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Eine andere Wirklichkeit. Neue Gespräche mit Don Juan

Eine andere Wirklichkeit. Neue Gespräche mit Don Juan

Titel: Eine andere Wirklichkeit. Neue Gespräche mit Don Juan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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anschauen, um dir zu zeigen, wie weit du dich entfernt hattest. Und dann holte ich dich zurück.«
    »Meinst du also, Don Juan, daß ich mich wirklich im Wasser fortbewegt habe?«
»Ja, das hast du, und zwar sehr weit.«
»Wie weit?«
    »Du würdest es nicht glauben.«
    Ich versuchte ihn zu überreden, es mir zu erzählen, aber er ließ das Thema fallen und sagte, er müsse mich für einige Zeit verlassen. Ich forderte, er solle mir wenigstens einen Hinweis geben.
    »Ich hab es nicht gern, im unklaren gelassen zu werden«, sagte ich.
    »Du hältst dich selbst im unklaren«, sagte er. »Denk an die Mauer, die du gesehen hast. Setz dich hier auf deine Matte und erinnere dich in allen Einzelheiten daran. Dann wirst du vielleicht selbst entdecken, wie weit du gereist bist. Im Augenblick weiß ich nicht mehr, als daß du sehr weit gereist bist. Ich weiß das, weil es mir furchtbar schwerfiel, dich zurückzuholen. Wenn ich nicht dagewesen wäre, wärst du vielleicht für immer verschwunden. Dann wäre von dir nur deine Leiche neben dem Bach übriggeblieben. Oder vielleicht hättest du auch von selbst zurückkehren können. Bei dir bin ich mir nicht sicher.
    Nach der Anstrengung zu urteilen, die es mich kostete, dich zurückzuholen, möchte ich sagen, du warst eindeutig in...« Er machte eine lange Pause und schaute mich freundlich an. ; »Ich würde bis in die Berge von Zentralmexiko gehen«, sagte er. »Ich weiß nicht, wie weit du gehen würdest. Vielleicht bis nach Los Angeles, oder vielleicht sogar bis nach Brasilien.«
    Am nächsten Tag kehrte Don Juan spät nachmittags zurück. In der Zwischenzeit hatte ich alles, was mir zu meinem Erlebnis einfiel, aufgeschrieben. Beim Schreiben kam mir die Idee, das Bachufer in beiden Richtungen abzuschreiten, um mir zu bestätigen, ob ich tatsächlich irgendwo ein Gebilde gesehen hatte, das in mir das Bild einer Mauer hervorrufen konnte. Ich vermutete, daß Don Juan mich vielleicht in betäubtem Zustand hatte umhergehen lassen und dabei meine Aufmerksamkeit auf eine Mauer lenkte. Ich überlegte mir, daß wir von dem Zeitpunkt an, als ich zum erstenmal den Nebel sah, bis ich aus dem Wassergraben stieg und wir zu seinem Haus gingen, höchstens zweieinhalb Meilen gegangen sein konnten. Also folgte ich dem Bachufer in beiden Richtungen etwa drei Meilen und hielt sorgfältig nach allem Ausschau, was meiner Vision einer Mauer entsprechen konnte. Der Bach war, soweit ich beurteilen konnte, ein flacher Kanal, der Bewässerungszwecken diente. Er war über die ganze Länge knapp zwei Meter breit, und ich konnte nichts an ihm entdecken, was mich an das Bild einer Betonmauer erinnert hätte oder dieses in mir hervorrufen konnte.
    Als Don Juan am späten Nachmittag nach Hause kam, trat ich sofort auf ihn zu und bestand darauf, ihm meinen Bericht vorzulesen. Er weigerte sich zuzuhören und hieß mich Platz nehmen. Er setzte sich mir gegenüber. Er lächelte nicht. Nach dem durchdringenden Blick seiner Augen zu urteilen, die auf eine Stelle über dem Horizont gerichtet waren, schien er nachzudenken.
    »Ich glaube, du mußt dir langsam darüber klarwerden«, sagte er mit plötzlich sehr ernster Stimme, »daß dies alles lebensgefährlich ist. Das Wasser ist genauso tödlich wie der Wächter. Wenn du nicht aufpaßt, wird das Wasser dich fangen. Gestern hat  es das beinah getan. Aber um gefangen zu werden, muß ein Mann das wollen. Und das ist dein Problem. Du hast den Willen, dich aufzugeben.«
    Ich wußte nicht, wovon er sprach. Sein Angriff kam mir so plötzlich, daß ich unsicher  wurde. Ich bat ihn mit schwacher Stimme, er solle sich genauer ausdrücken. Widerstrebend sagte er, er sei zum Canyon gegangen und hätte den Geist des Wasserloches gesehen, und er sei zutiefst davon überzeugt, daß ich meine Chance, das Wasser zu sehen, vertan hätte. »Wie?« fragte ich sehr bestürzt.
    »Der Geist ist eine Kraft, und als solche reagiert er nur auf Stärke. Du darfst dich in  seiner Gegenwart nicht gehenlassen.«
    »Wann habe ich mich gehenlassen?«
    »Gestern, als du im Wasser grün wurdest.«
»Ich habe mich nicht gehenlassen. Ich dachte, es sei ein sehr wichtiger Augenblick und erzählte dir, was mit mir geschah.«
»Wer bist du, daß du glaubst entscheiden zu können, was wichtig ist? Du weißt nichts über die Kräfte, die du beschwörst. Der Geist des Wasserloches existiert dort draußen und hätte dir helfen können. Er half dir ja auch wirklich, bis du schwach wurdest. Ich weiß

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