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Eine Art von Zorn

Eine Art von Zorn

Titel: Eine Art von Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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durch den man zum Haupteingang gelangte, der von zwei efeuumrankten Steinurnen flankiert war. Elektrische Wagenlaternen beleuchteten den Weg zur schweren, mit Schnitzereien verzierten Eichentür. Der Widerhall meiner Schritte auf den Steinplatten des Gartens hatte einen Hund im Innern des Hauses alarmiert. Als ich läutete, wurde sein Gebell lauter und wütender. Ich hörte, wie das Dienstmädchen mit dem Midiakzent dem Hund Schweigen befahl.
    Als sie die Türe öffnete, hielt sie den Hund am Halsband, was mich wenig beruhigte, denn sie war eine kleine Frau und der Hund ein riesiger Airedale-Terrier. Er bellte mich an. Sie gab ihm einen leichten Klaps.
    »Monsieur?«
    »Ich möchte gern Monsieur Sanger sprechen.«
    »Werden Sie erwartet?«
    »Nein, aber ich glaube, daß er mich empfangen wird.« Ich gab ihr eine der Geschäftskarten.
    » Bitte, warten Sie. « Sie schloß die Tür. Ich wartete. Nach kurzer Zeit erschien sie wieder, ohne den Hund, und gab mir die Karte zurück.
    »Monsieur Sanger bedauert, daß er Sie nicht empfangen kann.«
    »Wann darf ich wiederkommen, Madame?«
    »Monsieur Sanger will nichts mit Journalisten zu tun haben.« Sie sagte es stockend, als habe sie es auswendig gelernt. »Er bedauert …«
    Sie machte langsam die Tür zu.
    »Einen Augenblick, Madame! Bitte geben Sie ihm das.«
    Ich schrieb hinten auf die Karte: »Um über Mr. Patrick Chase zu sprechen.« Dann gab ich sie ihr.
    Sie zögerte, dann schloß sie die Tür.
    Es ging länger als beim erstenmal, aber als sie die Türe wieder öffnete, trat sie beiseite, um mich einzulassen.
    »Aber nur für einen Augenblick. Monsieur und Madame haben für den Abend etwas vor.«
    »Selbstverständlich.«
    Von der Halle führte eine Treppe zu den Schlafzimmern hinauf und ein Durchgang ins Wohnzimmer. Schiebetüren aus Glas trennten das Wohnzimmer von einer breiten Terrasse.
    Als ich eintrat, kam mir aus dem Durchgang eine Frau in langen Hosen und einem Seidenhemd entgegen.
    Ich schätzte sie auf 35, sie war gut gewachsen und hatte stark gebleichtes Haar. Ihre Handgelenke waren mit schweren Goldarmbändern geschmückt. In einer Hand hielt sie ein Exemplar von Réalités.
    Als ich beiseite trat, um sie vorbeizulassen, warf sie mir einen Blick zu. Ihr Gesicht hatte sehr reizvolle Lachfalten, aber jetzt lächelte sie nicht. Sie versuchte dreinzuschauen, als sei sie nicht im mindesten an meinem Hiersein interessiert. Ich murmelte: »Guten Abend, Madame.«
    Da war sie schon fast an mir vorbei, und der Ton, in dem sie »Monsieur« sagte, zeigte mir, daß sie mich schon wieder vergessen hatte.
    »Hier entlang, Monsieur.«
    Ich folgte dem Dienstmädchen durch das Wohnzimmer – weiche Teppiche, ein Aubusson, bequeme Möbel, an einer Wand ein großer Braque – zu einem Alkoven voll von Büchern, wo in einem Steinkamin ein Feuer brannte.
    In einem Lehnstuhl saß ein Mann. Er legte das Buch nieder, nahm die Brille ab und erhob sich, um mich zu begrüßen.
    Philip Sanger alias Patrick Chase war ein großer, schlanker, gutaussehender Mann mit einem freundlichen Lächeln. Er trug Flanellhosen und einen Kaschmir-Pullover, und um den Hals hatte er locker einen Seidenschal gebunden. Sein Teint war blaß, aber gesund, und sein dunkles Kraushaar zeigte keine Spur von Grau. Die Augen waren wach und ausdrucksvoll, der feste Mund lächelte.
    Er warf einen Blick auf meine Karte und reichte mir die Hand. »Monsieur Maas. Es freut mich, Sie kennenzulernen, wenn ich auch ein wenig erstaunt bin. Wegen der Begründung, die Sie für Ihren Besuch angeben, meine ich. Bitte, nehmen Sie Platz.« Er sprach ein melodiöses Französisch, und jeder Satz klang wie eine Frage.
    »Danke. Es ist sehr freundlich von Ihnen, mich zu empfangen.«
    Ich setzte mich, und er fuhr fort: »Es ist ein weiter Weg von Paris nach Mougins. Ich möchte gerne wissen, was denn ein bekanntes amerikanisches Magazin von mir wissen möchte. Ich weiß doch nichts, was seine Leser interessieren könnte.«
    Ich antwortete auf Englisch: »Alles, was mit Lucia Bernardi zu tun hat, ist jetzt von Interesse.«
    Er schien den Namen des Mädchens nicht gehört zu haben. Er lächelte höflich. »Oh, Sie sprechen Englisch. Aber Ihr Name …«
    »Ich bin Holländer, Mr. Sanger. Möchten Sie lieber französisch oder englisch sprechen?«
    Sein Lächeln wurde schwächer. »Das ist mir egal, Mr. Maas. Französisch oder Englisch, wie Sie lieber wollen. Aber sagen Sie mir doch: Über was reden wir eigentlich?«
    »Über Lucia

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