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Eine angesehene Familie

Eine angesehene Familie

Titel: Eine angesehene Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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längst, genau wie Freddy, alles zum Kotzen.
    Warum meldet sich Makaroff nicht? Er könnte mir vielleicht aushelfen, wenn ich kein Geld mehr habe. Nicht mit Scheinen, aber mit Dope. Kann doch sein, daß er mir ab und zu ein Gramm schenkt. Ich mochte Makaroff nie leiden, ich wußte nie weshalb, obgleich er ein schöner Mann ist. Jetzt aber vermisse ich ihn, und wenn ich an ihn denke, habe ich keinen Abscheu mehr vor ihm. Ob ich mit ihm ins Bett gehen könnte? Ich weiß nicht; noch bin ich nicht so weit, daß ich mich hinlege für ein Gramm H. Ich will es auch nie tun. Aber wenn ich daran denke, daß Makaroff und ich – ich wehre mich nicht mehr dagegen wie früher. Ist das nicht eine merkwürdige Wandlung?
    Heute mittag rief Holger wieder an. Er war ganz unglücklich, daß ich ihn nicht besuche. Was soll ich ihm erzählen? Von ihm bekomme ich keinen Schuß, im Gegenteil, er würde mich sofort in die Kur nehmen. Aber dazu brauche ich ihn nicht. Ich bin stark genug allein!
    Was soll mit Holger werden? Ich finde ihn nett, sympathisch, ein Kumpel, ein Bruder … Aber mehr?! Liebe mit Holger? Ich glaube, da hätte ich Hemmungen. Da wäre ich wie ein kleines dummes Mädchen, das hinterher weint. Warum? Holger ist so ganz anders als die Männer, mit denen ich schlafen könnte. Ich könnte an seiner Brust träumen, aber mit ihm …? Ich stehe da vor einem Rätsel …
    Eine Stunde später.
    Ich möchte nicht alles durchstreichen – aber alles, was ich vorhin geschrieben habe, ist Blödsinn! Da war ich high, und da sagt man immer Dinge, die man hinterher als größte Dummheit erkennt. Nein! Nie Makaroff! Nie! Ich verachte ihn. Ich fühle, daß er eine Maske trägt. Er muß ein ganz großer Schuft sein. Mir wird übel bei dem Gedanken, daß er neben mir liegen könnte und seine Hände … Nein! Ich will das nicht weiterdenken.
    Holger? Er ist so ruhig, so überlegen, so besorgt. Aber ich glaube, er kann auch unnachgiebig sein. Davor habe ich Angst. Ich kann ihm nie sagen, daß Freddy mich zum Drücken gebracht hat. Da hat Freddy ein Erbe hinterlassen, an dem ich noch lange tragen werde. Wenn ich es genau betrachte – ich könnte Holger sogar lieben. Er ist der Typ, den ich immer gern mochte –, aber es geht nicht. Erst muß ich von der Dope herunterkommen. Nach dem Abitur. Das Abitur mache ich noch mit ein paar kräftigen Schüssen, da stecke ich die ganze Prüfungskommission in den Sack, so drehe ich auf. Aber dann ist Schluß! Schluß mit H, Schluß mit Makaroff, Schluß auch mit Bibi und allen anderen! Dann können wir uns darüber unterhalten, Holger, ob wir uns leiden mögen und zusammenbleiben wollen.
    Sie schloß das Tagebuch weg, ging hinunter in den Salon und störte Maria bei der Übung einer schweren Kadenz.
    »Mama –«
    »Was ist denn?« Das klang unwillig. Maria Barrenberg unterbrach das Klavierspiel. »Ich denke, ihr schlaft alle! Stört euch mein Spiel?«
    »Oben höre ich gar nichts.«
    »Gott sei Dank. Papa ist dreimal erschienen. Immer mit dem schaurigen Magazin in der Hand und hat mir vorgelesen. Einmal irgend etwas von den Gewerkschaften, dann von Atomgegnern und schließlich von einer Theaterinszenierung, in der ein Prinz von Homburg nackt zwischen Kartoffeln auf der Bühne steht. Gebrüllt hat er! Als ob ich dafür verantwortlich sei! ›Nur Bolschewisten‹, hat er geschrien. ›Überall nur Bolschewisten! Und was tut Bonn dagegen?!‹« Maria Barrenberg starrte auf das Notenblatt. Robert Schumann war schwer zu spielen. »Papa ist wieder sehr nervös. Sein Beruf wirft ihn eines Tages um!«
    »Verreise doch mal mit ihm, Mama. So eine richtige Erholungsreise.«
    »Bring ihm das mal bei! Papa will doch nie krank sein – und wenn er gelb im Gesicht ist. Ein Barrenberg kann Felsen beißen, du kennst doch seinen Spruch.«
    »Es wäre gut, wenn ihr beide mal verreisen würdet«, beharrte Monika. »Ihr zwei allein. Weit weg …«
    »Dazu haben wir gar keine Zeit, Spätzchen.« Maria wandte sich wieder dem Flügel zu. Sie schlug ein paar Töne an, was bedeuten sollte: Geh jetzt, genug geredet, ich muß üben. Wir reden über Dinge, die nicht sein können.
    Monika wartete noch einen Augenblick, dann hob sie die Schultern und verließ den Salon. In der Diele traf sie auf ihren Vater. Barrenberg war im Schlafanzug, blickte bedrohlich finster um sich und blieb an der Küchentür stehen.
    »Ist Bier im Kühlschrank?«
    »Möglich.« Monika betrachtete ihren Vater kalt. Er sieht lächerlich aus in seinem

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