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Eine andere Wirklichkeit. Neue Gespräche mit Don Juan

Eine andere Wirklichkeit. Neue Gespräche mit Don Juan

Titel: Eine andere Wirklichkeit. Neue Gespräche mit Don Juan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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setzte einen Topf mit Fleischbrühe auf. Er schaute in die Lebensmitteltüten, die ich mitgebracht hatte, und nahm etwas Gemüse, zerschnitt es in kleine Stücke und warf es in den Topf. Dann legte er sich auf seine Matte, schleuderte die Sandalen von den Füßen und sagte mir, ich solle mich neben den Ofen setzen und auf das Feuer aufpassen. Es war fast dunkel. Von dort wo ich saß, konnte ich nach Westen hin den Himmel sehen. Einige der mächtigen Wolkenformationen hatten am Rand eine lohfarbene Tönung, während sie in der Mitte beinah schwarz waren. Ich wollte gerade eine Bemerkung über die Schönheit dieser Wolken machen, über er kam mir zuvor: »Flaumige Ränder und ein fester Kern«, sagte er und deutete auf die Wolken. Seine Feststellung war so zutreffend, daß es mir einen Ruck gab. »Gerade wollte ich etwas über die Wolken sagen«, meinte ich. »Dann war ich schneller als du«, sagte er und lachte mit kindlichem Vergnügen. Ich fragte ihn, ob er Lust hätte, mir ein paar Fragen zu beantworten. »Was möchtest du wissen?« antwortete er. »Was du mir heute nachmittag über die kontrollierte Torheit sagtest, hat mich sehr beschäftigt«, sagte ich. »Ich verstehe wirklich nicht, was du meintest.«
    »Natürlich verstehst du es nicht«, sagte er. »Du versuchst darüber nachzudenken,  und das, was ich sagte, paßt nicht mit deinen Gedanken zusammen.«
    »Ich versuche darüber nachzudenken«, sagte ich, »weil das für mich persönlich die  einzige Möglichkeit ist, etwas zu verstehen. Meinst du zum Beispiel, Don Juan, daß, wenn ein Mann sehen lernt, alles auf der Welt für ihn wertlos wird?«
    »Ich sagte nicht wertlos. Ich sagte unwichtig. Alles ist gleich und daher unwichtig.
    Zum Beispiel kann ich nicht behaupten, daß meine Handlungen wichtiger seien als deine, oder daß eine Sache wichtiger sei als die andere, daher sind alle Dinge gleich, und indem sie gleich sind, sind sie unwichtig.« Ich fragte ihn, ob er damit sagen wolle, daß das, was er sehen nannte, ein besserer Weg sei als das bloße Anschauen der Dinge. Er sagte, die menschlichen Augen erfüllten sowohl die eine wie die andere Funktion, aber keine wäre besser als die andere. Seiner Meinung nach bedeutete es jedoch einen unnötigen Verlust, wenn man seine Augen nur im Anschauen übte.
    »Zum Beispiel müssen wir mit unseren Augen schauen, damit wir lachen können«, sagte er. »Denn nur wenn wir die Dinge anschauen, können wir die komische Seite der Welt erfassen. Andererseits, wenn unsere Augen sehen, dann gleicht sich alles so sehr, daß nichts mehr komisch ist.«
    »Willst du damit sagen, Don Juan, daß ein Sehender nicht mehr lachen kann?« Er schwieg eine Weile. »Vielleicht gibt es Wissende, die niemals lachen«, sagte er, »aber ich kenne keinen. Alle, die ich kenne, sehen nicht nur, sondern sie schauen auch, darum können sie auch lachen.«
»Kann ein Wissender auch weinen?«
    »Ich glaube ja. Unsere Augen schauen, damit wir lachen oder weinen oder uns freuen oder traurig oder lustig sein können. Ich selbst bin nicht gern traurig, darum verändere ich meine Augen, sobald ich etwas beobachte, das mich normalerweise traurig machen würde, und sehe es, statt es anzuschauen. Aber wenn mir etwas Komisches begegnet, dann schaue ich und lache.«
    »Aber dann, Don Juan, ist dein Lachen wirklich, und nicht kontrollierte Torheit.« Don Juan starrte mich einen Moment an. »Ich spreche mit dir, weil du mich zum Lachen bringst. Du erinnerst mich an bestimmte Wüstenratten mit buschigem Schwanz, die gefangen werden, wenn sie ihren Schwanz in Erdlöcher stecken, um andere Ratten zu verscheuchen und so ihr Futter stehlen zu können. Genauso verfängst du dich in deinen eigenen Fragen. Gib acht! Manchmal reißen diese Ratten sich den Schwanz ab, wenn sie versuchen, sich zu befreien.«
    Ich fand den Vergleich sehr lustig und lachte. Don Juan hatte mir einmal eines dieser kleinen Nagetiere mit dem buschigen Schwanz gezeigt, sie sahen aus wie fette Eichhörnchen. Die Vorstellung, wie eine solche pausbäckige Ratte sich den Schwanz ausriß, war traurig und doch auch irgendwie komisch.
    »Mein Lachen ist wirklich, wie auch alles andere, was ich mache«, sagte er, »aber es ist ebenfalls kontrollierte Torheit, weil es nutzlos ist. Es verändert nichts, und trotzdem tu ich es.«
    »Aber soviel ich verstehe, Don Juan, ist dein Lachen nicht nutzlos. Es macht dich glücklich.«
    »Nein, ich bin glücklich, weil ich mich entschlossen habe, Dinge

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