Eine angesehene Familie
er.
»Nein. Wieso?«
Er blickte sie mit seinen harten, durchdringenden Augen an, sah die Furcht in ihren Pupillen. Er ließ sie los und lief schnuppernd durch das Zimmer.
»Der Geruch! Da ist ein anderer Geruch. Auf meine Nase kann ich mich verlassen.« Er blieb stehen und spreizte unruhig die Finger. »Ich habe die Witterung eines Raubtieres, das weißt du. Was ist das für ein Geruch?«
»Ich habe eine Zigarette geraucht, weiter nichts!«
»Ich kenne den Duft deiner Zigaretten.«
»Es ist eine andere Marke. Ich darf doch wohl die Marke wechseln?!«
»Du hast Angst!«
»Du bist ja verrückt!«
»Und wie du Angst hast! Stehst da wie eine Salzsäule! Was ist das?« Er hatte das Kognakglas entdeckt, das Barrenberg auf der kleinen Hausbar abgestellt hatte, und hob es hoch.
»Ich habe mir einen Drink gemacht!« sagte sie laut, viel zu laut.
»Kognak?« George schnüffelte an dem Glas. »Ja, es ist Kognak! Seit wann trinkst du Kognak? Ich mag ihn nicht, hast du immer gesagt. Ich bekomme Sodbrennen davon! Und plötzlich trinkst du Kognak. Trinkst Kognak, wenn du allein bist?« Er stutzte, stürzte dann fast zu einem kleinen Tisch und hielt Bettina mit hochgestrecktem Arm etwas Braunes entgegen. »Und Zigarren raucht sie! Meine Rose raucht Zigarren! Hier … ist das eine Zigarre oder ist das keine Zigarre?! Eine teure Zigarre, halb geraucht! Warum ist sie nicht zu Ende geraucht worden? Was hat daran gehindert? Ein nackter Arsch …«
»George!« rief sie mit einer ihr fremden, hellen Stimme. Das Entsetzen stieg in ihr hoch und ergriff sie so vollständig, als stehe sie ihrem Henker gegenüber. »George, sei doch vernünftig! Gestern war Bieringer hier, er raucht Zigarren. Ich habe den Aschenbecher noch nicht ausgeleert. George …«
»Aus dem Lift kam ein Mann!« sagte George. Er schnippte den Zigarrenstummel ins Zimmer und zog mit einem Ruck sein Hemd über den Kopf. Sein muskulöser Oberkörper war mit schwarzer Haarwolle bedeckt, die bis über den Rücken wucherte. »Ich bin mit ihm beinahe zusammengestoßen. Er kam von dir!«
»Du bist total verrückt!!«
»Er lächelte, er sah so glücklich aus, er sah so aus, als käme er von einer Frau. Er war hier! Hier! Bei dir! Hat eine Zigarre geraucht, hat einen Kognak getrunken, hat dich im Bett geliebt, hat gebumst, bis ihm der Atem wegblieb – und ist dann strahlend im Lift nach unten gefahren.« Er machte einen Satz nach vorn, bekam Bettina zu greifen, riß sie herum, drückte sie in den Sessel und schlug mit dem Handrücken in ihr Gesicht. »Wer war es? Den Namen! Wer war es? Ich schlage dich tot, ich schwöre es dir, ich schlage dich tot! Den Namen …!«
Er hieb auf Bettina ein, mit beiden Fäusten, und als sie die Arme schützend vor ihren Kopf hielt, lachte er schrill und schlug mit breiten Händen gegen ihre bloßen Brüste. Links, rechts, immer wieder, von der Seite und von unten. Wenn sie die Arme vor ihre Brüste drückte, hieb er in ihr Gesicht, und wenn sie das Gesicht schützte, pendelten die Brüste unter seinen Schlägen und jagten unerträgliche Schmerzen durch ihren Körper.
»Den Namen!« keuchte er. Schweiß rann über seine Nasenwurzel, tropfte vor seinen Augen, lief in die Mundwinkel. »Du Hure! Du verdammte Hure! Den Namen … sag endlich den Namen! Ich reiß' dir die Titten ab, schlag dir den Kopf herunter … du Saustück, du! Warum sagst du nicht den Namen?! Willst lieber ein Krüppel sein, he?! Du liebst ihn … los, sag es! Du liebst ihn! Du liebst ihn so, daß du dich totschlagen läßt! Du Miststück! Du Hurenweib! Aber du sagst den Namen, du sagst ihn … auf den Knien sagst du ihn!«
Er richtete sich auf, zog mit einem wilden Ruck den Ledergürtel aus den Schlaufen seiner Hose und faßte ihn so, daß er mit der Metallschnalle zuschlagen konnte. Bettina kroch im Sessel zusammen, wurde zu einer armseligen Kugel aus nackter, von Schlägen geröteter Haut.
»George …« stammelte sie. »George … nicht … bitte nicht …«
»Wie heißt er?« sagte George kalt. Mit vorgewölbter Unterlippe blies er den Schweiß von seiner Nasenspitze. Der Gürtel surrte durch die Luft, in einem Kreis über Bettinas zuckende Schultern. »Sag den Namen … Ich will ihn klar und deutlich hören …«
Sie war mit sich zufrieden gewesen. Am Vormittag hatte sie sich eine neue Frisur machen lassen, so eine ganz moderne, mit einem Pony, und als sie in den großen Spiegel blickte, mußte sie der Inhaberin des Salons, Frau Henriette Dupar, recht geben:
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