Eine andere Art von Ewigkeit: Lilith-Saga: 2 (German Edition)
gemacht. Das gleiche traf für Asmodeo und Johannes zu.
Elisabeths Leute hatten nahezu jeden Stein in halb Europa umgedreht – ohne Spur von Lilith, Asmodeo oder Johannes.
Keiner der drei benutzte eine Kreditkarte oder führte Transaktionen über eine Bank aus. Zweifelsohne zahlten sie ausschließlich mit Bargeld und hatten offensichtlich auch falsche Identitäten angenommen. Sie blieben unauffindbar – wenigstens in der realen Welt.
Viktor hatte es als Einziger geschafft, mit Lilith in Kontakt zu treten. Selbstredend hätte das Samael auch gekonnt. Aber dann hätte die Gefahr bestanden, Asmodeo zu begegnen. Und diese Begegnung musste momentan auf alle Fälle vermieden werden – zu viel hing davon ab, dass jetzt alles ohne größere Störung ablief.
Die Tauben gurrten fordernd. Sie warf den Vögeln einige weitere Krumen zu.
Alles, womit sie arbeiten konnte, war die Traumsequenz von Viktor mit Lilith, die er ihr überlassen hatte.
Sie stierte blicklos vor sich hin und ließ die Szene vor ihrem inneren Auge abspielen – immer und immer wieder.
Sie erlebte, wie Lilith den fremden Dämon empfing, wie sich ihr anfängliches Liebesspiel in blankes Entsetzen wandelte und wie Lilith schließlich aufgab, als sie sich von Viktor beinahe widerstandslos in den Nebel zerren ließ.
Aber eben nur beinahe.
Urplötzlich schoss eine Energie in Lilith hoch. Überaus gefährlich, überaus mächtig und absolut unkontrollierbar. Mit nur einem Tritt schaffte es Lilith, sich aus der an sich ausweglosen Lage zu befreien – sie hätte Viktor beinahe vernichtet.
Dabei war Viktor selbst weit mehr als nur ein normaler Dämon. Aber das war Lilith ja auch, selbst wenn ihr das noch nicht bewusst sein sollte. In diesem Punkt beschlichen Elisabeth zusätzliche Zweifel. Wahrscheinlich hatte Asmodeo Lilith bereits über ihre besonderen Fähigkeiten aufgeklärt.
Selbstvergessen hatte Elisabeth das restliche Brot zerdrückt. Sie öffnete ihre Hand, um die Brösel auf den Boden fallen zu lassen. Eine weiße Taube nutzte die Gelegenheit. Sie ließ sich auf Elisabeths Unterarm nieder und begann furchtlos, sich an dem Brot zu bedienen.
Elisabeth ließ sie gewähren und streichelte mit ihrer freien Hand sachte das zutrauliche Tier, welches leise gurrte.
Elisabeth kam ein Gedanke, ein leichter Verdacht. Warum war Lilith wütend geworden, obwohl sie sich selbst bereits aufgegeben hatte? Was hatte ihr die Kraft gegeben, sich mit einer solchen Vehemenz zu befreien?
Elisabeth durchlebte den Augenblick nochmals, konzentrierte sich auf die Stelle, in der Lilith unvermittelt zornig wurde – doch sie fand nichts Außergewöhnliches.
Und dann, gleichsam ohne Vorwarnung, empfing sie die Andeutung eines Gefühls, kurz bevor Lilith aufbegehrte. Elisabeth dachte sich noch intensiver ein, öffnete jede Pore ihrer Empfindungen. Schemenhaft, stückweise, versteckt und überlagert von Viktors eigenen geilen Gedanken legte sie ein anderes Gefühl frei. Anfänglich hielt sie es für Angst. Aber hinter dieser Angst lag eine zweite, weitaus stärkere Motivation.
Elisabeth stutzte. Das konnte nicht sein – Dämonen waren diese Regungen völlig fremd. Und doch…
Lilith liebte. Sie liebte bis zur Selbstaufgabe. Sie liebte Johannes und was noch entsetzlicher war, sie liebte Asmodeo. Daher kam ihre Kraft.
Und Asmodeo? Dem war selbst Loyalität fremd. Sogar gegenüber seiner eigenen Familie. Wie sollte er da lieben können? - Aber er spielte allem Anschein nach mit und gaukelte Lilith etwas vor.
Elisabeths Finger krampften sich zusammen, packten die Taube fester. Ihre Nägel krallten sich durch das schützende Federkleid hindurch in das zarte Fleisch hinein. Das Tier quietschte, zarte Knochen knackten.
Mit der Hand, die den Vogel gerade noch gestreichelt hatte, ergriff Elisabeth den zuckenden Kopf der Taube und riss ihn ab. Warmes Blut schoss hervor, bespritzte den Terrassenboden, die Brüstung und Elisabeths Gesicht. Der Torso zuckte in ihrer Hand, der Schnabel blieb halb geöffnet, verharrte im letzten Schrei des Tieres.
Wertlose Dachratte! - A chtlos warf Elisabeth beide Kadaverteile zu Boden.
Die anderen Tauben hatten beim ersten Schreckensschrei des Vogels geräuschvoll das Weite gesucht. Jetzt ertönte eine andere Art von Flügelschlag – schwerer, kräftiger, dunkler. Elisabeth hob ihren Kopf und sah einen Raben herangleiten. Er kreiste kurz über ihr, bis er von einem zweiten und dritten Artgenossen Gesellschaft bekam. Gemeinsam schwebten sie auf
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