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Eine angesehene Familie

Eine angesehene Familie

Titel: Eine angesehene Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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klingt: Wissen Sie, was ich gedacht habe und was mich wahrscheinlich vor dem Absturz in völlige Resignation gerettet hat: Im Krieg haben Millionen Väter ihre Söhne verloren – und das war ebenso sinnlos wie dieser Tod hinterm Steuer. Und sie mußten auch noch schreiben: In stolzer Trauer! – Das brauchte ich nicht. Ich schrieb: Er suchte die Freude und starb durch einen sich öffnenden Himmel. – Das hat man mir sehr übel genommen – der Pfarrer, Maria, die Verwandten, Onkel Marcel aus Reims, liebe Kollegen, Parteifreunde. Ich bin dann auch aus der Partei ausgetreten. Als Christ betrachte ich es auch als mein Recht, mit Gott und dem Himmel zu hadern wie einst Hiob.« Er hatte sich dann zurückgelehnt und geschwiegen. Nach einer Weile hatte er gesagt: »Dann ist da noch Monika, meine Tochter. Sehr hübsch, sehr begabt, sehr klug. Sie wird ihr Abitur machen und dann Kunstgeschichte studieren. Oder Musik. Ein Mädchen, das geradezu unheimlich ihrer Mutter gleicht, obwohl die Mädchen doch meistens dem Vater nachschlagen. Ein Mensch wie eine Sylphide. Ich sage das nicht aus Vaterstolz, ich höre es überall. Eigentlich sollte sie Monique heißen, wegen der französischen Verwandtschaft. Aber ich setzte mich durch. Monika heißt sie. Sie spielt Klavier, Viola da Gamba, Gitarre und – total verrückt für ein Mädchen! – auch Schlagzeug!«
    »Welch eine Mischung!«
    Er hatte mehrmals genickt. »Poetisch ausgedrückt: Aus den Steinen meines Hauses atmet Musik. Jetzt gibt es Konzerte für Klavier und Gambe. Einmal wäre ich fast selbst in den Strudel geraten. Ich sang beim Rasieren, da stürzt plötzlich Maria ins Bad und ruft: ›Schatz! Was ist denn das? Warum hab' ich das noch nie bemerkt? Du hast ja einen wunderbar warmen Bariton! Wenn wir nur ein bißchen Stimmschulung machen würden …‹ – Seither habe ich nie mehr gesungen, auch heimlich nicht.«
    Ich würde meinen Partner nie Schatz nennen – hatte Bettina gedacht. So ein verbrauchtes Wort.
    Nach dem Essen waren sie zu einer Baustelle gefahren, einem Geschäftshaus in der Bockenheimer Landstraße. Und nach einer Stunde hatte Barrenberg gesagt: »Jetzt müssen wir uns den Zementstaub aus der Kehle spülen. Ich wette, Ihr Hals sieht innen wie gepudert aus! Was schlagen Sie vor? Sachsenhausen? Äppelwoi?!«
    »Gehen wir zu mir«, hatte sie wie selbstverständlich gesagt. »Ich bin allerdings keine Hausfrau; ich kann nicht kochen und einen saftigen Braten kann ich bloß malen, aber einen starken Kaffee bekomm' ich noch hin.«
    Barrenberg blieb dann bei ihr bis neun Uhr abends. Als er ihr Kleid aufknöpfte, als sie sich liebten, war es, als würden sie sich schon lange kennen. Es war das Natürlichste von der Welt, ein erwartetes Tun, weder von Skrupeln noch von Reue belastet.
    »Wir kennen uns schon hundert Jahre!« sagte sie in seinen Armen. »Kann das sein?« Und sie nannte ihn nicht Schatz, sondern ›Voice‹. Stimme.
    »Warum das?« fragte er irritiert.
    »Ich liebe deine Stimme«, hatte sie an seiner Schulter geflüstert. »Sprich mit mir, erzähle etwas, irgend etwas, ganz gleich, was … nur sprich! Ich kann mich in deine Stimme einwickeln wie in ein Badetuch …«
    War das Liebe?
    Bettina hatte es aufgegeben, darauf eine klare Antwort zu suchen. Sie blickte Eduard Barrenberg nach, wie er durch das Wohnzimmer ging, sich einen Kognak einschenkte und ihn mit weit zurückgelegtem Kopf kippte. Das tat er immer, wenn er von ihr ging. Ein Kognak zum Abschied, wie ein Ritual.
    »Was machst du jetzt?« rief er ins Schlafzimmer hinüber.
    »Ich setze mich vor den Fernseher. Um elf kommt ein toller Krimi.«
    »Und dazu ziehst du dich an?«
    »Ich kann nicht nackt und allein im Sessel sitzen. Da komme ich mir blöd vor.«
    »Du weißt, daß ich nicht bleiben kann!«
    »Es hat doch niemand einen Ton gesagt …«
    »Aber jetzt kommt eine Überraschung.« Er kam zurück und lehnte sich gegen die Tür. »In drei Tagen fahre ich zu einem Architektenkongreß nach Florenz. Allein. Maria will nicht mit. Sie kennt Florenz wie ihren Kosmetikkoffer. Komm mit, Betty! Vier Tage – und vier Nächte. Florenz, die Hochburg der Renaissance. Es könnte wunderbar werden. Die Vorträge sind immer nur am Vormittag. Wir hätten also die halben Tage und die Nächte ganz für uns.« Er griff in seine Rocktasche. »Ich habe die Flugtickets schon gekauft. Weißt du, was da steht? Mr. und Mrs. Barrenberg. Wir werden ein Zimmer haben in einem Schlößchen, das zu einem Hotel umgebaut

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