Eine bezaubernde Erbin
abgerissen werden müssen.
Aber seine Stimme war ruhig. Was geschehen war, war geschehen. Es hatte keinen Sinn, mit dem Finger anklagend auf die Verstorbenen oder auf Kräfte jenseits seiner Kontrolle zu zeigen, die genau während ihrer Lebenszeit die Agrarpreise so drastisch hatten sinken lassen.
„Das ist für Sie.“ Er reichte ihr ein in einfaches Packpapier gewickeltes Paket, das er hinter seinem Rücken versteckt hatte. „Ich war in der Gemischtwarenhandlung, aber die Auswahl dort war ziemlich erbärmlich. Trotzdem habe das ausgesucht, was am wenigsten armselig ist.“
Sie war erstaunt. „Das hätten Sie nicht tun müssen.“
In dem Paket befand sich eine schlichte Spieluhr, die mehr als ein halbes Jahrzehnt auf dem Ladenregal gestanden haben musste. Obwohl es Anzeichen für eine hastige Reinigung gab, waren die Ecken und Rillen noch immer staubverkrustet. Als sie den Deckel öffnete, spielte sie ein paar blecherne, schiefe Töne von „Für Elise“.
„Wie gesagt, es ist nicht viel.“
„Es ist hübsch. Danke.“ Es bereitete ihr große Mühe, die Spieluhr nicht fest an ihre Brust zu drücken. „Ich werde sie gut aufbewahren.“
„Nächstes Jahr bekommen Sie etwas Besseres.“ Er lächelte. „Gute Nacht.“
„Gute Nacht“, antwortete sie.
Manche Hoffnungen waren wie Unkraut und konnten leicht gerupft werden. Andere aber waren wie Ranken, die rasch wuchsen und sich hartnäckig festhakten. Als sie die Spieldose, wieder allein im Salon, erneut öffnete, wurde ihr allmählich klar, dass ihre zu der zweiten Sorte gehörte.
Sie würde nie aufhören zu hoffen.
Das Letzte, womit Millie gerechnet hätte, war, ihren Ehemann auf dem Dach des Hauses zu sehen, während er zusammen mit den angeheuerten Männern die Schieferschindeln entfernte. Er trug einen alten Tweedanzug und eine Wollmütze. Sie hätte ihn fast für einen Jungen aus dem Dorf gehalten, bis ihn jemand mit „Mylord“ ansprach.
„Was tun Sie da, Lord Fitzhugh?“
„Ich beaufsichtige die Männer.“
„Sie scheinen mit den Männern zusammenzuarbeiten, wenn mich meine Augen nicht täuschen.“
Er warf einem älteren Mann eine Schindel zu, der sie an einen anderen weiterreichte, der sie wiederum auf eine lange Rinne warf, die in einem Winkel fünfundvierzig Grad vom Dach nach unten führte. Am Boden wurde die Schindel von einem von zwei wartenden Männern aufgefangen, durch mehrere Hände weitergereicht und sorgfältig auf einen Stapel gelegt.
„Ihre Augen täuschen Sie!“
„Das müssen sie wohl“, rief sie zurück und ließ ihn weiterarbeiten.
Es war nicht gerade die Art eines feinen Herrn, selbst Hand anzulegen. Aber wenn sie so darüber nachdachte, dann waren seine Tage in Eton von sportlichen Aktivitäten bestimmt gewesen – Fußball im Michaelis-Trimester, Rasenspiel im Oster-Trimester und Kricket im Sommer. Das gesetzte Eheleben musste ihn mit Langeweile erfüllen. Und der Abriss des Nordflügels bot neben der Befriedigung, tatsächlich das Haus niederzureißen, das sein Leben so aus der Bahn geworfen hatte, ein Ventil für den angestauten Tatendrang eines jungen Mannes.
Außerdem hatten sie so etwas, worüber sie sich beim Dinner unterhalten konnten, der einzigen Zeit des Tages, die sie zusammen verbrachten, auch wenn es nicht viel Zeit war, da er keine Geduld für in die Länge gezogene Speisezeremonien hatte … Genau genommen aß er noch immer wie ein Schüler, mit einer Geschwindigkeit, bei der sie nicht mithalten konnte.
Während sie den Nordflügel auseinandernahmen, erfuhr sie von dem Fledermausnest im Dachgeschoss, dem Schimmel, der im Mauerputz wucherte, der Tatsache, dass der älteste Mann der Abrisstruppe in seiner Jugend im Krimkrieg gekämpft hatte. Sie berichtete ihm von ihren Plänen, ein kleines Kraftwerk vor Ort bauen zu lassen, sodass sie das Haus verkabeln und mit Strom versorgen konnten, und davon, die Wasserleitungen im Haus zu modernisieren.
„Sie glauben gar nicht, was für Spülklosetts der Mann in London mir verkaufen wollte. Das Gesicht der Königin war in die Schüsseln gemalt worden.“
Lord Fitzhugh verschluckte sich an seinem Lamm. „Das denken Sie sich doch aus.“
„Ganz und gar nicht. Ich war fassungslos, während der Mann mir versicherte, es wäre vollkommen anständig.“
„Ich hoffe, Sie haben sie nicht gekauft. Ich glaube, ich könnte nicht …“ Sie starrten einander einen Augenblick lang an und brachen in Gelächter aus.
„Ich auch nicht – niemals!“, verkündete
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