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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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diskutierten irgendwo, wo er nichts davon mitbekam, was alles schief gehen konnte. Sie waren viele, und sie bemühten sich, diskreten Abstand zu wahren, aber er wusste, dass sie jedes Mal Blut und Wasser schwitzten, wenn er sich unter freiem Himmel oder gar auf bevölkerten Plätzen aufhielt; also bemühte er sich, dergleichen auf ein Minimum zu beschränken, auch wenn er sich manchmal wie ein Gefangener vorkam, nicht wie ein reicher Mann. Ein Gefangener, der unter großem Aufwand von einer Zelle zur anderen transportiert wurde.
    Aber er würde sich nicht beklagen. Nicht bei McCaine, der arbeitete wie ein Berserker, und auch sonst bei niemandem. Er war der Erbe des Fontanelli-Vermögens, er war der Erfüller der Prophezeiung. Die paar Unbequemlichkeiten würde er dafür in Kauf nehmen.
    Jeremy erwartete ihn. In der Umgebung eines echten englischen Schlosses wirkte er nicht mehr ganz so beeindruckend als Butler. »Ein Mister Copeland hat angerufen«, erklärte er. »Er sagte, es ginge um Leben und Tod.«
    John fühlte eine steile Falte in der Stirn entstehen. »Woher hat er diese Nummer?«
    Jeremy sah unglücklich drein. »Ich fürchte, Sir, so etwas lässt sich heutzutage herausfinden.«
    »Wenn er noch einmal anrufen sollte, wimmeln Sie ihn ab. Ich will ihn nicht sprechen.«
    »Jawohl, Sir«, nickte Jeremy in jener devoten Haltung, die John bei anderen Menschen nicht leiden konnte, selbst wenn sie seine Angestellten waren. »Ähm, Sir, da ist noch etwas…«
    Eigentlich wollte er heute nichts mehr besprechen. Nur noch auf seinem Sofa liegen und Musik hören, Bruce Springsteen vielleicht oder Muddy Waters. »Ja? Was denn? Und bitte, Jeremy, schauen Sie mich an, wenn Sie mit mir reden!«
    Der Butler machte den Versuch, das Rückgrat aufzurichten. Ein paar Grad schaffte er. »Sir, es hat den Anschein, dass einige der Hausangestellten seit mehreren Wochen… ähm, stehlen, Sir.«
    »Stehlen?«
    »Es ist etliches an Lebensmitteln entwendet worden, und es fehlt eine Anzahl wertvoller Gegenstände aus dem Schloss, Sir.«
    John starrte ihn verblüfft an. Die Vorstellung, von Leuten bestohlen zu werden, die ihm in seinen eigenen vier Wänden ständig über den Weg liefen, kam ihm absurd vor. »Sind Sie sicher?«
    »Leider ja, Sir.« Die aufrechtere Haltung der Wirbelsäule ließ sich offenbar nicht durchhalten.
    Johns erster Impuls war, es zu ignorieren. Er war reich genug, dass ihm ein paar Diebstähle nichts ausmachten. Aber, das merkte er im nächsten Augenblick, sie machten ihm etwas aus. Er wollte nicht beim Anblick jedes Zimmermädchens, jedes Gärtners und jedes Kochs vermuten müssen, es mit jemandem zu tun zu haben, der ihn bestahl und betrog, in seinen eigenen vier Wänden.
    Na gut, in seinen eigenen vierhundert Wänden.
    »Zeigen Sie mir die Bücher«, sagte er.
    Als er die Unterlagen studierte, erkannte er, dass es noch viel schlimmer stand, als er befürchtet hatte. Jeremy war mit der Leitung eines so großen Haushaltes schlicht überfordert. Wareneingangslisten waren schlampig geführt, wochenlang zurückliegende Rechnungen noch nicht verbucht. Die Diebstähle waren überhaupt nur aufgefallen, weil die Diebe immer dreister geworden waren. Es half nichts – er würde der Sache nachgehen müssen. Schon um die Ehrlichen nicht zu bestrafen, musste er die Betreffenden finden und sofort entlassen. Er würde nicht umhinkommen, die Polizei einzuschalten. Und er würde einen anderen Haushaltsvorstand brauchen.
    Er glaubte zu spüren, wie sich in dem Eis unter seinen Füßen erste Risse bildeten.
     
    McCaine stand wie immer auf, ehe der Bote die Tageszeitung gebracht hatte, und nahm sie beim Verlassen des Hauses mit, um sie im Büro zu lesen.
    An diesem Morgen blieb er nach einem Blick auf die Schlagzeilen stehen und las die erste Seite auf dem Treppenabsatz stehend. Las sie und las sie dann gleich noch einmal.
    Der Schweizer Bankverein SBC und die Schweizerische Bankgesellschaft hatten fusioniert. Die neue Bank hieß United Bank of Switzerland (UBS), wies eine Bilanzsumme von achthundert Milliarden Dollar auf und verwaltete Vermögen in Höhe von anderthalb Billionen Dollar. Damit war die UBS die größte Bank der Welt.
    In dem Artikel hieß es ausdrücklich, entsprechende Gespräche seien seit längerer Zeit geführt, aber unter dem Eindruck der stetigen Erweiterung des Fontanelli-Konzerns beschleunigt zum Abschluss gebracht worden.
    An diesem Morgen hörten die Nachbarn McCaines ihn zum ersten Mal aus vollem Hals

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