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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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näher hätte betrachten können – doch da Fontanelli Enterprises ein Unternehmen in Privatbesitz war, war es nicht verpflichtet, seine Bilanzen offen zu legen. Weitgehend unbemerkt hatten sie sich das Monopol für etliche wenig beachtete, aber unersetzliche Rohstoffe wie Wolfram, Tellur und Molybdän gesichert und einen bedeutenden Marktanteil bei Selen und Lithium. Das Investment in Erzeugung und Distribution von Energie war enorm, erstreckte sich in jede Form der Energiegewinnung und dort in die strategisch entscheidenden Bereiche: Sie besaßen Atomkraftwerke, vor allem aber gehörten ihnen die Firmen, die Steuerstäbe für Reaktorkerne herstellten, und das Beryllium, aus dem diese bestanden. Sie besaßen Ölfelder, Raffinerien, Pipelines und Tankerflotten, vor allem aber gehörten ihnen die aussichtsreichsten Bohrclaims in aller Welt.
    »Jeder Idiot investiert heute in Internetbuchhandlungen und Softwarefirmen. Das erklärt, warum man Millionen verdienen kann mit Aktien von Firmen, die keinen Dollar Gewinn machen«, meinte McCaine. »Aber wenn es hart auf hart kommt, zählen nur die wirklichen Werte. Energie. Rohstoffe. Nahrung. Wasser.«
    Trotzdem war Fontanelli Enterprises auch abseits dieser Gebiete vertreten, hatte ein großes italienisches Modehaus gekauft, sich an einer weltbekannten Werbeagentur beteiligt und – was Aufsehen erregte – zehn europäische Schallplattenfirmen auf einmal erworben, um sie zu einer zu verschmelzen. Derartiges, so McCaine, diene zweierlei Zwecken: außenstehende Beobachter zu verwirren und leichte Gewinne mitzunehmen. Man würde diese Investments wieder abstoßen, sobald deren Profitabilität nachließ.
    »Wir müssen, vor allem anderen, zunächst unsere Rendite steigern«, erklärte McCaine. »Sie können es durchrechnen – wenn wir eine Rendite von dreißig Prozent erzielen, gehört uns in zwanzig Jahren buchstäblich die ganze Welt!«
    Schlagzeilen machten sie noch mit einigen spektakulären Immobilienkäufen, vor allem, als sie Wallstreet Nummer 40 kauften – einen Wolkenkratzer, der immerhin einst ein Jahr lang das höchste Gebäude New Yorks gewesen war, ehe ihn das Chrysler Building ausgestochen hatte. Es hatte seit dem großen Börsenkrach 1987 leergestanden, und sie erhielten für etwas mehr als eine halbe Milliarde Dollar den Zuschlag. Unverzüglich begannen die Renovierungsarbeiten in dem Gebäude, das bereits in der 1997er Ausgabe des New Yorker Stadtplans als »Fontanelli Tower« verzeichnet war.
    »Donald Trump wollte es auch kaufen«, erzählte McCaine, der die Verhandlungen geführt hatte. »Er hat sogar noch mehr geboten als wir. Also habe ich den Bürgermeister angerufen und ein paar Senatoren und ihnen erklärt, dass wir genau dieses Gebäude brauchten, um unsere Geschäfte in New York so führen zu können, wie wir uns das vorstellen, und dass unsere einzige Alternative darin bestünde, den Schwerpunkt unserer amerikanischen Aktivitäten in eine andere Stadt zu verlegen – Atlanta vielleicht oder Chicago.« Er lächelte boshaft. »Das hat gewirkt.«
     
    Abends, vor der Kulisse des nächtlichen London, hatte der große Konferenzraum etwas von einer Kathedrale. Ihr Besucher, vor der Tür noch beflissen und gesprächig, verstummte unwillkürlich.
    McCaine kam sofort zur Sache. »Was ich will, ist, dass Sie mit den modernsten verfügbaren Mitteln ein Computerprogramm entwickeln, das die Entwicklung der Welt in allen wichtigen Bereichen – wie Bevölkerungsentwicklung, Energiereserven, Rohstoffversorgung, Umweltverschmutzung und so weiter – so genau wie irgend möglich simuliert und die Wirkung von Entscheidungen und Maßnahmen auf mindestens fünfzig Jahre zuverlässig vorausberechnen kann.«
    »Genau das versuchen wir seit Jahren«, sagte ihr Gast.
    »Und was hat es bis jetzt verhindert?«
    »Mangel an Geld, was sonst?« Professor Harlan Collins war ein hagerer Mann Anfang vierzig, der ganz so aussah, als fehle ihm Geld nicht nur für seine Arbeit. Sein Anzug war zerknittert, er trug einen fadenscheinigen Rollkragenpullover statt eines Hemdes, und sein Haar schien es vorzuziehen, allmählich auszugehen, um die Kosten für den Frisör einzusparen. Er war Ökologe und Kybernetiker, leitete ein Institut für Zukunftsforschung in Hartford und galt McCaine zufolge als Kapazität auf seinem Gebiet. John hatte noch nie von ihm gehört, aber das hatte nichts zu besagen. Er zog sich auf seine gewohnte Beobachterposition zurück, blätterte in den Unterlagen,

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