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Eine angesehene Familie

Eine angesehene Familie

Titel: Eine angesehene Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Popelinanzügelchen. Der Bauch drückt sich durch, die Hosenbeine sind zu lang und schleifen über den Pantoffeln. Kennt seine Geliebte ihn so? Natürlich nicht! Da springt er nackt herum, zieht den Bauch ein und bläht die Brust. Und solange er zahlt, wird sie auch keinen Anstoß daran nehmen. Solange er seine Lächerlichkeit mit Geldscheinen drapieren kann, darf sich ein Zwerg als Riese aufspielen.
    »Im Kühlschrank wird was sein, Paps.«
    »Mama klimpert noch immer!«
    »Schumann.«
    »Gräßlich! Übrigens, hast du schon gehört, daß auf der Bühne …«
    »… der Prinz von Homburg nackt zwischen Kartoffeln steht und seinen berühmten Monolog spricht.«
    »Richtig!« Barrenberg schob das Kinn vor. »Was hältst du davon? Als Mensch mit ästhetischem Sinn?«
    »Es braucht ja keiner in dieses Theater zu gehen!«
    »Ist das alles?«
    »Was sonst noch?«
    »Dieses Theater bekommt von unseren Steuergroschen jährlich 40 Millionen Subventionen! 40 Millionen dafür, daß die Schauspieler jeden Abend ihr Gemächt entblößen. Und keiner ist da, der diesen linken Stinkfritzen eine Stange über den Schädel haut. Wo kommen wir denn hin? Da spielt man an einem anderen Theater eine Szene, wo jemand auf offener Bühne auf den Lokus geht, sich die Hosen runterzieht und einen abdrückt! Das sind unsere gefeierten Autoren! Das nennt man in diesem Deutschland Kultur! So weit sind wir gekommen!« Barrenberg schien erst jetzt zu merken, daß seine Tochter noch angekleidet war. Er wollte auf die Uhr blicken, aber die lag auf seinem Nachttisch.
    »Genau 23 Uhr 19, Papa«, sagte Monika.
    »Wo kommst du jetzt her?«
    »Von meiner Freundin Bettina.«
    »Aha!« Barrenberg fiel auf den Trick nicht herein, mit dem Monika es wieder einmal versuchte. Sie hatte keine Freundin, die Bettina hieß. »Ihr müßt eine selten dämliche Abiturklasse sein, daß ihr jede Nacht ochsen müßt! Und dabei wißt ihr nur ein Drittel von dem, was wir gelernt haben! – Wer waren die Satrapen?«
    »Du hast einen Sprachfehler. Es muß Attrappen heißen …«
    »Man könnte heulen!« sagte Barrenberg, weit davon entfernt, diese Antwort als Provokation aufzufassen. Ohne erkennbaren Bezug auf die Satrapen fuhr er fort: »Diese Jugend von heute ist matschig bis auf die Knochen! Die steht kein Stalingrad durch!«
    »Wir möchten auch keines erleben. Es reicht gerade, daß ihr euch nicht davon trennen könnt.«
    »Geh ins Bett!«
    »Genau das hatte ich vor. Schlaf gut, Papa.«
    »Hoffentlich. Sofern deine Mutter nicht auch noch Brahms übt.«
    In der Nacht saß Monika am Fenster und blickte in den fahldunklen Garten. Der Himmel war sternenklar, der Mond eine kleine dünne Sichel. Sie dachte an Bibi und an deren Monatsrechnung. Runde 10.000 Mark für H … Jeden Monat. Es war für Monika völlig unmöglich, das aufzubringen. Sie begriff jetzt Freddys Not, täglich das Geld für seine Drucke herbeizuschaffen. Er hatte in der Disko nur gespielt, um seine Spritzen bezahlen zu können. Von Monat zu Monat hatte er mehr H gebraucht, aber das Geld vermehrte sich nicht im gleichen Tempo.
    Wie entwickelte sich ihr eigenes Problem? Nun stand auch sie vor der Frage: Woher nehme ich das Geld?
    Sie stützte den Kopf in beide Hände und blickte hinaus in die Nacht. Angst kroch in ihr hoch, das Gefühl unendlicher Verlassenheit. Und plötzlich hatte sie eine wilde Sehnsucht nach Makaroff. Sehnsucht, die dem Wunsch nach Selbstzerstörung glich.
    Zwei Tage später – es war ein Sonntag – erzitterte das Haus Barrenberg in seinen Fugen.
    Eduard, gerade zum Morgenkaffee heruntergekommen, in einem seidenen Morgenmantel, den er sich einmal aus Marokko mitgebracht hatte, brüllte wie ein Stier. Er hatte in seinen an der Garderobe hängenden Rock gegriffen, um aus der Brieftasche einen Notizzettel zu holen mit der Telefonnummer eines Bauherrn, der nur sonntags zu erreichen war. Dabei mußte er etwas vermißt haben, denn nachdem er die Brieftasche mehrmals durchgeblättert hatte, schlug er sie wütend in die andere Handfläche.
    »Maria!« brüllte er mit einer Stimme, die keine Frage mehr zuließ. »Monika! Erna! So eine Sauerei! So eine Riesensauerei!«
    Als Maria und Monika im Speisezimmer erschienen, stand Erna, das Hausmädchen, schon am Büffet und heulte. »Ich war es nicht!« schluchzte sie. »Ich schwöre, ich war es nicht. So etwas tue ich nicht!«
    »Was ist denn passiert?« fragte Maria. Sie sah Eduard an. Er hatte einen hochroten Kopf, lief wie ein Raubtier um den Tisch

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