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Eine Art von Zorn

Eine Art von Zorn

Titel: Eine Art von Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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eine falsche Nummer gewählt.«
    Er legte auf.
    Ich beschaffte mir einen anderen jeton und versuchte es wieder. Mit dem gleichen Ergebnis.
    Ich kehrte verärgert zu meiner Tasse Kaffee zurück. Ich war sicher, daß mir kein Fehler unterlaufen war, als ich die Nummer aufgeschrieben hatte. Entweder hatte sie sich geirrt, oder es war ihr nicht gelungen, sich rechtzeitig mit dem Mann, der mir geantwortet hatte, in Verbindung zu setzen, um ihm die Nachricht zu übermitteln, die mich interessierte. Ich wußte, daß es eine dritte Möglichkeit gab: daß das Ganze eine abgekartete Sache war, arrangiert, um mich lange genug abzulenken, damit die Sangers ungehindert verschwinden konnten. Aber diese Möglichkeiten schloß ich vorerst aus. Denn es würde den Sangers ja nichts helfen, wenn sie einfach verschwanden. Schließlich hatte ich alles über sie, was ich brauchte, und die Bilder noch dazu.
    Ich beschloß, 15 Minuten zu warten und dann noch einmal die Nummer anzurufen. Ein zweiter Kognak hätte mir geholfen, die Zeit zu verkürzen, aber in dem Zustand, in dem ich war, hätte er mir auch Übelkeit verursacht. Ich rauchte zwei Zigaretten und wählte wieder die Nummer.
    Es meldete sich derselbe Mann. Seine Stimme klang jetzt verärgert. Er fragte mich, ob er mir die Adresse eines Bordells geben solle. Vielleicht würde ich dort eine Adèle finden, sagte er, und hängte wieder ein.
    Es hatte keinen Zweck, noch länger zu warten. Ich bezahlte den Kaffee und den Kognak und ging hinaus.
    Ich war so in Gedanken, daß ich die Frau, die hinter dem Steuer meines Wagens saß, erst bemerkte, als ich die Hand schon am Türgriff hatte.
    Ein gemusterter Seidenschal verbarg ihr Haar. Sie trug einen hellen Regenmantel. Eine Sonnenbrille blickte mich an, als ich die Tür öffnete.
    »Sie waren sehr geduldig, Monsieur«, sagte sie. »Wie oft haben Sie die Nummer gewählt, die ich Ihnen gegeben habe?«
    »Dreimal, Madame.«
    »Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, wenn ich chauffiere. Ich will wissen, wohin ich fahre. Ich möchte nicht gekidnappt werden.« Sie streckte ihre Hand aus. »Kann ich den Schlüssel haben?«
    Ich gab ihn ihr.
    »Danke.« Sie bedeutete mir, mich neben sie zu setzen.
    Ich ging um den Wagen herum und stieg ein. Währenddessen schaltete ich das Aufnahmegerät in meiner Tasche ein.
    »Darf ich fragen, wohin wir fahren?«
    »An einen Ort, wo man reden kann«, sagte sie. »Es tut mir leid, daß Sie vergebens telefoniert haben, aber ich wollte nicht, daß Sie hier auf mich warteten.«
    »Was war das für eine Nummer, die Sie mir gegeben haben?«
    »Ich weiß nicht. Sie fiel mir gerade so ein.«
    »Sie sind doch Lucia Bernardi, nicht wahr?«
    Sie nahm die Sonnenbrille ab und steckte sie in die Tasche ihres Regenmantels. Dann wandte sie sich mir zu und blickte mich mit einem schwachen Lächeln an.
    »Natürlich«, sagte sie, »zwar trage ich gerade keinen Bikini, und das Haar unter dem Schal gehört zu einer dieser modischen amerikanischen Perücken, aber Sie sollten doch imstande sein, Lucia Bernardi aufgrund der Fotos zu erkennen.«
    Ich schaltete die Lichter ein, und der Widerschein des Armaturenbretts fiel auf ihr Gesicht. Wir sahen einander an.
    »Sind Sie zufrieden, Monsieur?«
    Ich nickte. Dann sagte ich speziell für das Tonband: »Ja, ich bin zufrieden. Unsere Freundin hatte recht. Die Fotos werden Ihnen wirklich nicht gerecht.«
II
    Sie fuhr etwa einen Kilometer die Corniche entlang nach Osten und bog dann rechts in eine steile Nebenstraße, die nach Beaulieu und Villefranche hinunterführte. Nach mehreren Haarnadelkurven gelangten wir zu einer Querstraße. Sie bog links ein und lenkte gleich darauf den Wagen von der Straße weg auf einen kleinen Absatz am Fuß des Hügels. Es sah aus, als wäre hier einmal ein Felsrutsch abgegangen, und der Absatz war wohl, als der Hügel abgestützt wurde, angelegt worden, um einen weiteren Felsrutsch zu verhüten.
    Sie stoppte, ließ aber die Standlichter brennen und den Motor laufen. »Ich will hier nicht lange verweilen«, sagte sie und hielt ihre Armbanduhr dicht an das Armaturenbrett, um zu sehen, wie spät es war. »Aber zunächst müssen wir uns einigen, Monsieur Maas.«
    »Einverstanden.«
    »Bevor ich Ihnen irgendwelche Fragen beantworte, muß eine bestimmte Sache geklärt sein. Ich will die Fotos, die Sie heute in Mougins gemacht haben.«
    Sie waren im Handschuhfach. Ich sagte: »Ich habe bereits Ihrer Freundin Adèle versprochen, daß sie nicht verwendet

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