Eine bezaubernde Braut
»Das weiß ich nicht, Mylady, aber wir werden es schon bald feststellen.« Noch einmal verbeugte er sich, dann verließ er die Halle.
Judith holte persönlich einen Krug mit Wasser für ihre Gäste. »Papa, wo ist Graham?«, fragte Alec.
»Dein Bruder ist bei deinem Onkel Patrick, aber er wird bald wieder hier sein. Er ist bestimmt sehr glücklich, dich zu sehen.«
»Weil er mich vermisst hat?«, fragte Alec eifrig.
Iain lächelte. »Wir alle haben dich vermisst, Alec.«
»Mama hat mich am meisten vermisst. Sie zittert noch immer, weil ich sie so überrascht habe. Sieh nur, Papa, sie kann noch nicht einmal das Wasser eingießen. Wird sie wieder weinen?«
Iain lachte. »Wahrscheinlich«, antwortete er. »Deine Mutter … und auch ich, wir werden Zeit brauchen, um diese glückliche Überraschung zu verarbeiten.«
Alec hatte Judiths Zustand nicht übertrieben. Sie hatte bereits einen großen Teil des Wassers auf den Tisch geschüttet, und es war ihr bis jetzt noch nicht gelungen, einen einzigen Tropfen in einen der Becher zu gießen. Ihre Hände bebten heftig, und immer wenn sie ihren Sohn ansah, traten ihr erneut Tränen in die Augen.
Iain legte die Hand auf die seiner Frau. »Setz dich, Liebling«, schlug er ruhig vor.
Sie rückte ihren Stuhl nahe neben den ihres Mannes, sank darauf und lehnte sich an ihn. Iain goss Gillian Wasser ein, doch als sie nach dem Becher griff, stellte sie fest, wie schmutzig ihre Hände waren, und versteckte sie rasch in ihrem Schoß.
Iain legte einen Arm um seine Frau und drückte sie an sich. Doch seine Aufmerksamkeit galt Gillian. »Beginnt ganz am Anfang und erzählt mir, wie Ihr meinen Sohn gefunden habt. Ich möchte jede kleinste Einzelheit wissen«, befahl er ihr. Er hielt inne und tätschelte Alec. »Es ist ein Wunder, dass ein Fünfjähriger die Wasserfalle überlebt hat«, fügte er dann hinzu.
»Alec ist erst fünf Jahre alt?«, staunte Gillian.
»Aber ich werde bald sieben.«
»Dein Bruder ist sieben«, stellte Iain klar.
»Aber ich werde auch sieben.«
Alec rutschte von seinem Stuhl und lief um den Tisch zu Gillian. Ohne auf ihre Erlaubnis zu warten, kletterte er auf ihren Schoß, legte die Arme um ihren Hals und grinste sie an.
»Ihr und Alec seid Freunde geworden«, bemerkte Judith lächelnd.
»Iain, vielleicht könntest du warten, bis Alec ins Bett gegangen ist, um alle Einzelheiten zu hören«, schlug Brodick vor.
»Ich darf aber heute lange aufbleiben, weil Papa gesagt hat, dass wir feiern werden«, platzte Alec heraus. »Hast du das nicht gesagt, Papa?«
»Ja«, stimmte ihm sein Vater zu.
»Weißt du was, Gillian?«, flüsterte Alec laut.
Sie beugte sich zu ihm. »Nein, was denn?«
»Wenn ich ins Bett gehe, dann wird Mama bei mir sitzen bleiben, bis ich eingeschlafen bin, und mein Bruder schläft im selben Zimmer mit mir, vielleicht werde ich dann keine schlimmen Träume mehr haben und auch keine Angst mehr.«
»Vielleicht wirst du heute Nacht ja gar nicht träumen.«
»Aber du musst auch mit jemandem zusammen schlafen, damit du keine Angst bekommst, denn ich werde nicht bei dir sein.«
»Ich werde das schon schaffen«, versicherte sie ihm.
Doch Alec war nicht überzeugt. »Aber wenn du nun zu große Angst hast? Du brauchst jemanden, der dich aufweckt. Vielleicht könntest du Brodick bitten, mit dir zu schlafen, wie er es schon einmal getan hat.«
Sie legte ihm schnell die Hand auf den Mund, damit er still war, doch sie fühlte, wie ihr Gesicht vor Verlegenheit brannte. Sie wusste, dass Brodick sie beobachtete, doch wagte sie nicht, ihn anzusehen.
Judith lachte. »Alec, Liebling, du bringst Gillian in Verlegenheit.«
»Mama, weißt du, wie Gillian mich nennt?«
»Nein, wie denn?«
»Honigbär«, brachte der kleine Junge kichernd heraus.
Iains Blick pendelte zwischen Gillian und Brodick hin und her. »Vater Laggan ist wieder zurück«, meinte er. »Und es ist noch ein anderer, jüngerer Priester bei ihm mit Namen Stevens.«
»Warum erzählst du mir das?«, fragte Brodick.
»Ich wollte dich nur wissen lassen, dass jetzt zwei Priester zur Verfügung stehen«, erklärte Iain und warf Gillian einen bedeutungsvollen Blick zu.
»Ich habe nicht mit Brodick geschlafen«, platzte sie heraus. »Ich brauche keinen Priester.«
»Doch, das hast du wohl getan.«
»Alec, es ist nicht höflich, älteren Leuten zu widersprechen.«
»Aber Mama …«
»Still, mein Liebling.«
Gillian warf Brodick einen Blick zu. Es würde ihm leicht fallen, dieses
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