Eine bezaubernde Braut
geben.«
»Muss ich das?«
Er nickte noch einmal. »Ein Beschützer gibt dem Jungen oder dem Mädchen, auf das er aufpassen muss, immer etwas sehr Wichtiges«, erklärte er. »Du musst mir etwas von dir geben.«
»Hat dein Onkel Brodick dir auch etwas Wichtiges gegeben?«
»Ja«, antwortete er. »Er hat Papa seinen besten Dolch gegeben, damit er ihn mir geben sollte. Der Dolch hat sein Wappen auf dem Griff. Papa hat mir eine lederne Scheide dafür gemacht, und er hat erlaubt, dass ich ihn zu dem Fest mitnehmen durfte. Aber jetzt ist er weg.«
»Was ist denn damit geschehen?«
»Einer der Soldaten des Barons hat ihn mir abgenommen. Ich habe gesehen, wie er ihn auf die Kommode in der großen Halle geworfen hat.«
»Wir werden eine Möglichkeit finden, ihn zurückzuholen«, versprach sie ihm.
»Also, was wirst du mir geben?«, ließ er nicht locker.
Sie hob die Hand. »Siehst du diesen Ring, den ich trage? Ich schätze ihn mehr als alles andere.«
In dem schwachen Licht war es schwierig, den Ring genau zu sehen. Er zog ihre Hand zu sich und sah ihn sich genauer an. »Er ist sehr hübsch.«
»Er hat meiner Großmutter gehört. Mein Onkel Morgan hat ihn mir an meinem letzten Geburtstag gegeben. Ich werde ihn an ein Band binden, und du kannst ihn um den Hals tragen. Aber du musst ihn unter deiner Tunika tragen, damit der Baron ihn nicht sieht.«
»Darf ich ihn für immer behalten?«
»Nein, das darfst du nicht«, sagte sie. »Nachdem ich mein Versprechen gehalten und dich sicher zurück nach Hause gebracht habe, wirst du mir den Ring zurückgeben. Jetzt mach die Augen zu und versuche zu schlafen. Warum denkst du zum Beispiel nicht daran, wie glücklich deine Eltern sein werden, wenn sie dich wieder sehen?«
»Mama wird weinen, weil sie so glücklich ist, und Papa wird auch glücklich sein, aber er wird nicht weinen, weil Krieger niemals weinen. Aber er wird nicht sehr lange glücklich sein, denn ich werde ihm erzählen müssen, dass ich ungehorsam war.«
»Inwiefern bist du denn ungehorsam gewesen?«
»Er hat mir gesagt, dass ich nicht in die Nähe des Wasserfalls gehen darf. Er hat gesagt, es sei viel zu gefährlich für einen Jungen, dort zu spielen, weil die Felsen zu glitschig sind, aber ich bin trotzdem mit meinem Freund hingegangen, und wenn ich das Papa erzähle, wird er schrecklich böse auf mich sein.«
»Fürchtest du dich vor deinem Vater?«
Er lachte leise. »Ich würde mich niemals vor meinem Papa fürchten.«
»Warum machst du dir dann solche Sorgen?«
»Weil er mit mir reden wird, und dann wird er mich dazu bringen, darüber nachzudenken, was ich getan habe, und ich muss ihm sagen, warum es falsch war, und dann wird er mich bestrafen.«
»Wie wird er das tun?«
»Vielleicht darf ich eine Zeit lang nicht mehr mit ihm ausreiten … das wäre die schlimmste Strafe, denn ich mag es wirklich, auf seinem Schoß auszureiten. Papa lässt mich dann immer die Zügel halten.«
Sie rieb ihm über den Rücken und riet ihm, sich keine Sorgen zu machen.
Doch er war noch nicht fertig damit, seine Sünden zu bekennen. »Das ist noch nicht alles, was ich ihm sagen muss«, meinte er. »Ich muss ihm auch noch sagen, was Michael und ich getan haben.«
»Der Name deines Freundes ist also auch Michael?«
»Mein Freund ist Michael«, sagte er. »Ich habe dir doch gesagt, dass wir denen einen Streich gespielt haben.«
»Mach dir deshalb keine Sorgen. Dein Vater wird sich nichts aus einem Spiel machen, das du mit deinem Freund ausgeheckt hast.«
»Aber …«
»Schlaf jetzt«, befahl sie.
Er beruhigte sich und schwieg einige Minuten lang. Sie glaubte, dass er endlich eingeschlafen war, und wandte ihre Gedanken dringenderen Angelegenheiten zu.
»Weißt du was?«
Sie seufzte. »Nein, was denn?«
»Ich mag dich, aber die meisten Engländer mag ich nicht. Onkel Ennis hasst sie alle. Er sagt, wenn man einem Engländer die Hand schüttelt, hat man hinterher keine Finger mehr, aber das stimmt doch nicht, nicht wahr?«
»Nein, das stimmt nicht.«
»Bist du traurig, weil du Engländerin sein musst?«
»Nein, es tut mir nur Leid, dass Alford Engländer ist.«
»Er ist ungebildet. Weißt du warum?«
Sie hatte das Gefühl, dass er nicht lockerlassen würde, ehe er ihr seine Erkenntnisse mitgeteilt hatte. »Nein, warum?«, fragte sie pflichtschuldigst.
»Weil er glaubt, dass ich Michael bin.«
Sie erstarrte. »Du bist gar nicht Michael?«
Er rollte sich auf den Rücken, setzte sich auf und sah sie schief
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