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Eine angesehene Familie

Eine angesehene Familie

Titel: Eine angesehene Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Student nach der Schule ins Forsthaus Gravenbruch gefahren waren und dort mit allem drum und dran geluncht hatten. Dieses Arschloch von Hanno sagte tatsächlich ›geluncht‹, spitzte die Lippen und verdrehte die Augen. Freddy schnaufte und erfuhr noch mehr: Sie hatten Kalbsmedaillons mit Morchelrahmsoße gegessen, danach einen Sabaion, dann Kaffee mit Petit fours. Zu allem Rotwein, Burgunder, beste Sorte. Wenn das kein Lunch war! »Wie die fraßen, Freddy! Vom Zugucken kannste schon geil werden!« sagte Hanno. »Die haben in zwei Stunden bestimmt für zwei Gramm bestes Nr. 4 verfressen!« Das war Hannos Maßstab. Zwei Gramm einfach so verfressen … ungeheuerlich!
    Freddy wartete auf Monika in der ›Number Sex‹, aber sie kam nicht. Das machte ihn ganz krank, er bekam einen Bock, der durch nichts zu bremsen war, ließ sich treiben, bis er so tierisch auf Turkey war, daß er seine Trompete kaum noch halten konnte und nur noch Tremolos blies. – Erst dann gab er auf, fuhr zur Hauptwache und schlich auf der Szene rum wie ein hungriger Wolf, schußgeil bis zum Kragen, auf der Jagd nach einem billigen, schäbigen Druck. Er bekam ihn von einem langen Libanesen für 60 Mark, drückte ihn sich sofort in der öffentlichen Toilette und fuhr dann zurück zum Pop-Schuppen. Monika war immer noch nicht da, aber Freddy war jetzt so weit, daß er nicht mehr trauerte, sondern eine Sauwut im Leib hatte und den Stinktyp von Student hätte an die Wand nageln können. Sie ist mit ihm los, dachte er. In seinem tollen Schlitten. Liegesitze. Hängen irgendwo in den Wäldern aufeinander, daß die Stoßdämpfer quietschen. Und quatschen dabei über Rousseau und Cicero! Drecksbande!
    Nun stand Freddy vor dem Chemischen Institut und lauerte auf Holger Mahlert wie eine Katze auf die Maus. Voll von Dope und stark wie Goliath. Als er gegen halb zwei Uhr nachmittags Holger Mahlert aus der Tür kommen sah, in einem hellbeigen Sportanzug, wurde ihm fast übel vor Erregung, Wut und Haß. Er hatte sich für diese Begegnung sogar gebadet, in der Wohngemeinschaft III, hatte sich rasiert und die Haare gekämmt und sah für seine Verhältnisse geradezu schnieke aus – ein Opfer, das er Monika brachte.
    Holger Mahlert blieb abrupt stehen, als er Freddy gegenüber auf der Straße sah. Freddy spuckte einen Zigarettenstummel aus, zertrat ihn und kam langsam über die Straße. Er wiegte sich in den Hüften, als sei er ein Seemann auf Landgang. Dann standen sie einander gegenüber, sahen sich lauernd an, und Freddy sagte:
    »Ich hab' mit dir zu reden!«
    »Nicht hier auf der Straße!« antwortete Mahlert.
    »Ist nicht dein Stil, was?« Freddy grinste böse. »Fürs Forsthaus Gravenbruch reichen meine Eier nicht.«
    »Ach, so ist das?!« sagte Mahlert. Freddy nickte.
    »Glaubste, ich bin blöd?! Komm mir nicht mit dem Schnief, du hättest Monika gern! Zum Bumsen taugt se was, aber sonst –«
    »Wenn das nicht alles so lächerlich wäre, würde ich dir jetzt eine kleben!«
    »Versuch's doch!« Freddy duckte sich etwas. »Ich trete dir vor'n Sack, daß de wie die Callas jubelst! Los, nun komm schon, du Wohlstandstyp!«
    »Fahren wir irgendwohin«, sagte Mahlert ruhig.
    »Ich in deinem Schlitten? Nie! In dem kannste Büchsen öffnen, aber nicht mich verschaukeln! Mich nicht! Ich hab 'n Rad. Da fahr ich vorneweg und du hinterher. Klar?«
    »Und wohin?«
    »Richtung Airport. Da gibt's noch viel Landschaft. Da riecht's keiner, wennste dir in die Hosen scheißt.«
    Holger Mahlert ging zu seinem Wagen, stieg ein und betätigte den Anlasser. Einen Augenblick dachte er, daß ihn nichts daran hindern könnte, einfach in anderer Richtung wegzufahren und diesen Freddy, der sich in der Disko ›Freddy the Tiger‹ nannte, einfach zu ignorieren. Ihn auflaufen zu lassen, ihm zu zeigen, wie unwichtig er für einen Holger Mahlert ist. Er konnte auch an ihm vorbeifahren, ihm höhnisch zuwinken, Gas geben und dann abbrausen. Aber was war damit gewonnen? Am nächsten Tag würde Freddy wieder auf der Straße stehen und sich dann nicht mehr austricksen lassen. Eine Schlägerei vor der Uni? Freddy war das völlig egal, Holger Mahlerts Ansehen hätte darunter doch gelitten.
    Mahlert fuhr langsam an, sah Freddy auf dem alten Rad sitzen und hupte kurz. Freddy trat in die Pedale und fuhr leicht schwankend los. Mit gekrümmtem Rücken schuftete er sich ab, schweißüberströmt, schwer atmend. Das würde ich nie schaffen ohne den doppelten Druck, dachte er. Du liebe Scheiße, ich fiele

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