Eine Billion Dollar
Londons stehend. »Wenn Sie mehr ausgeben, als Sie einnehmen, werden Sie ärmer, und wenn Sie weniger ausgeben, als Sie einnehmen, werden Sie reicher. Was die Ausgaben betrifft, können Sie diese nur bis zu einem gewissen Grenzwert senken, jedenfalls wenn Sie ein normales Mitglied der Gesellschaft bleiben wollen. Bleibt also, die Einnahmen zu erhöhen. So weit einverstanden?«
John nickte skeptisch. »So weit banal, ehrlich gesagt.« McCaine schien ihn nicht zu hören. »Das erzielbare Einkommen folgt einer Hierarchie. Auf der untersten Stufe dieser Hierarchie steht einfach Arbeit . Sie tun etwas für jemanden, und dieser gibt Ihnen Geld dafür. Das kann eine Arbeit als Angestellter sein oder als selbstständiger Handwerker, das spielt keine Rolle. Man nennt das im Volksmund ›ehrliche Arbeit‹, und die Einnahmen, die Sie damit erzielen, werden Ihre Ausgaben nie ernsthaft übersteigen. Das hängt mit der Steuer zusammen. Der Staat will Ihr Geld, und am liebsten würde er Ihnen alles wegnehmen. Aber da Sie dann verhungern würden oder zumindest darauf verzichten müssten, Kinder in die Welt zu setzen, neue Staatsbürger und Steuerzahler also, lässt er Ihnen genug zum Leben. Mehr nicht. Kein Staat und keine Gesellschaft hat ein Interesse an einer finanziell unabhängigen Bevölkerung. Ehrliche Arbeit, also das, mit dem die meisten Menschen ihre Zeit verbringen, bringt einem nur immer gerade den allgemein üblichen Lebensstandard ein, mehr nicht.«
John musste an seine Zeit in der Wäscherei denken, die durchgeschwitzten Nächte an der Mangel. Der Wochenlohn hatte gerade fürs Nötigste gereicht.
»Die nächsthöhere Stufe des erzielbaren Einkommens«, fuhr McCaine fort, »ist spezialisierte Arbeit . Der Wert von Arbeit folgt, wie alles im Wirtschaftsleben, dem Prinzip von Angebot und Nachfrage. Wenn Sie das lernen, was alle lernen, und das können, was alle können, sind Sie austauschbar und damit erpressbar, also bewegt sich der erzielbare Lohn auf dem niedrigsten möglichen Level. Ihr Lohn steigt, wenn Sie entweder bereit sind, etwas zu tun, was nicht alle zu tun bereit sind – Ihre Gesundheit zu ruinieren, sich körperlich übermäßig anzustrengen, nachts oder an Feiertagen zu arbeiten -, oder wenn Sie etwas können, das nicht jeder kann, vorausgesetzt, es ist ein begehrtes Können. Unter Umständen müssen Sie sich dafür einen Markt erst suchen – ein staatlich angestellter Lehrer verdient immer gleich viel, egal wie gut oder schlecht er unterrichtet, aber wenn er gut ist, kann er in einer Privatschule eventuell ein besseres Gehalt aushandeln. Es gibt auf der anderen Seite Gewerkschaften, Rechtsanwaltskammern und Handwerkerinnungen, Strukturen also, die man in der Industrie als Kartelle bezeichnen würde und die durch Preisabsprachen ihrer Mitglieder dafür sorgen, dass das Entgelt für ihre Leistungen nicht unter eine Mindestmarke sinkt. Doch da auf diese Weise der Markt ein Stück weit ausgehebelt wird, rächt sich dies durch Umsatzbeschränkung, da eine Leistung zu einem höheren Preis nicht genauso viele Abnehmer findet wie zu einem niedrigeren. Wie auch immer, je spezieller das ist, was Sie an Leistung anzubieten haben, wenn es gesucht ist, kann Ihr Einkommen daraus enorm wachsen. Ein Rechtsanwalt kann fünfhundert Dollar pro Stunde verdienen, ein einigermaßen berühmter Schlagersänger zwanzigtausend Dollar für einen einstündigen Auftritt. Doch endlos steigern lässt sich das nicht – schon dem Rechtsanwalt entstehen Kosten für sein Büro und seine Sekretärin, die vom Reinverdienst abgehen, und der Schlagersänger muss Termine ausmachen, Verträge aushandeln, anreisen, sich umziehen, proben und Autogramme geben, abgesehen davon, dass er jahrelang für ein Butterbrot aufgetreten ist, als er noch nicht berühmt war.«
Paul Siegel fiel ihm ein, der einmal sein bester Freund gewesen war. Der nach Harvard gegangen war und etwas gelernt hatte, das Unternehmen dazu bewog, für eine Stunde seiner Arbeitszeit bis zu tausend Dollar zu bezahlen. John konnte sich gut an den Moment erinnern, als Paul ihm das erzählt hatte, und an seine grenzenlose Fassungslosigkeit angesichts der Kluft, die sich zwischen ihnen aufgetan hatte.
»Jetzt kommt der erste Sprung. Sozusagen der Übergang von der schiefen Ebene zum Hebelprinzip. Die nächste Stufe in der Hierarchie des Einkommens ist der Handel. Handel heißt, etwas billig einkaufen, um es teuer zu verkaufen. Etwas weniger banal ausgedrückt heißt das, dass
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