro, wenn er mal wieder mit der Faust auf den Tisch schlug und irgendeinen armen Kerl am Telefon zur Schnecke machte. Dann zogen wir nur die Köpfe ein und tippten schnell weiter.
    Jetzt warf er sich vor uns in den Sessel. Auf seiner Stirn sammelten sich allein durch die Anstrengung des Viermetermarschs von der Tür bis hierher kleine Schweißperlen. Es wunderte mich, dass er sich nicht um einen Sponsor bemühte. Über seine Schulter

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