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Eine Andere Welt

Eine Andere Welt

Titel: Eine Andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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fühlen.«
»Da bin ich nicht Ihrer Meinung«, sagte Buckman. »Man sollte
immer lieben, und besonders ein Kind, weil das die stärkste und
reinste Form von Liebe ist.«
»Ich verstehe«, sagte Jason.
»Nein, Sie verstehen nicht. Sechser verstehen nie; es lohnt sich
nicht, darüber zu diskutieren.« Er stieß mit heigen, fahrigen
Bewegungen Akten und Papiere auf dem Schreibtisch herum,
gereizt und verdrießlich; doch allmählich beruhigte er sich und
gewann seine kühle Selbstsicherheit zurück. Aber er konnte Jason
Taverners Haltung nicht begreifen. Für ihn war sein Kind von alles
überragender Bedeutung; der Junge und natürlich die Liebe zur
Muer des Jungen: dies war der Angelpunkt seines Lebens. Sie beendeten den Imbiß schweigend; auf einmal schien es
keine Brücke mehr zwischen ihnen zu geben.
»Hier im Gebäude gibt es eine Kantine«, sagte Buckman schließlich, als er ein Glas grünen Tee trank. »Aber das Essen dort ist vergiet. Die Küchenhilfen müssen allesamt Angehörige in Zwangsarbeitslagern haben. Sie nehmen Rache an uns.« Er lachte. Jason
Taverner verzog keine Miene. »Mr. Taverner«, sagte Buckman, die
Lippen mit der Serviee abtupfend, »ich werde Sie gehen lassen.
Ich halte Sie nicht fest.«
Jason starrte ihn an. »Warum?«
»Weil Sie nichts getan haben.«
»Ich habe mir falsche Ausweispapiere besorgt«, sagte Jason mit
heiserer Stimme. »Das ist ein Verbrechen.«
»Ich bin berechtigt, jedes Untersuchungsverfahren wegen
begangener Straaten einzustellen, wenn niemand zu Schaden
gekommen ist«, sagte Buckman. »Ich vermute, daß Sie aus einer
besonderen Situation heraus, in der Sie sich ohne eigene Schuld
befanden, zu Ihrem Tun gezwungen wurden. Sie weigern sich,
mich über diese Situation zu informieren, aber ich habe trotzdem
eine Vorstellung davon gewonnen.«
Jason schwieg eine Weile. »Danke«, sagte er dann.
»Aber Sie werden elektronisch überwacht, gleichgültig, wohin
Sie gehen«, sagte Buckman. »Sie werden niemals allein sein, außer
mit Ihren eigenen Gedanken, und vielleicht nicht einmal dort. Jede
Person, mit der Sie Kontakt aufnehmen, wird zum Verhör geladen,
genauso wie wir jetzt diese Katharina Nelson verhören werden.«
Er beugte sich über den Schreibtisch und sprach langsam und mit
Betonung, damit Taverner kein Wort entginge. »Ich glaube Ihnen,
daß Sie kein Datenmaterial aus dem Verkehr gezogen haben. Ich
glaube Ihnen, daß Sie Ihre eigene Situation nicht verstehen. Aber
früher oder später werden Sie darüber Klarheit gewinnen, und
wenn das geschieht, wollen wir dabei sein. Darum werden wir Sie
von nun an immer begleiten. Erscheint Ihnen das fair genug?« Jason Taverner stand auf. »Denken alle Siebener in dieser Art
und Weise?«
»Welcher Art und Weise?«
»Ich meine, wie Sie Entscheidungen treffen. Stark, vital, zupackend. Und wie Sie Fragen stellen und zuhören – Go, wie Sie
zuhören! – und sich dann Ihre Meinung bilden. Unwiderruflich.« Buckman sagte wahrheitsgemäß: »Ich weiß es nicht, weil ich
keinen Kontakt mit anderen Siebenern habe.«
»Danke«, sagte Jason und streckte ihm die Hand hin; sie tauschten einen Händedruck aus. »Danke für die Mahlzeit.« Er schien jetzt ruhig, beherrscht und sehr erleichtert. »Kann ich hier einfach
so rausgehen? Wie komme ich auf die Straße?«
»Wir werden Sie bis zum Morgen festhalten müssen«, sagte
Buckman. »Es ist eine feste Regel; nach Anbruch der Dunkelheit
werden keine Verdächtigen auf freien Fuß gesetzt. Zuviel geschieht
nachts auf den Straßen. Wir werden Ihnen ein Zimmer mit einer
Schlafgelegenheit zur Verfügung stellen, aber Sie werden in Ihren
Kleidern schlafen müssen. Morgen früh um acht werde ich Sie
von Peggy zum Haupteingang der Akademie geleiten lassen.«
Buckman drückte wieder auf die Taste und sagte: »Peggy, bringen Sie Mr. Taverner einstweilen in eine der Hazellen; holen Sie
ihn morgen früh pünktlich um acht Uhr wieder heraus. Verstanden?«
»Jawohl, Mr. Buckman.«
General Buckman breitete lächelnd die Arme aus und sagte:
»Das wär‘s also. Mehr gibt es nicht.«
M

r. Taverner«, sagte Peggy, »bie kommen Sie mit. Ziehen Sie sich an und folgen Sie mir ins äußere Büro. Ich werde Sie dort erwarten. Gehen Sie einfach durch die blauweiße Tür.«
    General Buckman stand ein wenig abseits und hörte Peggy zu. Ihre Stimme klang hübsch und frisch und sympathisch, und er vermutete, daß sie auf Taverner genauso wirkte.
    »Noch etwas«, sagte Buckman und hielt den nachlässig gekleideten, noch

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