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Eine betoerende Schoenheit

Eine betoerende Schoenheit

Titel: Eine betoerende Schoenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sherry Thomas
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ignorierte dabei die neugierigen und missbilligenden Blicke.
    Der Speisesaal war dreißig Meter lang und zwanzig Meter breit. Die Decke öffnete sich zur Mitte hin rechteckig zu einer hohen Glaskuppel, die sich über zwei Decks erstreckte. Bei gutem Wetter schien die Sonne durch die Kuppel herein und tauchte die korinthischen Säulen und die vier langen Tische, die beinahe von einem Ende des Raumes bis zum anderen reichten und jeweils Sitzplätze für mehr als einhundert Gäste boten, in ihr warmes Licht.
    Auch in dieser stürmischen Nacht fiel helles, wenn auch flackerndes Licht in den Raum, das seinen Ursprung in einem riesengroßen, elektrischen Kerzenleuchter mit Silberarmen hatte, der im Rhythmus des schlingernden Ozeandampfers hin und her schwang. Wäre sie eine Stunde früher gekommen, hätte das Klingen von Silberbesteck und gedämpftes Lachen Venetia begrüßt, das gewohnte Gemurmel, das nach privilegierter Stellung und Zufriedenheit klang. Nun aber war kaum noch jemand im Speisesaal. Zwei der langen Tische waren absolut menschenleer, die Teller und das Besteck längst abgeräumt und die festgeschraubten Stühle verlassen. Ein paar nervenstarke Passagiere weilten noch auf ihren Plätzen, ein extra dafür gefertigter Holzrahmen hielt ihre Teller und Gläser auf dem Tisch. Eine robust aussehende Frau mittleren Alters erzählte laut von ihren früheren Erfahrungen mit Nordostwinden.
    Lexington trug formelle Abendkleidung, saß allein am Fenster und blickte in den Sturm hinaus. Vor ihm stand eine Tasse Kaffee. Sie hoffte inständig, dass sich der Rhythmus der Rhodesia nicht schlagartig veränderte – sie wollte den Weg nicht entlangstolpern, sondern den Raum wie ein Hai durchschneiden, geschmeidig und gefährlich.
    Er sah in ihre Richtung. Durch den Schleier war es schwer, seinen Gesichtsausdruck zu deuten, doch sie glaubte, einen Funken Überraschung zu sehen – und Vorfreude.
    Ihr Magen zog sich zusammen. Sie errötete. Sie hörte ihr Herz geräuschvoll in ihren Ohren pochen.
    Als sie sich dem Tisch näherte, erhob er sich, setzte aber nicht zum Gruß an. Ein Kellner erschien aus dem Nichts, um ihr auf den Stuhl zu helfen, ein anderer reichte ihr eine Tasse Kaffee.
    Lexington setzte sich wieder. Ohne den Blick von ihr abzuwenden, hob er seine Tasse und trank. Es schien, als habe er keineswegs vor, es ihr leicht zu machen.
    Ehe sie ihre Meinung ändern konnte, begann sie zu sprechen. „Ich habe noch einmal über Ihren Vorschlag nachgedacht.“
    Er antwortete nicht. Die Luft zwischen ihnen beiden knisterte fast vor Spannung.
    Sie schluckte. „Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich Überzeugungsversuchen offen gegenüberstehe.“
    Der Dampfer hob sich. Ihre Hand schnellte vor, um die Kaffeetasse festzuhalten, und seine tat dasselbe. Seine Hand legte sich um ihre. Sie spürte den Schock seiner Berührung bis in die Schulter.
    „Ich wollte gerade zurück in meine Kabine gehen“, sagte er. „Würden Sie mich begleiten?“
    Sie konnte einen langen Augenblick nicht antworten. Ihre Lippen zitterten. Der Gedanke daran, mit ihm allein zu sein, raubte ihr den Atem.
    „Ja“, flüsterte sie.
    Er stellte seine Tasse ab und stand auf. Sie biss sich auf die Lippe und tat es ihm nach. Ihr gemeinsamer Aufbruch erntete interessierte Blicke von den verbliebenen Gästen. Lexington schenkte ihnen keine Beachtung. Es war seltsam, dass ihr die ungewollte Aufmerksamkeit, die sie auf dem Weg zu ihm auf sich gezogen hatte, nichts ausgemacht hatte. Nun aber fühlte sie sich wie am Pranger.
    Sie ging voraus auf die große Treppe zu. Das Schiff neigte sich bedrohlich. Er hatte den Arm fest um ihre Taille gelegt.
    „Es geht, danke.“
    Er ließ sie los. Sie erschrak ob ihres eigenen Tonfalls – sie klang nicht im Geringsten wie eine Frau, die sich dem Liebesspiel hingeben wollte. Es hätte nicht viel mehr Härte bedurft, und sie hätte die Abstinenzbewegung anführen können.
    Die Victoria-Suite lag einige Decks über dem Speisesaal. Sie sprachen auf dem Weg dorthin kein Wort miteinander. An der Tür zu seiner Suite warf er ihr einen unergründlichen Blick zu, ehe er den Schlüssel in Schloss steckte und umdrehte.
    Der Salon war schwach beleuchtet. Sie konnte nur die Standorte und groben Umrisse der Möbel erkennen: ein Schreibtisch und ein Windsor-Stuhl vor dem Fenster, eine Chaiselongue zu ihrer Rechten, gegenüber zwei Polsterstühle, Regale, die in die Schiffswand eingelassen waren.
    Er schloss die Tür.
    „Sie werden

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