Eine besondere Behandlung (German Edition)
saßen. Ihr erster Blick ging zu Ben, der nach wie vor gefasst wirkte. Dann schaute sie zu seinem Kollegen und schließlich zu Dirk.
»Wo hast du verdammt nochmal gesteckt! Wir haben einige Fragen zu den Charts auf Seite 10 und 11. Vielleicht kannst du die Tabellen persönlich schnell erklären, schließlich steckst du am tiefsten in den Zahlen.«, blaffte Dirk sie an. Das hieß so viel wie: Lara hatte die zweifelhaften Zahlen aufs Papier gebracht, also war sie auch dafür verantwortlich, dass sie überzeugten.
»Sicher«, murmelte Lara mit kratzigem Hals, obwohl sie genau genommen lieber kein Wort zuviel sagen wollte. Lange hielt ihre Stimme bestimmt nicht mehr durch. Aber irgendwie würde dieser schreckliche Montag schon vorbei gehen. »Hatschie! … Entschuldigung.« Sie kramte nach ihren neu ergatterten Taschentüchern. »Vielleicht können wir das telefonisch klären? Dann steck ich auch niemanden an.«
»Ich habe einen besseren Vorschlag«, schaltete sich Ben ganz der seriöse Geschäftsmann ein. »Wir teilen uns auf, eh wir noch mehr Zeit verlieren. Thomas, lass du dir doch von Herrn Schwarz die weiteren Charts zeigen. Ich wage mich an die Bazillen und setze mich mit Frau Hofer zusammen. Ich hab gute Abwehrkräfte und persönlich klären sich viele Sachverhalte deutlich schneller als per Telefon.« An dieser Stelle hatte er seinen professionellen Gesichtsausdruck etwas weniger unter Kontrolle und ließ durchblicken, wie sauer er eigentlich war. »Wo lang bitte?«
»Nein.« Was sollte das? Warum konnte Ben das einfach so bestimmen? »Ich halte das für keine gute Idee … ich sitz nicht allein im Büro … wir werden die anderen stören … es gibt keinen Platz … ich meine … nein«, stotterte Lara und dachte an ihren Chaos-Arbeitsplatz. Sie blickte Hilfe suchend zu Dirk, der jedoch wie immer, wenn jemand nieste, sofort auf Abstand ging, als würde die Bazillen und Viren ihn allein befallen und innerhalb weniger Minuten töten.
»Moment, das regeln wir«, legte Dirk fest. »Mike, Jonas, Franzi, Julia? Könnt ihr bitte alle in das andere Büro umziehen? Wir brauchen mal unseren War Room!«
Dankbar dem Papierberg zu entkommen, folgten alle Dirks Befehl in Windeseile. Oh je, dem gab es nichts mehr entgegen zu setzen. Lara fing den Blick von Dirk auf und nickte freundlich mit zusammengebissenen Zähnen. »Also dann, kein Problem … dort drüben, bitte! Wenn du … Sie mir bitte folgen würden«, verbesserte Lara sich schnell und biss sich auf die Lippen. Sie ging voraus und hielt die Tür einladend auf. »Bitte ignorieren Sie das Chaos … ich … so arbeite ich, das brauche ich und-«
»Lara, die Tür ist nun zu.«
»Na Gottseidank!« Augenblicklich entspannte sich Lara, kramte im Apothekenbeutel nach weiteren Taschentüchern und machte sich endlich über ihre Tabletten her. »Also … gib mir einfach einen Moment, dann wurstel ich mich zu den Seiten durch … dort drüben ist ein … ach, Moment.« Sie fegte einen Blätterberg beiseite und brachte einen Stuhl zum Vorschein. »Setz dich doch! Du musst nicht stehen.«
Sie drehte sich um und sah, wie Ben den Inhalt des Beutels inspizierte.
»Nur eine stinknormale Erkältung, okay? Mach dir keine Sorgen. Na los, zeig mir schon, welche meiner Aufstellungen so fragwürdig ist. Je schneller du hiermit durch bist, desto schneller … kann ich weitermachen.«
Ben regierte zunächst gar nicht. Stück für Stück bröckelte seine beherrschte Fassade, bis er nicht mehr unterdrückte, wie angepisst er war. »Weißt du eigentlich, wie du aussiehst?!«
Lara zuckte zusammen und bereitete sich innerlich auf die sich anbahnende Diskussion vor. »Erkältet?«, schlug sie vor.
»Ich hab mir die gesamte letzte Nacht Sorgen um dich gemacht. Abwechselnd dachte ich, dir wäre etwas passiert oder hab mich beruhigt, dass du alleine auf dich aufpassen kannst. Ich hätte wirklich die Polizei alarmiert, Lara. Und wie ich jetzt sehe, nicht ganz zu Unrecht.«
»Du hast dir auch vorher keine Gedanken um mich gemacht. Ben, es ist alles okay. Vielleicht ist heute nicht der schönste Tag in meinem Leben, aber er könnte schlimmer sein.« Warum zum Henker nochmal war er so wütend auf sie? Was kümmerte es ihn?
»Dir geht es nicht gut, was soll daran okay sein, Prinzessin?« Frustriert fuhr Ben sich mit den Händen durch seine Haare, was bei jemandem, der sonst so beherrscht war, geradezu schockierend intim wirkte. »Außerdem sehe ich immer noch den Tastaturabdruck auf deiner
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