Eine Billion Dollar
Verfasser dieser Studie getan haben, wenn Sie mich fragen. Ich nehme an, Sie kennen sie?«
»Natürlich. ›Global 2000‹, die Studie, die Präsident Carter in Auftrag gegeben hat. Vermutlich das meistverkaufte nichtgelesene Buch der Welt.«
»Und? Was halten Sie davon?«
»Na ja. Es beruht in der Hauptsache darauf, die Schätzungen verschiedener Experten zusammenzufassen, ergänzt um einige nicht sehr genau dokumentierte Modellrechnungen. Was nicht zwangsläufig schlechter sein muss. Aber das größte Manko ist die Beschränkung auf den Zeitraum bis zum Jahr 2000. Es ist heute abzusehen, dass sich wirkliche Umwälzungen, wenn überhaupt, erst Anfang des nächsten Jahrhunderts vollziehen werden.«
»Genau. Und ich will wissen, welche«, sagte McCaine.
»Und wenn Sie es wissen?«
»Will ich mithilfe Ihres Modells herausfinden, wie ich die Katastrophe verhindern kann.«
Der Wissenschaftler sah ihn an, lange, nickte dann langsam. »Gut. Welche Bedingungen schweben Ihnen vor?«
McCaine zögerte keinen Augenblick. »Erstens – es muss ein kybernetisches Modell sein. Egal wie komplex, egal wie teuer. Keine Schätzungen, keine Intuition, keine Annahmen. Alles muss quantifiziert sein, miteinander verknüpft, sich glasklar aus Computerberechnungen ergeben.«
»An so einem Modell arbeiten wir. Wie Sie wissen; andernfalls hätten Sie mich nicht eingeladen.«
»Richtig. Zweitens – Sie berichten mir zuerst. Ich entscheide, wann Ergebnisse veröffentlicht werden dürfen.«
Professor Collins sog hörbar Luft zwischen den Zähnen ein. »Das ist hart. Ich vermute, davon werden Sie sich nicht abbringen lassen?«
»Darauf können Sie wetten«, sagte McCaine. »Drittens…«
»Wie viel denn noch?«
»Nur das noch. Ich will die Wahrheit wissen. Keine politisch korrekten Aussagen. Keine Beruhigung der Massen, keine Propaganda. Die Wahrheit.«
Kurze Zeit später war der Jumbo-Jet fertig gestellt, den sie für vierhundert Millionen Dollar gekauft und auf der LHT-Werft Fuhlsbüttel in eine komfortable fliegende Konzernzentrale umbauen hatten lassen, mit Büros, Besprechungsraum, Bar, Schlafzimmern und Gästezimmern, per Satellit mit der ganzen Welt verbunden und standesgemäß ausgestattet. Um dem Erscheinungsbild des Konzerns zu entsprechen, war das ganze Flugzeug schneeweiß gestrichen worden, lediglich auf der Heckflosse prangte das geschwungene dunkelrote f . Wegen der entfernten Ähnlichkeit mit der Zahl 1 hieß das Flugzeug – zunächst beim Personal, später dann auch bei Piloten und Fluglotsen überall auf der Welt, also sozusagen offiziell – Moneyforce One.
Von nun an jetteten sie manchmal wochenlang non-stop um die Welt, von einer Besprechung, Verhandlung oder Besichtigung zur nächsten. John fing es an zu gefallen, als Geschäftsmann aufzutreten, mit dem eigenen Flugzeug irgendwo auf der Welt zu landen, sich von schönen Menschen zu lang gestreckten schwarzen Limousinen geleiten zu lassen und sich begehrt und wichtig vorzukommen. Er begann es zu genießen, in geschmackvollen Konferenzräumen an riesigen Tischen aus edlen Hölzern zu sitzen und den Berichten nervöser älterer Herren zuzuhören, umso mehr, als es ihm zunehmend öfter passierte, dass er mit manchen der Zahlen, die die Vorstände nannten oder per Overheadprojektor an Wände strahlten, etwas anzufangen wusste. Es kam vor, dass er ein oder zwei Fragen stellte, die in der Regel unter unübersehbarem Zusammenzucken beantwortet wurden; meist hüllte er sich jedoch in vielsagendes Schweigen, überließ McCaine das Reden und gelangte so im Lauf der Zeit in den Ruf, geheimnisvoll und unnahbar zu sein.
Für Journalisten und Bittsteller mochte John Fontanelli so gut wie unerreichbar sein, für seine Familie und seinen früheren Freundeskreis war er es nicht. Er hatte nach wie vor ein persönliches Sekretariat, das mit anderem Personal, aber nach denselben Prinzipien arbeitete wie das von den Vacchis eingerichtete. Sogar die Liste der ihm persönlich bekannten Absender, deren Anrufe durchzustellen und deren Sendungen ungeprüft an ihn weiterzuleiten waren – sie wurden lediglich durchleuchtet, um Briefbombenanschläge zu verhindern –, war noch dieselbe. Seine Mutter bekam erst nach dem dritten oder vierten Anruf, der zu ihm weitergeschaltet wurde, mit, dass er sich in einem Flugzeug befand, was sie kaum fassen konnte. Und geradezu unglaublich war die Findigkeit und Schnelligkeit, mit der ihm Briefe zugestellt wurden, egal an welchem Punkt der Erde
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