Eine Andere Welt
des Fotos und hörte es sagen: »Es reiten drei Reiter um den Ararat herum.« Und er lächelte und wandte seine Aufmerksamkeit wieder der Lachrimae Antiquae Pavane zu und dachte: Fließt, meine Tränen ...
Bin ich wirklich ein guter Polizist, wenn ich Worte und Musik wie diese liebe? fragte er sich. Ja, dachte er. Ich bin ein guter Polizist, weil ich nicht wie einer denke. Ich denke zum Beispiel nicht wie McNulty, der sein Leben lang ein – wie pflegte man zu sagen?
– ein Polyp sein wird. Ich denke nicht wie seinesgleichen, sondern wie die Leute, hinter denen wir her sind. Wie dieser Jason Taverner. Ich habe eine Vermutung, eine irrationale, aber sehr brauchbare Intuition, daß er noch in Las Vegas ist. Dort werden wir ihn fangen, und nicht, wo McNulty denkt.
Ich bin wie Byron, dachte er, der für die Freiheit und ein Ideal kämpe, der sein Leben für Griechenland opferte. Außer daß ich nicht für die Freiheit kämpfe; ich kämpfe für eine stabile, einheitliche Gesellscha.
Ist das tatsächlich wahr? fragte er sich. Tue ich das wirklich? Schaffe ich Ordnung, Harmonie, Struktur? Regeln. Ja, dachte er: Regeln sind mir verdammt wichtig, und das ist der Grund, warum Alys mich bedroht. Warum ich mit allem anderen fertig werde, aber nicht mit ihr.
Go sei Dank sind nicht alle wie sie, sagte er sich. Er seufzte, schaltete mit einem Knopfdruck die Gegensprechanlage ein und sagte: »Herb, können Sie bie hereinkommen?«
Herbert Maime kam zur Tür herein, einen Stoß Computerkarten in der Hand; er machte einen gequälten Eindruck.
»Wollen Sie eine We e abschließen, Herb?« sagte Buckman. »Daß Jason Taverner in Las Vegas ist?«
»Warum befassen Sie sich mit solchen Kleinigkeiten?« sagte Herb. »Das liegt auf McNultys Ebene, nicht auf Ihrer.«
Buckman setzte sich an den Schreibtisch und faßte seinen Assistenten ins Auge. »Bedenken Sie, was dieser Mann getan hat. Irgendwie ist es ihm gelungen, alle ihn betreffenden Daten aus sämtlichen Archiven und Datenspeichern zu löschen. Vergegenwärtigen Sie sich, was dazugehört, so etwas zu tun. Geld? Enorme Summen. Bestechungsgelder von astronomischer Höhe. Wenn Taverner mit solchen Einsätzen spielt, dann geht es ihm um große Dinge. Stellen wir die Frage nach seinem Einfluß, so kommen wir zur gleichen Schlußfolgerung: er hat Macht, und wir müssen ihn als eine bedeutende Figur einschätzen. Was mir am meisten Sorgen macht, ist nicht die Frage, wer er ist, sondern die Frage, wen er repräsentiert. Ich vermute, daß irgendeine Gruppe im In- oder Ausland hinter ihm steht, aber ich habe keine Ahnung, wozu oder warum. Gut; wenden wir uns der nächsten Frage zu: Alle ihn betreffenden Daten wurden gelöscht. Jason Taverner ist der Mann, den es nicht gibt. Aber was haben sie mit diesem Manöver erreicht?«
Herb grübelte.
»Ich komme nicht darauf«, sagte Buckman. »Es ergibt keinen Sinn. Aber wenn er und seine Hintermänner es tun, muß es auch etwas bedeuten. Andernfalls würden sie nicht so viel aufwenden. Geld, Zeit, Einfluß, was immer. Dazu nicht unbeträchtliche Risiken und Anstrengungen.«
»Ich verstehe«, sagte Herb und nickte.
»Manchmal fängt man große Fische, indem man einen kleinen an den Haken bekommt«, sagte Buckman. »Man weiß nie, ob der nächste kleine Fisch, den man fängt, das Bindeglied zu etwas Gewaltigem sein wird, oder bloß zu weiteren kleinen Fischen, die man zu den anderen wir. Vielleicht ist dieser Jason Taverner nur so ein kleiner Fisch. Es kann sein, daß ich völlig falsch liege. Aber der Fall interessiert mich.«
»Das ist schlecht für ihn«, sagte Herb.
Buckman nickte. »Nun überlegen Sie folgendes.« Er hielt einen Moment lang inne, um mit innerer Anspannung einen fahren zu lassen, dann sagte er: »Taverner ging zu einer Dokumentenfälscherin, die hinter einer verlassenen Gastwirtscha eine kleine Werksta betreibt. Er hae keine Verbindungsleute; er arbeitete
– das muß man sich vorstellen! – durch den Angestellten des schäbigen Hotels, in dem er wohnte. Er muß also wie ein Verzweifelter hinter Ausweispapieren hergewesen sein. Nun gut, aber wo waren dann seine mächtigen Hintermänner? Warum konnten sie ihn nicht mit erstklassig gefälschten Ausweispapieren ausrüsten, wenn sie alles andere konnten? Großer Go, sie schickten ihn einfach auf die Straße, in den Großstadtdschungel, direkt zu einem Polizeiinformanten. Sie gefährdeten alles!«
»Ja«, sagte Herb und nickte. »Irgendwas lief nicht richtig.«
»Richtig. Etwas ging
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