Eine begehrenswerte Lady
Nacht mit Harlan geschehen war. Seine Lippen verzogen sich verächtlich. Townsend war zu feige, um etwas gegen ihn zu unternehmen, Nolles jedoch … Nolles war ein ganz anderes Kaliber. Nolles verlor nicht gerne – egal was – und Gewalt war seine zweite Natur. Lucs Hand schloss sich um sein Glas. Ihn brutal zu verprügeln war genau das, was Nolles tun würde, um sich dafür zu rächen, dass er Geld verloren hatte. Zudem hatte Nolles damit auch noch Barnaby treffen können.
Nachdenklich schlenderte Luc im flackernden Lichtschein der einen Kerze durch den dämmrigen Raum. Wie also sollte er mit Nolles verfahren? Und Townsend?
Die Sache mit Townsend, entschied er, wäre am einfachsten zu lösen, und er wusste auch schon genau, wie. Glücksspiel. Der Squire war darin gar nicht schlecht, aber er war nun einmal nicht Lucifer, und Luc wusste, er konnte ihn an einem einzigen Abend ruinieren, wenn er das wollte. Aber war das wirklich sein Wunsch? Emilys Gesicht erschien vor seinem geistigen Auge, und er verzog schmerzlich das Gesicht. Townsend war ihr Cousin, und auch wenn sie ihn verabscheute, wie würde sie sich fühlen, wenn ihr Cousin mittellos nur mit den Kleidern, die er am Leib trug, auf die Straße gesetzt wurde? Luc schnitt eine Grimasse. Vermutlich würde sie keinen Finger rühren, sondern ihm vielmehr gratulieren, aber er wollte das Risiko nicht eingehen, dass sein Tun ihr Kummer bereitete. Nein, wegen Emily konnte er ihn nicht an den Bettel bringen, aber er konnte ihn dichter an den Rand des Ruins bringen.
Was wiederum, überlegte er zufrieden weiter, Nolles erzürnen würde – und das vor allem, wenn die Gerüchte der Wahrheit entsprachen, und er die Verluste des anderen mittrug, da der Hauptteil von dessen Spieleinsatz aus seiner Börse stammte. Luc unterbrach seine Wanderung durch das Zimmer. Nolles’ Zorn zu erregen wäre nicht schwer, aber wenn das erreicht war, was sollte er dann tun? Das hing davon ab, wie Nolles auf Townsends Verluste reagierte.
Nolles war zu Mord imstande, und eine Reihe seiner Männer würde sich an seiner Stelle darum kümmern. Luc starrte auf den Tropfen bernsteinfarbene Flüssigkeit, der noch in seinem Glas war. Diesen Umstand sollte ich besser nicht vergessen, sagte er sich.
Aber als er wieder an die Nacht dachte, in der er überfallen worden war, fiel ihm etwas auf, das ihm vorher so nicht klar geworden war: Nolles und seine Leute hatten ihm aufgelauert … sie hatten gewusst, dass er von High Tower nach Hause reiten würde.
Er runzelte die Stirn. Dass er zum Dinner zu seinem Freund eingeladen war, war zwar kein Geheimnis gewesen, es hatte eine Reihe von Leuten davon gewusst, aber wie war die Nachricht Nolles zu Gehör gekommen? Es war unwahrscheinlich, dass die Tatsache, dass er der Einladung zum Essen folgen würde, über die vier Leute auf Windmere zu Nolles gedrungen war, die von seinen Plänen für Freitagabend gewusst hatten. Und obwohl es möglich war, dass einer der Diener auf High Tower es beiläufig bei einem Bier im Ram’s Head erwähnt hatte, hielt Luc das für wenig glaubhaft.
Ein Bruchstück der Unterhaltung mit Mrs. Gilbert fiel ihm wieder ein … etwas über Stanley Ordway und Canfield, die mit Nolles und Townsend zusammen gesehen worden waren … Lucs Augen wurden schmal. Einer dieser beiden Männer war die wahrscheinlichste Quelle, aber zufällig und unbewusst in einer Unterhaltung oder mit Absicht?
Er schüttelte den Kopf und ging zur Anrichte. Er konnte sich keinen Grund denken, warum Stanley ihm Prügel wünschte, aber Canfield … Canfield mochte ihn nicht. War seine Abneigung ein ausreichendes Motiv, um Nolles darum zu bitten? Und warum sollte Nolles das für jemanden tun, den er kaum kannte?
Vor der Anrichte stehen bleibend, schnaubte Luc. Nolles hätte sich begeistert auf die Chance gestürzt, ihm etwas anzutun, ohne dass ihn jemand dazu anstiften oder gar darum bitten musste. Er stellte das Glas ab und ging zu seinem Bett. Entweder Ordway oder Canfield hatten die Information weitergegeben, aber er musste davon ausgehen, dass es unabsichtlich geschehen war und kein ruchloser Plan. Aber dennoch, dachte er, während er ins Bett stieg, werde ich mich in Anwesenheit der beiden in Acht nehmen.
Entschlossen, umgehend mit der Suche nach einem passenden Wohnsitz zu beginnen, traf sich Luc mit Barnaby am nächsten Tag in dessen Arbeitszimmer. Barnaby saß auf dem Stuhl hinter seinem Schreibtisch, und Luc nahm den Stuhl, den am Tag zuvor Lamb benutzt
Weitere Kostenlose Bücher