Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Andere Welt

Eine Andere Welt

Titel: Eine Andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
Vom Netzwerk:
Fußabdrücke veränderten sich nicht. Auch nicht in fünfzehn Jahren.
Vielleicht würden sie die Fotokopie einfach in einen Reißwolf stecken, und der Fall wäre erledigt. Und wenn sie dann die Daten des Formulars nach Memphis durchgäben, damit sie dort in die Personalakte jenes Jason Tavern aufgenommen würden, wäre kaum damit zu rechnen, daß sie von selbst auf den Fehler aufmerksam wurden.
Go sei Dank hae Jason Tavern, der Dieselmechaniker, niemals gegen ein Gesetz verstoßen und war nie mit der Polizei in Konflikt gekommen. Gut für ihn.
Ein Polizeihubschrauber kam mit blinkenden Rotlichtern über die Dächer und dröhnte aus allen Lautsprechern: »Mr. Jason Tavern, kehren Sie sofort zum Polizeirevier Nr. 469 zurück. Das ist eine polizeiliche Anordnung. Mr. Jason Tavern ...« Die Stimme dröhnte weiter, während Jason benommen dastand. Sie haen es schon herausgebracht. Nicht in Stunden, Tagen oder Wochen, sondern innerhalb von Minuten. Er ging zum Polizeirevier, durch die automatischen Türen und durch die Menge der Unglücklichen, zu dem uniformierten Beamten, der seinen Fall bearbeitet hae
– und da stand auch McNulty. Die beiden waren stirnrunzelnd im Gespräch vertie.
»Siehe da«, sagte McNulty, aulickend, »hier ist ja wieder unser Mr. Tavern. Was machen Sie hier, Mr. Tavern?«
»Der Polizeihubschrauber ...«, begann er, doch McNulty winkte ab.
»Das war eine Eigenmächtigkeit. Wir gaben bloß eine gewöhnliche Anforderung durch, und irgendein Übereifriger verpaßte ihr eine erhöhte Dringlichkeitsstufe. Aber nachdem Sie schon da sind ...« – McNulty nahm das Dokument und hielt es so, daß Jason das Foto sehen konnte – »ist das Ihr Konterfei, wie Sie vor fünfzehn Jahren aussahen?«
»Warum nicht?« sagte Jason. Das Foto zeigte einen Mann mit eingefallenen Wangen, hervortretendem Adamsapfel, schlechten Zähnen und einfältig blickenden Augen, die angestrengt ins Nichts starrten. Das Haar, gekräuselt und maisfarben, hing über die abstehenden Ohren.
»Sie waren bei einem Schönheitschirurgen und ließen sich eine Gesichtsplastik machen?« fragte McNulty.
Jason nickte.
»Warum?«
»Wer möchte schon so aussehen?« sagte Jason achselzuckend.
»Kein Wunder, daß Sie so stalich und würdevoll wirken«, sagte McNulty. »So ... ah ... herrenmäßig.« Er tippte mit dem Zeigefinger auf das fünfzehn Jahre alte Foto. »Es ist wirklich schwer zu glauben, daß man daraus Ihr Gesicht machen konnte.« Er legte Jason in freundschalicher Vertraulichkeit die Hand auf den Arm und sagte: »Aber wo haen Sie das Geld her?«
Während McNulty sprach, hae Jason hastig die Angaben im fotokopierten Dokument überflogen. Jason Tavern war in Cicero, Illinois, geboren, sein Vater war Dreher an einer Revolverdrehbank gewesen, und sein Großvater hae ein Geschä für landwirtschaliche Geräte gehabt – ein glücklicher Zufall angesichts dessen, was er McNulty über seine gegenwärtige Karriere erzählt hae.
»Von Windslow«, sagte Jason. »Ah, entschuldigen Sie; ich nenne ihn immer so und vergesse, daß andere damit nichts anfangen können.« Seine professionelle Geistesgegenwart hae ihm geholfen; während McNulty zu ihm gesprochen hae, hae er das Papier gelesen und sich alle wichtigen Einzelheiten eingeprägt. »Das ist mein Großvater. Er hae Geld, und ich war sein Liebling. Er hae keine anderen Enkel, verstehen Sie.«
McNulty studierte das Dokument und nickte.
»Ich sah wie ein Bauerntölpel aus«, sagte Jason. »Und ich war auch einer. Der beste Job, den ich zu Hause kriegen konnte, hae mit der Reparatur von Dieselmotoren und Landmaschinen zu tun, und ich wollte mehr. Also nahm ich das Geld, das Windslow mir vermacht hae, und ging nach Chicago ...«
»Gut, gut«, sagte McNulty, noch immer nickend. »Es paßt zusammen. Wir wissen, daß radikale Veränderungen durch die chirurgische Gesichtsplastik möglich und nicht einmal allzu kostspielig sind. Aber im allgemeinen sind solche Operationen vorwiegend unter entkommenen Sträflingen und sonstigen Unpersonen gefragt. Darum überwachen wir alle Kliniken, die sich mit der Technik befassen.«
»Aber sehen Sie doch, wie häßlich ich war«, sagte Jason.
McNulty lachte tief und kehlig. »Das können Sie getrost zweimal sagen, Mr. Tavern. In Ordnung; tut mir leid, daß wir Sie belästigt haben. Sie können gehen.« Er hob die Hand wie zum Gruß, und Jason wandte sich um und arbeitete sich durch das Gedränge davon. »Ach!« rief McNulty plötzlich, »da fällt mir noch etwas ein

Weitere Kostenlose Bücher