Eine bezaubernde Erbin
undeutlich mit, wie sie Lord Fitzhughs Freunden vorgestellt wurde. Sie war dankbar für Mrs Townsends Anwesenheit, durch die die jungen Männer nicht imstande waren, einen zusammenhängenden Satz zu formulieren, geschweige denn sich daran zu erinnern, dass Lord Fitzhugh dieses Mauerblümchen, das da neben ihr stand, nicht heiraten wollte.
Dann bat sie Lord Fitzhugh leise um ein Wort. Dank Mrs Townsends magnetischer Anziehungskraft musste er Millie nur wenige Schritte von den eifrigen Kricketspielern wegführen, die versuchten, seine Schwester zu beeindrucken. Die Geräusche der umherwandelnden Menge verschafften Millie und ihrem Verlobten das Maß an Ungestörtheit, das sie brauchten.
Er war dünner, als sie es in Erinnerung hatte, wirkte vorsichtiger, und er sprach mit leiser Stimme: „Was kann ich für Sie tun, Miss Graves?“
Würde er immer so mit ihr reden, mit dieser sorgfältig distanzierten Höflichkeit? „Ich habe über das nachgedacht, was Sie gesagt haben. Und durch ihre Worte ist mir klar geworden, dass ich tatsächlich hierzu gezwungen werde. Ich hatte nie eine andere Wahl. Man hat mir nie zu verstehen gegeben, dass es für meine Existenz auf dieser Welt einen anderen Grund gäbe, als das Verbindungsglied zwischen dem Namen der Graves und einer edleren und älteren Blutlinie zu sein.
Ein albernes Ziel. Aber so sind nun einmal die Gegebenheiten, und wir müssen sie hocherhobenen Hauptes meistern, oder es wird uns beiden schlecht ergehen. Bei Ihrem Vorgänger gab es keinen Zweifel daran, dass man von mir erwartete, so bald wie möglich einen Erben hervorzubringen. Aber … darf ich davon ausgehen, dass Sie es nicht so eilig damit haben, Vater zu werden?“
Er blickte zu seiner Linken. Sie folgte seinem Blick nicht, aber hegte keinen Zweifel daran, dass sie, würde sie es tun, die junge Dame sehen würde, die er liebte. „Sie haben recht“, sagte er. „Ich habe kein Bedürfnis, allzu bald die Kinderstube zu füllen.“
„Ich auch nicht. Ich möchte nicht in der naheliegenden Zukunft Mutter werden. Vielleicht nicht einmal in der nicht so naheliegenden Zukunft.“
„Was schlagen Sie also vor? Einen Pakt für Kinderlosigkeit?“ Es lag düsterer Humor in seiner Stimme, der aber nicht seine Augen erreichte.
„Etwas von viel größerem Ausmaß: einen Pakt der Freiheit.“
Er neigte den Kopf. Zum ersten Mal schien er Interesse an der Unterhaltung zu zeigen. „Wie lautet er?“
„Wir sprechen unser Ehegelöbnis, und bis die Frage nach einem Erben akut wird, leben wir davon unbelastet – als hätten wir nie geheiratet. Beachten Sie aber, ich sage nicht, als ob Sie Ihren Titel nie geerbt hätten. Da kann ich Ihnen nicht helfen. Wenn Sie keinen General finden, der bereit ist, einen Lord in seine Reihen aufzunehmen, werden Sie in der Armee keine Karriere machen können. Aber in allen anderen Belangen können Sie tun, was Sie wollen: reisen, Zeit mit Ihren Freunden verbringen, so viele Damen umwerben, wie sie wollen. Gehen Sie zur Universität, wenn es das ist, was Sie wollen. Daheim wird Sie keine nörgelnde Ehefrau erwarten. Keine Verpflichtungen, keine Konsequenzen.“
„Und Sie? Was werden Sie tun?“
„Dasselbe, von den offenkundigen Unterschieden einmal abgesehen. Es gibt bestimmte Dinge, die eine unverheiratete junge Frau einfach nicht tut, und ich werde mich daran halten. Davon abgesehen werde ich es genießen, die Herrin meines eigenen Haushaltes zu sein. Und ich werde mir keine Sorgen darüber machen müssen, wie ich mit meinem Ehemann zurechtkomme – zumindest ein paar Jahre lang.“
Er schwieg. Im Licht der Nachmittagssonne strahlte seine Kricketuniform in grellem Weiß, und er sah außergewöhnlich schön aus.
„Also, was sagen Sie?“
„Klingt verlockend. Wo ist der Haken?“
„Es gibt keinen.“
„Alle guten Dinge gehen irgendwann zu Ende.“ Er klang nicht so, als ob er ihr wirklich glaubte. „Wann läuft die Frist für unsere Vereinbarung aus?“
Sie hatte nicht darüber nachgedacht, wie lang, nur dass es sehr lang dauern sollte. „Wie wäre es mit sechs Jahren?“
Sechs Jahre waren unerhört. Selbst wenn er die Zeitspanne halbierte, sollte es lange genug sein, dass sie sich wieder in den Griff bekam.
„Acht“, sagte ihr Verlobter.
Wenn er die Wahl hätte, würde er dich nie berühren.
Sie hätte mittlerweile gegen die Erniedrigungen dieser geplanten Ehe unempfindlich sein sollen, aber ihr Herz erstarrte dennoch vor Schmerz. Sie straffte die Schultern und
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