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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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die Arbeit suchen, verstehen es nicht. Wenn sie es nämlich verstünden, sähe die Welt anders aus.«
    Später machte John noch einen kleinen Spaziergang durch den Vatikan des Geldes. Allein, zum ersten Mal seit… Er konnte sich kaum noch daran erinnern, wann er das letzte Mal allein unterwegs gewesen war. McCaine hatte ihm versichert, dass ihm nichts passieren werde; in der Tat beäugten ihn von jeder Hausecke Videokameras, und die allgegenwärtigen Polizisten, auf deren Helm ein eigenes Signet prangte, ließen ihn nicht aus den Augen. Alles war sauber wie geleckt und ein bisschen langweilig, trotz vergoldeter Wappentiere und prachtvoller Fassaden. Es waren wenig Leute unterwegs, Touristen schienen sich nicht darunter zu befinden.
    In einer engen, unscheinbaren einspurigen Gasse stieß er auf ein Schild mit der Aufschrift »N. M. Rothschild & Sons«. Er spähte in die Eingangshalle dahinter. Ein großes Wandgemälde zeigte Moses und sein Volk, das gerade die Zehn Gebote von Gott empfing.
    »Sir?« Ein Sicherheitsmann in dunklem Overall war neben ihm aufgetaucht wie aus dem Boden gewachsen. »Würden Sie bitte weitergehen?«, bat er mit stählerner Höflichkeit.
    John sah ihn an. Ich könnte diese Bank kaufen und ihn rauswerfen lassen, durchzuckte es ihn. Er sah sich selbst, gespiegelt in den dunklen Scheiben des Vestibüls. Falsches Outfit. Er hatte seinen Anzug im Hotel gelassen, trug Jeans und eine dünne Windjacke. Die hatte zwar auch viel Geld gekostet, aber man sah es ihr nicht an. Ganz entschieden sah er nicht aus wie ein Kunde von N. M. Rothschild & Sons.
    »Schon gut«, erwiderte John. »Ich wollte sowieso gerade gehen.«
     
    Der Makler war schmächtig, nuschelte, hatte ein schiefes Gesicht und schmutzigrote, widerborstige Haare, aber sein Parfüm roch nach schierem Geld, und auf seiner Visitenkarte prangte ein goldgeprägtes Wappen. Und natürlich fuhr er sie im Rolls-Royce zu den infrage kommenden »Objekten«, wie er sich ausdrückte.
    »Das Anwesen«, näselte er, während sie auf ein riesiges, schmiedeeisernes Tor zurollten, »gehörte dem achtzehnten Earl von Harrington-Keynes, der leider kinderlos verstarb.« Er betätigte eine Fernbedienung. Während die Torflügel mit aristokratischer Gelassenheit den Weg freigaben, deutete er auf die darin eingearbeiteten Wappen. »Die Insignien müssten Sie natürlich gegebenenfalls entfernen lassen.«
    »Selbstverständlich«, erwiderte McCaine. »Gegebenenfalls.«
    Sie rollten durch das Tor. Die Umfriedung rechts und links schien noch aus den Zeiten der normannischen Invasion zu stammen, die würdevoll dahinter emporragenden Bäume hatten womöglich schon Heinrich dem Achten Schatten gespendet, und von einem Anwesen war zunächst nichts zu sehen. Der Wagen glitt sanft hügelan durch eine Landschaft, die einem großzügigen Jagdrevier glich oder einem verwilderten Golfplatz.
    »Die Countess lebt seit Jahren in einem Pflegeheim und hatte nicht mehr die Möglichkeit, sich angemessen um den Familienbesitz zu kümmern«, fuhr der Makler fort. »Vor zwei Jahren hat sie sich entschlossen zu veräußern.«
    Sie überquerten den Hügel. Der Blick weitete sich. Als sei es nicht mehr von dieser Welt, erhob sich ein Schloss vor ihnen, aus trutzigem grauem Basalt für die Ewigkeit erbaut. Es hatte drei mehrstöckige Flügel, die einem symmetrisch angelegten Teich zugewandt waren, türmchengekrönte Erker an den äußeren Ecken und einen offenbar nachträglich überdachten Haupteingang, vor dem der Wagen zum Stehen kam.
    Sie stiegen aus. John betrachtete einigermaßen fassungslos die Front des Schlosses, sah von einem Ende zum anderen – und man brauchte ziemlich lange, um von einem Ende zum anderen zu sehen. Das Ding war größer als der Wohnblock, in dem das Haus seiner Eltern lag und in dem er aufgewachsen war. Er fragte sich, ob schon einmal jemand gezählt hatte, wie viele Fenster es eigentlich waren.
    »Na, John?«, fragte McCaine mit einer Begeisterung, als habe er alles eigenhändig erbaut. »Was sagen Sie?«
    John wandte sich um, sah in die Richtung, aus der sie gekommen waren. »Ziemlich weit bis zum Briefkasten, oder?«, meinte er. »Vor allem, wenn es regnet.«
    Der Makler riss entsetzt die Augen auf, aber McCaine lachte nur und meinte: »Lassen Sie uns hineingehen.«
    In der Eingangshalle hätte man Tennis spielen können. Von übermannshohen, dunklen Ölgemälden in vergoldeten Rahmen sahen blasierte Gesichter toter Earls auf sie herab.
    »Die Ahnengalerie

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