Eine Billion Dollar
losbrüllen.
27
So aufgebracht hatte John McCaine noch nie erlebt. »Hier!«, schrie er, warf ihm die Zeitung hin und stapfte weiter hin und her wie ein gefangener Löwe. »Sie verbünden sich gegen uns!«
John nahm die Zeitung auf. Wieder eine Fusion. Gestern die United Bank of Switzerland , heute waren es Mobil Oil und Texaco, die zusammengingen. Wieder mit der Begründung, man könne nur so der marktdominierenden Stellung von Fontanelli Enterprises etwas entgegensetzen.
»Und die Kartellbehörde gibt ihren Segen dazu!«, schäumte McCaine. »Dieselbe Kartellbehörde, die dazwischengegangen ist, als wir Texaco kaufen wollten. Das stinkt doch zum Himmel!«
»Wir wollten Texaco kaufen?«, wunderte sich John. »Davon weiß ich gar nichts.«
McCaine hielt kurz inne, winkte ab. »Ein Intermezzo von ein paar Tagen. Wozu hätte ich Sie damit behelligen sollen?« Er ballte die Faust. »Amerika. Verdammt! Wir sind noch nicht so weit, es mit den USA aufzunehmen, aber ich wollte, ich könnte diesen Figuren in Washington so richtig einheizen!«
»Sie reden von einer demokratisch gewählten Regierung.« John spürte seinen Rücken, seinen Nacken steif werden. Auch seine Stimme klang ihm kühler, distanzierter, missbilligender in den Ohren, als er beabsichtigt hatte. Aber es half nichts, er musste sein Unbehagen äußern. »In North Dakota und Minnesota gibt es Burschen, die Hütten in den Wäldern bauen, sich bis an die Zähne bewaffnen und auf die Regierung schimpfen. Ungefähr so wie Sie gerade.«
McCaine erwiderte nichts, sah ihn nur an, eindringlich, als seien Röntgengeräte hinter seinen Augen installiert, die ihn bis auf die Knochen sehen ließen. Er öffnete die Faust langsam, ließ die Hand sinken, wandte sich ab und ging ebenso langsam ans Fenster, und irgendwo auf dem Weg schien die Wut, die ihn gerade noch erfüllt hatte, zu verschwinden, sich in Nichts aufzulösen.
»John«, sagte er dann unvermittelt, mit einer Stimme wie ein Peitschenhieb, »Sie haben immer noch nicht verstanden, was hier gespielt wird. Sonst würden Sie nicht solche lächerlichen Vergleiche ziehen.«
Er drehte sich um. »Ihre Burschen da in North Dakota – ich kenne diese Leute. Ich habe sogar, ob Sie ‘s glauben oder nicht, mit ein paar von ihnen gesprochen. Ich weiß, wie die ticken. Die denken, es kann so, wie es geht, nicht mehr lange weitergehen. Und wenn alles zusammenbricht, wollen sie eine sichere Festung haben, in der sie weiterleben können. Eine Festung, die sie mit dem Gewehr in der Hand verteidigen werden. Es sind die größten Egoisten, die es gibt, denn ihre Haltung ist: Zum Teufel mit dem Rest der Welt, Hauptsache, wir überleben!«
John nickte finster. »Genau.«
»Aber Regierungen«, fuhr McCaine fort, »demokratisch gewählte Regierungen sind genau vom gleichen Schlag! Wer hat sie denn gewählt? Das Volk! Die Regierung vertritt die Interessen eines Volkes. Und die meisten Völker leben nach dem Motto, zum Teufel mit den anderen, Hauptsache uns geht es gut.«
John öffnete den Mund, wollte etwas sagen, aber er wusste nicht, was. »Hmm«, machte er also und wünschte sich, nicht so hilflos und ungeschickt zu sein in dieser Art von Gesprächen.
»Was tun wir denn hier? Wir arbeiten daran, in eine Position zu kommen, aus der heraus wir die Entwicklung der Dinge in eine günstigere Richtung steuern können. Wir wollen doch nichts für uns selbst. Wir haben alles, mehr als genug. Jeder von uns beiden kann problemlos abgeben. Verstehen Sie, wir sind so wohlhabend, dass der Verdacht, wir könnten uns bereichern wollen, überhaupt nicht aufkommen kann. Und was wir tun werden, wird sich nach absolut rationalen Kriterien richten. Wir werden demnächst ein Computermodell der Welt zur Verfügung haben, die detaillierteste kybernetische Simulation, die je erstellt worden ist. Damit werden wir die Folgen jeder einzelnen Maßnahme genau vorausbestimmen können, unter Berücksichtigung aller Wechselwirkungen mit anderen Maßnahmen. Wir werden jede einzelne Entscheidung, die wir treffen, problemlos begründen können. Und unser einziger Maßstab wird das Überleben der Menschheit sein, das größte Wohlergehen für die größte Zahl von Menschen.« McCaine stand vor ihm, die Hände in einer beschwörenden Geste vor der Brust erhoben. »Verstehen Sie nicht, dass jede Art von Interessenvertretung unser Feind ist? Jede! Egal, ob es eine Regierung ist, eine Gewerkschaft, ein Verband, ein Lobbyistenverein – das alles sind
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