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Eine angesehene Familie

Eine angesehene Familie

Titel: Eine angesehene Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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meldete sich niemand. Macht nichts, dachte er und freute sich auf die Überraschung. Ich habe ja einen Schlüssel. Wenn sie zurückkommt, werde ich im Morgenmantel dasitzen und sagen:
    »Auf der Sehnsucht Flügel kam ich daher … Nun schließe die Wunde der Liebe!«
    So ein Blödsinn! Barrenberg kaufte im Blumenladen des Flughafens einen großen Rosenstrauß und im Delikatessengeschäft französischen Champagner. Das ist es, dachte er. Ein Champagnerfrühstück mit der nackten Bettina auf dem Schoß …
    Er bekam Herzklopfen bei dieser Vorstellung, ging zu einem Kiosk, nahm eine Kreislauftablette mit etwas Orangensaft und winkte ein Taxi heran.
    Zur gleichen Zeit verließ George Petrescu Bettinas Wohnung. Zu dem klingelnden Telefon hatte Bettina nicht gehen können, weil sie gerade in Petrescus Armen gelegen hatte.
    Sie verpaßten sich um neun Minuten.
    Bettina hob den Kopf, als sie Geräusche aus der kleinen Diele hörte. Sie glaubte, Petrescu habe etwas vergessen und sei zurückgekommen. Sie wollte schlafen, wenigstens eine Stunde noch, nachdem die Nacht so kurz und heiß gewesen war. Dreimal hatte er eine Pause eingelegt, hatte ein großes Glas Whisky mit viel Wasser getrunken, eine Zigarette geraucht und zu ihr gesprochen, als sei sie eine Katze, der man alles erzählen kann, weil sie es doch nicht versteht. Dabei hatte er sie gestreichelt, hatte mit ihren Brüsten und ihrem Schoß gespielt, bis sie stöhnend nach ihm verlangte. Da fiel er wieder über sie her, und sie bewunderte seine Urkraft, die sie versklavte, die ihre Willenskraft tötete.
    Eduard Barrenberg hörte, wie Bettina im Schlafzimmer die Kissen zurechtklopfte. Sie rief etwas, was er nicht verstand. Auf Zehenspitzen schlich er ins Wohnzimmer. Er hatte sich etwas Schönes ausgedacht, eine Überraschung, die Bettina sprachlos machen würde. Hinter der großen Couch zog er sich aus, legte Anzug und Unterwäsche ordentlich zusammen, wickelte fast geräuschlos den Blumenstrauß aus dem Papier und hielt ihn vor seinen Bauch. Der Spiegel über dem imitierten offenen Kamin war leicht geneigt, so daß er den ganzen Raum wiedergab. Eduard Barrenberg betrachtete sich darin und kam sich sehr originell vor.
    Er war keine Schönheit mehr, oh nein, das konnte selbst Eduard bei allem Selbstbewußtsein nicht behaupten. Aber es gab immerhin bedeutend mehr Männer in seinem Alter, die sich nicht mehr so freizügig zeigen konnten. Er hatte keine Krampfadern, was ihn immer wieder freute, wenn er Kollegen, die jünger waren als er, in der Badehose sah und an ihren Waden dicke blaue Stränge entdeckte. Auch sein Brusthaar war noch nicht weiß, und sein Schamhaar war dunkelbraun, wollig und gelockt, wie ein Karakulfell. Was ihn allein störte, war der Bauchansatz, dieses Biergrab, wie er's nannte, eine Wampe, die nach einem guten Essen straff war wie ein Paukenfell, im normalen Zustand aber etwas wabbelig. Vom Magen aufwärts wirkte Barrenberg sogar athletisch mit seinen breiten Schultern, den muskulösen Oberarmen, dem kräftigen Hals, dem massigen Brustkorb. Und seine Beine sahen Säulen ähnlich, die sich bei jedem Schritt in den Boden zu verankern schienen. Nur das Mittelstück also war etwas mangelhaft, und davor hielt er jetzt den Blumenstrauß, nicht aus Scham, sondern um einen erotischen Witz zu machen: Laßt Blumen sprechen.
    Er schlich zur Schlafzimmertür, die nur angelehnt war, und stieß sie auf. Bettina lag auf der Seite, nur halb zugedeckt und natürlich nackt, wie sie immer schlief. Barrenberg hatte das schon immer fasziniert: Wenn Bettina mit dem Bett in Berührung kam, verwandelte sich die elegante, selbstbewußte Frau in ein Wesen, das mit jeder Pore ihres herrlichen Körpers nach Nehmen und Geben verlangte. Eduard Barrenberg hatte so etwas nie für möglich gehalten, sich nie erträumt. Marias Liebe war die Hingabe einer Untergebenen, die Bestätigung eines Rechts, das er sich vor dem Standesbeamten und dem Altar erworben hatte. Es war die eheliche Pflicht, gemischt mit Zärtlichkeit und einer scheuen Zurückhaltung, der nie einfallen, die auch nie zulassen würde, was für Bettina zum Liebesalltag gehörte.
    Eduard Barrenberg räusperte sich und raschelte mit dem Blumenstrauß. Bettina dehnte sich mit geschlossenen Augen. Ihre Hand zog die Decke über ihren Körper. Vorhang zu … Ich habe genug, du hast genug! Ich will nicht mehr …
    »Da bin ich, Betty«, sagte Barrenberg.
    Mit einem erstickten Aufschrei fuhr Bettina hoch, stützte sich ab und

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