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Eine Andere Welt

Eine Andere Welt

Titel: Eine Andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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sie beißen«, sagte er, »sie entweder alles oder gar nichts kriegen, aber niemals einen Teil.«
»Das ist meine Einstellung.«
»Wie ist es jetzt?« fragte er sie. »Haben Sie alles oder nichts?«
»Ich – ich weiß nicht. Eine gute Frage. Also, Jack habe ich nicht, aber vielleicht will ich ihn gar nicht mehr. Es ist so verdammt lange her. Ich denke, ich brauche ihn immer noch. Aber ich brauche Sie mehr.«
»Ich dachte, Sie wären eine, die zwei Männer gleichzeitig lieben kann.«
»Habe ich das gesagt?« Sie grübelte nach, während sie gingen. »Was ich meinte, war, daß es ideal wäre, daß man dem Ideal im wirklichen Leben aber nur nahekommen kann, ohne es je ganz zu erreichen ... verstehen Sie? Können Sie meinem Gedankengang folgen?«
»Ich kann ihm folgen«, sagte er, »und ich kann sehen, wo er hinführt. Er führt zu einer zeitweiligen Aufgabe Jacks, solange ich da bin, und dann zu einer psychologischen Rückkehr zu ihm, wenn ich fort bin. Machen Sie es jedesmal so?«
»Ich gebe ihn nie auf«, sagte sie in gekränktem Ton. Sie gingen schweigend weiter, bis sie das alte Gebäude mit dem Wald von rostenden Fernsehantennen auf dem Dach erreichten, in dem sie wohnte. Kathy fummelte in ihrer Handtasche, fand den Schlüssel, und sie gingen hinauf in ihr Zimmer.
Das Licht war eingeschaltet, und auf dem schimmeligen Sofa saß ein grauhaariger, untersetzter Mann vorgerückten Alters, dessen äußere Erscheinung nur als makellos bezeichnet werden konnte. Sein grauer Anzug saß perfekt, die schweren, fleischigen Wangen waren sauber rasiert und zeigten nicht die winzigste Schniwunde oder rote Stelle, und jedes Haar auf seinem Kopf lag so, wie es liegen sollte.
»Mr. McNulty?« sagte Kathy mit stockender Stimme.
Der Mann stand auf und streckte Jason die Rechte entgegen. Jason trat mechanisch einen Schri auf ihn zu und streckte seinerseits die Rechte aus, um dem anderen die Hand zu schüeln.
»Nein«, sagte der Untersetzte. »Ich bin nicht gekommen, Ihnen die Hand zu schüeln; ich möchte Ihre Ausweispapiere sehen, diejenigen, die das Mädchen für Sie gemacht hat. Geben Sie schon her.«
Wortlos, denn es gab nichts zu sagen, händigte Jason ihm seine Brieasche aus.
»Die hast du nicht gemacht, Kathy«, sagte McNulty nach flüchtiger Inspektion. »Es sei denn, du hast dich enorm verbessert.«
»Einige von diesen Papieren habe ich seit Jahren«, versicherte Jason.
»So, haben Sie«, murmelte McNulty. Er gab Jason Brieasche und Papiere zurück. »Wer hat ihm die Wanze angehängt? Du?« sagte er zu Kathy. »Oder war‘s Ed?«
»Ed«, sagte Kathy.
»Sehen wir uns mal an, was für ein Vogel uns da zugeflogen ist«, sagte McNulty und begann Jason kritisch zu taxieren, als ob er für einen Sarg Maß nähme. »Ein Mann Mie bis Ende vierzig, gut gekleidet, modischer Schni. Teure Schuhe ... aus echtem Leder gemacht. Habe ich recht, Mr. Taverner?«
»Sie sind aus Rindsleder«, sagte Jason.
»Nach Ihren Papieren sind Sie Musiker«, sagte McNulty. »Spielen Sie ein Instrument?«
»Ich singe.«
»Dann singen Sie uns was vor.«
»Gehen Sie zum Teufel«, erwiderte Jason, aber es gelang ihm, seinen Atem unter Kontrolle zu halten, und die Worte kamen genauso heraus, wie er es wollte: nicht zu energisch, nicht zu schwächlich.
McNulty nickte Kathy zu. »Er ist nicht gerade unterwürfig. Weiß er, wer ich bin?«
»Ja«, sagte Kathy und schluckte. »Ich – sagte es ihm. Zum Teil.«
»Du hast ihm von Jack erzählt«, sagte McNulty und wandte sich wieder zu Jason. »Es gibt keinen Jack, müssen Sie wissen. Sie glaubt es, aber es ist eine Wahnvorstellung. Ihr Mann kam vor drei Jahren bei einem Verkehrsunfall ums Leben; er war nie in einem Zwangsarbeitslager.«
»Jack lebt«, sagte Kathy.
»Sehen Sie?« sagte McNulty zu Jason. »Sie hat sich ziemlich gut an die Umwelt angepaßt, bis auf diese eine fixe Idee. Die wird sie nicht los; die braucht sie, um ihr Leben im Gleichgewicht zu halten.« Er zuckte die Achseln. »Warum nicht? Es ist eine harmlose Vorstellung, und sie hält sie in Schwung. Also haben wir nicht versucht, psychiatrisch damit fertig zu werden.«
Kathy hae still zu weinen begonnen. Große Tränen glien über ihre Wangen und tropen auf die Bluse.
»In den nächsten Tagen werde ich mit Ed Pracim sprechen«, sagte McNulty. »Ich werde ihn fragen, warum er Ihnen die Abhörwanze angehängt hat. Er ist ein Mann, der viel von seinen Vermutungen hält; es muß so eine Vermutung gewesen sein.« Er stand da und schien in Nachdenken zu

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