Eine Billion Dollar
Ringgit, die unter enormen Druck geraten war, doch obwohl die Verkäufe von US-Devisen zunächst Wirkung zeigten, musste Malaysia zwei Wochen später ebenfalls kapitulieren, gefolgt von Indonesien kurz darauf. Die Aktienkurse an den Börsen in Bangkok, Kuala Lumpur, Jakarta und selbst in Hongkong und Seoul stürzten haltlos in die Tiefe.
Am 11. August gab der Internationale Währungsfonds in Tokio ein Hilfsprogramm für Thailand bekannt, einen Kredit von insgesamt sechzehn Milliarden Dollar, teilweise vom IWF, teilweise von den Nachbarstaaten finanziert.
»Was ist mit den Philippinen?«, fragte John.
»Die stehen längst unter der Kuratel des IWF«, sagte McCaine. »Wir erledigen die ganze Region in einem Aufwasch.«
In allen großen Zeitschriften der Welt erschienen in diesen Wochen ganzseitige, farbige Anzeigen, in denen eine neu gegründete Stiftung, die Fontanelli Foundation, den künftig jährlich zu vergebenden und mit zehn Millionen Dollar dotierten Gäa -Preis für umweltbewusste und zukunftsorientierte Projekte von Unternehmen auslobte. Im begleitenden Text waren anerkannte Wissenschaftler aus allen fünf Erdteilen als Mitglieder der Jury genannt. Die Gestalt der Gäa , der »Mutter Erde«, wurde in den Anzeigen von dem berühmten Fotomodell Patricia deBeers verkörpert, von der man wusste, dass sie mehr Miss-Wahlen gewonnen hatte als jede andere Frau in der Geschichte; entsprechend erotisch stellte sie die mythische Figur dar.
Eine zweite Anzeigenstaffel zeigte, wie John »Billionenerbe« Fontanelli der Gäa den Preis zu treuen Händen überreichte. Jay Leno war der Erste, der diese Anzeige in seiner Late-Night-Show hochhielt und mit dem Spruch »Die Schöne und das Biest!« Lacher erntete. Der Spruch wurde weitergetragen und variiert, das Motiv der Anzeige in Sketschen und Comics verballhornt, und McCaine fing an, sich Sorgen um das Bild zu machen, das die Öffentlichkeit von John Fontanelli hatte.
In allen Industriestaaten wurden Marktforschungsinstitute beauftragt, herauszufinden, was die Menschen über John Fontanelli dachten. Die Umfragen ergaben, dass die Witze die Aufmerksamkeit für Johns Umweltengagement verstärkt hatten. Der Mann auf der Straße hielt John Fontanelli für einen Mann, der sich ehrlich um die Zukunft des Planeten sorgte und der reich und mächtig genug war, um seinen Sorgen auch Taten folgen zu lassen.
»Großartig«, sagte Malcolm McCaine und ließ der Anzeigenaktion eine Plakataktion folgen.
Ursula Valen sah das Gäa -Plakat Mitte Juli in mehrfacher Ausfertigung an einem langen Bauzaun, als sie von einem Besuch bei ihren Eltern nach Hause fuhr. Es weckte einen verschwommenen Ärger in ihr, die Erinnerung, ziemlich arrogant und von oben herab behandelt worden zu sein. Dann wechselte vor ihr ein Porsche, ohne zu blinken, auf ihre Spur und zwang sie zu einer Vollbremsung. Sie hupte wütend und schrie hinter dem Wagen her und vergaß das Plakat wieder.
Zu Hause stellte sie fest, dass der Zeitungsausträger, nicht genug, dass er sie immer so spät brachte, die Zeitung wieder einmal so nachlässig in den Briefkasten gesteckt hatte, dass sie herausgefallen war und nun völlig zerfleddert am Boden lag. Egal, inzwischen wusste sie auch so, was den Tag über passiert war. Sie klaubte die staubigen Bogen zusammen und trug sie zur Mülltonne. Auf einem der Blätter war wieder das Gäa -Bild. John Fontanelli, der sich als Umweltengel aufspielte.
»Das rettet die Welt auch nicht mehr«, murmelte sie und stopfte alles in den Müll.
Aber nun ging er ihr schon im Kopf herum.
Sie stieg die Treppe hoch bis zu ihrer kleinen Dachwohnung. Stellte die Dachflächenfenster auf Durchzug, warf ihre Tasche ins Eck und setzte Wasser auf. Nahm eine Tasse aus dem Regal und tat einen Löffel löslichen Kaffee hinein. Legte eine Platte auf. Stand unschlüssig am Herd und wartete darauf, dass das Wasser kochte.
Sie merkte erst nach einer Weile, dass der Wasserkessel pfiff. Sie goss den Kaffee auf. Legte ein paar Kekse und einen Apfel auf einen Teller.
Sie ging an das Regal neben ihrem Schreibtisch, kramte in den Mappen im untersten Fach, bis sie fand, was sie suchte. Es war alles noch da. Sie hatte die ganze Beute ihrer Reise nach Florenz vergessen gehabt und vergraben geglaubt und die ganzen Monate hindurch kein einziges Mal daran gedacht, dass alles nach wie vor hier lag, geheftet und verschnürt, keinen Meter von ihrem Leben entfernt.
Sie schnürte die Bündel auf. John Salvatore
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