Eine andere Art von Ewigkeit: Lilith-Saga: 2 (German Edition)
Tod gehen. Mein Leben würde hier, auf dem Asphalt, enden.
Das Motorengeräusch der heranrasenden Audis war mittlerweile deutlich zu hören – ebenso wie die Sirenen der Einsatzwägen, die sich dahinter befanden.
Ich wendete.
Langsam fuhr ich an, steigerte die Geschwindigkeit, bis der gequälte Motor unter mir laut protestierte. Er quietschte, kreischte und pfiff. Und ich hielt direkt auf meine beiden Verfolger zu.
Ich nahm meine Linke vom Lenker, griff unter meine Jacke und zog den Revolver hervor. Ich spannte die Waffe, hielt sie mit zitterndem, ausgestrecktem Arm.
Hinter der Kimme tauchte die Frontscheibe einer der schwarzen Audis auf. Ich konnte die Männer mit den Skimasken erkennen.
Ich schoss.
Die Windschutzscheibe zerbarst, der Wagen zog nach links, krachte gegen einen abgestellten Bagger. Er wurde um die eigene Achse gedreht, überschlug sich mehrmals und blieb auf der Standspur auf dem Dach liegen.
Erneut spannte ich meine Waffe, zielte auf den zweiten Audi, der nur noch wenige Meter entfernt war, begleitet vom flackernden Blaulicht der Einsatzwägen dahinter.
Der Audifahrer trat tief aufs Gas. Sein Wagen heulte auf.
Der Lauf meiner Waffe bewegte sich in Richtung des gegnerischen Fahrers. Ich visierte ihn an, krümmte meinen Finger um den Abzug des Revolvers.
Ein Ruck ging durch meine Suzi. Der Motor blockierte. Meine Maschine bäumte sich hinten auf. Ich konnte mich nicht mehr halten, wurde zur Seite weggeschleudert und schlitterte über die Fahrbahn auf den ersten, demolierten Audi zu.
Die Zeit verlangsamte sich und setzte aus. Ich sah meiner Suzi nach. Wie ein Geschoss flog sie dem zweiten Audi entgegen und bohrte sich tief in dessen Front.
Der Polizeiwagen dahinter konnte nicht mehr bremsen. Er kollidierte mit dumpfem Krachen. Immer mehr Autos schoben sich ineinander, als die übrigen Einsatzfahrzeuge ebenfalls auffuhren.
Mit einem Mal senkte sich eine gespenstische Ruhe über den Ort. Ich lag am Boden, sah die rauchenden Trümmer meiner Verfolger und begriff nur allmählich, dass ich noch lebte.
Zitternd kam ich auf die Beine und blickte mich um. Ich hob meinen Revolver auf, der mir aus der Hand gefallen war, betätigte den Ausstoßer und ersetzte die abgeschossene Patrone.
Ich sah auf meine Uhr. 11:40. Keine fünf Kilometer von mir entfernt sah ich die Umrisse der Remanenten-Anlage.
Ich rannte los.
19
Clement hörte die Worte eines der Wissenschaftler, ohne ihren Inhalt zu verstehen. Seine Gedanken waren weit fort. Seit Stunden schleppte er jetzt seinen Vater und Johannes durch die Anlage. Überall machten sich irgendwelche Eierköpfe wichtig und schwafelten sinnloses Zeug über physikalische Gesetze und Prozesse.
Er gab sich wissbegierig, lobte die bahnbrechenden Ergebnisse der unermüdlichen und hoch engagierten Arbeit.
Fotos wurden geschossen. Unzählige Hände geschüttelt. Nachher würde er eine Großpackung Desinfektionsmittel benötigen.
Immerhin schien sein Vater tief beeindruckt und sein Bruder spielte zumindest den Interessierten, auch wenn Clement genau erkennen konnte, dass sich Johannes tödlichst langweilte. Wahrscheinlich zählte der die Sekunden, bis er seine rothaarige Nutte besteigen konnte. Schade für ihn, dass daraus heute nichts mehr werden würde. Um es genau zu sagen, würde Johannes niemals wieder mit Lilith zusammen sein. Und auch mit keinem anderen Menschen. Johannes trennten nur noch Minuten von seinem Tod.
Clement checkte seine Uhr: 11:35.
In genau fünfundzwanzig Minuten würde Johannes von der Explosion zerfetzt werden, ebenso wie sein Vater und all die anderen Langweiler, Hohlköpfe und Fachidioten hier.
Das zumindest, war ein beruhigender Gedanke. Und jetzt fiel ihm das Lächeln auch gar nicht mehr so schwer.
Der Abteilungsleiter hatte seinen Vortrag beendet. Clement lobte ihn in höchsten Tönen, bevor er alle zur Abschlussveranstaltung in die große Halle, das Kernstück der Anlage, einlud.
Der Zug der Besucher und der Führungsriege setzte sich in Bewegung. Aus offenen Labors und Büros schlossen sich immer mehr Mitarbeiter an. Das Ende bildete das gesamte Sicherheitspersonal einschließlich der Pförtner.
Als Clement als einer der ersten die Halle betrat, wartete dort bereits eine große Champagnertheke auf sie. Daneben lagen unzählige schwarze Schutzbrillen.
Alle bedienten sich am Sekt und nahmen sich eine Brille. Es herrschte eine feierliche und zugleich ausgelassene Stimmung, die von gelegentlichem Lachen unterbrochen
Weitere Kostenlose Bücher