Eine Art von Zorn
werden.«
»Natürlich. Deshalb bin ich ja hier. Aber wie soll ich wissen, ob Sie Ihr Versprechen halten?«
»Weil die Bilder wertlos sind, sobald ich die Story habe, die ich mir von Ihnen erhoffe, Mademoiselle Bernardi.«
»Adèle hat heute abend noch einmal mit mir gesprochen. Ihr Mann glaubt das nicht. Er ist sehr bös auf sie.«
»Er irrt, was die Fotos betrifft. Jedenfalls – glauben Sie nicht, daß es gut wäre, mir zu vertrauen?«
»Einem Journalisten vertrauen?« Sie lachte.
»Viele tun das. Manchmal können Journalisten sehr nützlich sein. Nehmen Sie Ihren Fall. Ich weiß noch nicht, warum Sie glauben, sich verstecken zu müssen, aber sicher sehen Sie ein, daß das nicht ewig so weitergehen kann. Ich habe Sie gefunden. Andere werden Sie auch finden – solange die Suche für sie einen Anreiz hat. Wenn Sie mir Ihre Geschichte erzählen, wird der Anreiz geringer. Wenn die Fragen einmal beantwortet sind, werden Sie keine Schlagzeilen mehr machen.«
Sie blickte mich schlau an. »Das klingt, als hätten Sie es schon oft gesagt.«
Ich lächelte. »Das ist auch schon oft gesagt worden, wenn auch nicht von mir. Es ist etwas Wahres dran. Nicht viel, aber ein wenig.«
Sie schwieg, überlegte und versuchte, sich zu entscheiden. Statt ihrer entschied ich mich.
Ich nahm den Zündschlüssel und öffnete das Handschuhfach. »Gut«, sagte ich. »Hier sind die Fotos. Sie nehmen am besten beide Filme. Auf dem einen sind einige Aufnahmen von ihrem Haus drauf.«
Sie warf mir einen schnellen Blick zu, griff dann nach den Filmen und stopfte sie in ihre Manteltasche; aber sie war noch immer mißtrauisch.
»Wie weiß ich, ob dies auch wirklich die Fotos sind?«
»Um sich zu vergewissern, müßten Sie die Filme entwickeln, aber es sind die richtigen. Und dann wäre da noch etwas«, fuhr ich fort und zeigte ihr das Mikrofon an meinem Handgelenk. »Das hier ist ein Mikrofon, und in meiner Tasche befindet sich ein Aufnahmegerät. Ich würde gern aufnehmen, was Sie sagen, aber wenn Sie etwas dagegen haben, werde ich es nicht tun. Ich bin nicht darauf aus, Ihnen einen Streich zu spielen. Ich würde Ihnen sogar gerne helfen, wenn das in meiner Macht steht. Aber solange Sie mir nicht erklärt haben, um was es eigentlich geht, ist das nicht möglich. Sie sagten doch, Sie wollten hier nicht lange anhalten. Wohin fahren wir?«
Sie zögerte, dann versperrte sie das Handschuhfach wieder, und ließ den Motor neuerlich an.
»Zu einem Haus«, sagte sie.
Sie fuhr etwa eine Viertelstunde, weiter die Straße hinunter. Dann bog sie zwischen zwei verfallenen Steinmauern ein, und schließlich befanden wir uns auf einer holprigen, mit Kopfsteinen gepflasterten Rampe, die zu einer Garage hinabführte. Die Garagentüren waren mit Vorhängeschlössern verschlossen. Sie hielt an und zog eine Taschenlampe aus ihrer Manteltasche, bevor sie die Scheinwerfer des Wagens abschaltete.
»Bitte, folgen Sie mir, das ist am einfachsten«, sagte sie.
Als ich ausstieg, konnte ich das Haus unter uns erkennen; ein kleines L-förmiges Gebäude mit einem Ziegeldach. Eine Steintreppe führte von der Garage zu einem gepflasterten Patio hinab, der vom Haus halb eingeschlossen war. Man hatte von ihm eine wunderbare Aussicht auf die Lichter von Beaulieu und St. Jean-Cap Ferrat und das Meer.
Sie führte mich über den Patio zur Eingangstür. Sie benahm sich, als sei ihr dieses Haus vertraut, aber ich bemerkte, daß der Schlüssel, mit dem sie die Tür öffnete, nicht der einzige in ihrer Handtasche war, und daß sie erst ein Schildchen musterte, das mit einer Schnur daran befestigt war, bevor sie sich für ihn entschied. Als sie die Tür aufgemacht hatte, mußte sie mit der Taschenlampe nach dem Lichtschalter suchen. Im Inneren befand sich ein Wohnzimmer mit einem Kamin aus Backsteinen auf der einen Seite und einem Eßtisch mit einer Steinplatte an der anderen. Die Wände waren weiß getüncht, an den Fenstern hingen helle Leinenvorhänge, und die bequemen Sessel waren mit dem gleichen Stoff bezogen. Im Sommer würde das ein freundliches kleines, kühles Zimmer sein. Jetzt war es kalt, und in der Luft hing ein muffiger Geruch.
Sie schaltete eine elektrische Heizröhre ein und ging zu dem Schrank neben dem Eßtisch. Sie nahm eine Flasche Kognak heraus, zwei Gläser und einen Korkenzieher und stellte alles auf einen Tisch neben dem Kamin.
»Machen Sie bitte die Flasche auf«, sagte sie.
Während ich das tat, legte sie den Regenmantel ab, dann den Schal und
Weitere Kostenlose Bücher