Eine besondere Behandlung (German Edition)
schnell, sie sind da!«
»Wo hat sie den letzten Stand?«
»Kannst du es nicht von einem anderen Rechner drucken?«
»Ich glaube nicht.«
Aufgeregte Stimmen weckten Lara. Gerädert hob sie ihren Kopf von der Tastatur. »Ha-Ha-Ha-Hatschie!«
»Wo sind die Unterlagen, Lara? Los, los! Die Berater sind da. Krank machen kannst du später!« Das war Dirk, der einen Anzug trug und so aussah, als hätte er die Nacht nicht im Büro verbracht. Zumindest hatte er ihres Wissens so ein Outfit nicht knitterfrei im Schrank hängen.
Tausend böse Bemerkungen lagen Lara auf der Zunge, aber wenn sich all die Quälerei und die durchgemachte Nacht lohnen sollten, dann nur, wenn die Unterlagen da wären: »Ich druck sie aus und bring sie euch gleich in den Konfi, okay?«
Ohne sich erinnern zu können, wie weit sie gekommen war, öffnete Lara das Dokument und schmiss den Drucker an. Während das Gerät arbeitete überflog sie ihre Arbeit und lächelte erleichtert. Das war ein Anfang. Sie hatte tatsächlich so lange geackert, bis das Chaos einer Linie folgte und die Ideen mit validen Zahlen belegt waren. Die wiederum standen auf Folien, die richtig professionell wirkten. Es gab einen Gott!
Um die Spuren der Nacht möglichst schnell zu beseitigen und den Beratern keinen allzu schlechten Eindruck von der Agentur zu vermitteln, fuhr sich Lara mit den Fingern durchs Haar und prüfte im Taschenspiegel ihr Gesicht. Der Tastaturabdruck war leider unverkennbar, außerdem sah sie müde aus.
»Hatschie!«
Seltsam erleichtert und gut gelaunt schnappte sie sich ihr Smartphone und angelte sich einen Kaffee, den irgendein Engel für alle gekocht hatte. Sie positionierte sich ungeduldig mit ihren Fingern trommelnd am Drucker und wartete auf die letzten zwanzig Seiten.
Im Halbschlaf verfolgte Lara, wie Dirk die Gäste begrüßte, sie kurz herumführte und dann an dem Chaos hinter verdeckten Türen vorbei Richtung verglasten Konferenzraum lotste. Etwas kam ihr dabei komisch vor, als läge es in der Luft, ein winzig kleines Detail nur, aber sie hätte nicht ihren Finger drauf legen können. Dann waren alle Unterlagen da. Endlich!
Lara nahm einen großen Schluck, drehte sich schwungvoll um und prustete den gesamten Kaffee auf die neuen, bis eben tadellosen Ausdrucke. Sie musste zweimal hinschauen.
Vor ihr stand Ben in einem seiner dunklen, gut sitzenden Anzüge, mit makellos weißem Hemd und Krawatte, sowie polierten Lederschuhen. Hochprofessionell zuckte er bei ihrem Anblick nicht einmal mit der Wimper, dabei wusste Lara, dass diese Augen nur so teilnahmslos taten. In Wahrheit registrierten sie gerade wie in einem Suchbild jedes Detail, das an ihr nicht stimmte.
Obwohl sie sich zweifelsfrei gegenüber standen, starrte Lara nun auf ihr Handy, als würde es all das erklären können. Zu unwirklich kam ihr die Situation vor.
21:45 [BEN]: Denk an die Tastatur, Prinzessin.
23:15 [BEN]: Soll ich dir ein Taxi bestellen? Jetzt fährt garantiert nichts mehr und ich kenn ein gutes Unternehmen.
00:04 [BEN]: Schläfst du?Ich finde das nicht lustig. Wo steckst du?
01:29 [BEN]: Ich hoffe einfach, dass dein Akku leer ist. Habt ihr kein Ladegerät im Büro?
Und dann am Morgen, 07:32 [BEN]: Okay, du warst eindeutig nicht zu Hause, dein Parfum liegt nicht wie sonst in der Luft, deine Lieblingstasse, die mit dem Stern, steht nicht herum. Jetzt mach ich mir echt Sorgen, Prinzessin. Wir sind zwar in München, aber Großstadt bleibt Großstadt. Wenn ich bis heute Abend nichts von dir höre, darfst du gerne der Polizei erklären, warum sie nach dir suchen musste.
Dazu vierzehn entgangene Anrufe von [BEN]! Also nicht drei, oder so, sondern ganze vierzehn! Die Lara alle nicht gehört hatte, weil sie die Sounds ausgestellt hatte. Warum machte Ben das und stand nun einfach nur so vor ihr?
»Lara? Die Unterlagen!« Dirks Tonfall brachte sie schlagartig in das Hier und Jetzt zurück. Sie saßen alle im gleichen Boot und wenn Ben sich zusammen nehmen konnte, dann sie doch wohl auch.
»Hatschie! … Entschuldigung.« Lara improvisierte. »Das … das waren andere Unterlagen. Müll! Wie gut, dass ich die zuerst gedruckt hab. Ich schau mal schnell, wo die anderen bleiben und bin gleich bei Ihnen!«
Während Ben nach wie vor keine Miene verzog, blickte der zweite Berater ziemlich genervt. Auf Dirks Gesicht stand selbst für Blinde lesbar ein ›Spinnst du‹?! Gute Frage. Um alles so schnell wie möglich wieder in Ordnung zu bringen, warf Lara die ruinierten Ausdrucke
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