Eine andere Art von Ewigkeit: Lilith-Saga: 2 (German Edition)
ihr Motor weiter. Aber sie klang erbärmlich. Sie war kurz davor, ihren Geist aufzugeben.
Ich nahm darauf keine Rücksicht, ich erlaubte mir auch keinen Gedanken an den brennenden Benzinlaster. Alles, woran ich dachte, war, möglichst schnell zu Johannes zu gelangen.
Eine uneinsehbare Kurve kam, dahinter erwartete mich das pulsierende Warnlicht eines Pkws. Ich bremste hart ab. Vor mir war der Verkehr nahezu zum Erliegen gekommen.
Meine Uhr zeigte 11:16 an. Vierundzwanzig Kilometer trennten mich noch von der Forschungsanlage.
Ich unterdrückte ein krampfhaftes Schluchzen, das meinen Hals zusammenzog und bekämpfte meine aufkommende Panik. Ich musste rechtzeitig ankommen.
Ich hatte ungefähr zwei Kilometer Sicht. Der Stau zog sich über die gesamte Länge der Strecke hin. Ich konnte sein Ende nicht ausmachen.
Ich fädelte mich zwischen den stehenden Pkws hindurch, anfangs vorsichtig und eher langsam, doch mit der Zeit immer schneller und waghalsiger.
Was hatte die Verkehrsbehinderung verursacht? Würden irgendwo die Audifahrer auf mich warten? Ich überlegte krampfhaft, ob ich die Autobahn verlassen könnte, während ich in der Mitte der beiden Fahrspuren in inzwischen halsbrecherischem Tempo hindurchraste. Ich suchte die Umgebung ab, um irgendwo mit meinem Bike über passierbares Gelände entkommen zu können. Aber ich sah nur dichten Wald und Felsen. Die nächste Ausfahrt war dreiundzwanzig Kilometer entfernt. Ich musste auf der Straße bleiben.
Nach einer weiteren Kurve sah ich inmitten der Fahrbahn einen quer geparkten Bauwagen. Auf seiner Ladefläche befand sich ein großes elektronisches Schild mit einem blinkenden Pfeil nach rechts. Die Kolonne folgte ihm. Wir wurden auf einen Rastplatz geleitet.
Siedend heiß schoss die Angst in mir hoch. Das war eine Falle. Auf dem Parkplatz würden sie auf mich warten. Dort, zwischen all den Autos, würde ich nicht ausweichen können. Dort würden sie mich töten.
Als ich das erste Blaulicht auf einem Polizeiwagen und dann immer mehr Einsatzfahrzeuge sah, konnte ich mein Glück gar nicht fassen. Niemand würde mich hier angreifen. Nicht, wenn so viele Polizisten in direkter Nähe waren. Höchstwahrscheinlich hing der Einsatz mit dem explodierten Tanklaster zusammen. Hier war ich sicher.
Meine Suzi rollte neben den wartenden Autos entlang. Inzwischen gab ihr Motor röhrende Geräusche von sich.
Ich konnte eine Gruppe von uniformierten Polizisten ausmachen. Sie umringten einen stämmigen Mann, der ihnen Anweisungen zu geben schien – offensichtlich ein Beamter in Zivil.
Als ich näher kam, ging die Gruppe auseinander, der Chefermittler nahm ein Funktelefon aus seiner Tasche und sprach hinein. Dabei wandte er mir sein Profil zu.
Der Schock ließ mich erbeben.
Ich kannte diesen Mann. Er hieß Ruprecht und war der Kommissar, mit dem Johannes und ich nach unserer Rückkehr aus Wacken gesprochen hatten. Ruprecht hatte uns damals mit zwei hochrangigen Vertretern der Studentenverbindung konfrontiert und die Untersuchung gegen die Bruderschaft eingestellt. Für mich stand fest, dass er vom Raben gelenkt wurde.
Es war doch eine Falle.
Mir wurde übel, als mir klar wurde, über welche Macht Samael tatsächlich verfügte.
Ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Stattdessen drehte ich den Gasgriff bis zum Anschlag auf. Laut kreischend protestierte der Motor, aber meine Suzi sprang wie von einem Katapult geschleudert nach vorne. Ich sah, wie Ruprecht sein Telefon fallen ließ und mit ausgestrecktem Arm Befehle brüllte, während er mit der anderen Hand seine Dienstwaffe zog. Doch da raste ich bereits über einen Grünstreifen. Menschen schrien, Dreck spritzte hoch. Dann lag die Auffahrt zur Autobahn vor mir.
Mein Bike flog regelrecht auf die Fahrbahn, die völlig leer war.
Ich preschte eine kleine Anhöhe hinauf, die mir eine weite Aussicht auf das dahinter liegende Tal bot. Und dort, nahezu am Horizont, warteten die zwei schwarzen Audis. Sie standen quer und blockierten alles.
Kein Ausweg. Ich konnte nicht zurück. Hinter mir hörte ich die Sirenen herannahender Polizeiwägen. Rechts von mir war nur Wald und Fels.
11:31 – noch vierzehn Kilometer zu fahren.
Ich gab auf. Ich tat das, was ich die letzten Stunden getan hatte. Ich fuhr mit voller Geschwindigkeit meinem sicheren Tod entgegen. Wenn ich schon sterben sollte, dann würde ich dort unten zumindest näher bei Johannes sein. Und ich würde möglichst viele dieser Dreckskerle mitnehmen, die bei der
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