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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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wollen Sie das denn jemals zurückzahlen?«
    »Das frage ich mich auch. Bei der Eismaschine damals waren es nur vierzehn Prozent, da habe ich es geschafft…«
    »Aber 27 Prozent! Warum haben Sie sich darauf eingelassen?«
    Balabagan wich zurück. »Was hätte ich denn machen sollen? Die Eismaschine war kaputt. Ich kann mein Geschäft nicht betreiben ohne Eis.«
    »Sie hätten zu einer anderen Bank gehen sollen.«
    »Die anderen Banken wollten mir nichts geben.«
    John nickte langsam. Das sah nach einer heißen Spur aus. Er spürte seine Rastlosigkeit einer kalten, unnachsichtigen Wut weichen, und er fragte sich, was er tun würde, wenn er das Zentrum all dieser unbarmherzigen Zwänge und rücksichtslosen Nötigungen aufgespürt hatte, die Spinne in ihrem Netz, das Ende der Kette, den Boss aller Bosse, den obersten Ausbeuter.
    Ob er sich würde beherrschen können.
     
    »Na also«, flüsterte Ursula Valen. In der staubigen Stille der Bibliothek klang selbst das wie eine Ruhestörung.
    Das Ausgangsbuch des Staatsarchivs hatte sich als Volltreffer erwiesen: Im Jahre 1969 waren die Unterlagen gesammelt an das Historische Institut der Universität weitergegeben worden, wo sie im Rahmen einer Doktorarbeit, die niemals abgeschlossen worden war, anderthalb Jahre herumgestanden hatten, um anschließend in der Bibliothek des Instituts aufbewahrt zu werden, und zwar in jenem abgetrennten Teil, in dem historische Originale aufbewahrt wurden und der deswegen nur mit besonderer Erlaubnis betreten werden durfte. Eine Erlaubnis, die zu beschaffen Alberto Vacchi nicht mehr als einen Anruf gekostet hatte.
    Unerhörte Schätze lagen hier versammelt – mittelalterliche Handschriften, uralte Bibeln, Briefe und Tagebücher historischer Persönlichkeiten, und so fort. Sie hatte es sich nicht verkneifen können, Blicke in die eine oder andere der grauen, dickwandigen Archivboxen zu werfen, und war in einer auf Briefe Mussolinis gestoßen, kurz, in einer raumgreifenden, großspurigen Handschrift verfasst. Natürlich konnte sie kein Wort lesen, und vielleicht irrte sie sich auch, aber kurios war es doch.
    Endlich hatte sie die richtige Box mit der richtigen Nummer aus dem Regal gezogen und zum Lesetisch getragen, der selber eine Antiquität war, mit angehaltenem Atem geöffnet und dann, auf dem ersten Blatt, das sie in die Hand nahm, die Handschrift erkannt, in der auch die Randnotizen in den Kontenbüchern verfasst waren. Dies waren sie, die persönlichen Aufzeichnungen des Giacomo Fontanelli, Kaufmann im Florenz des fünfzehnten Jahrhunderts.
    Erstaunlich viele Aufzeichnungen für einen Mann des Mittelalters, fand sie, während sie durch den schmalen Stapel blätterte. Es waren lose Blätter, gut erhalten – und gut lesbar, wenn sie der mittelalterlichen Dialekte Italiens mächtig gewesen wäre. Fast alle Notizen waren datiert, die meisten aus dem Jahre 1521. Einige der Blätter wiesen abweichende Formate und fremde Handschriften auf, offenbar Briefe an Fontanelli, die dieser aufbewahrt hatte…
    Sie stutzte bei einem davon. Äußerst merkwürdig. Der gesamte Brief bestand aus Zahlenkolonnen, lediglich am Ende standen zwei Zeilen normaler Text. Sie hielt das Blatt unter die Leselampe und studierte die Zahlenreihen eingehender. Sie begannen folgendermaßen:
     
1525

300

12
1526

312

12 ½
1527

324 ½

13
     
    Sie spürte ein warmes Gefühl ihren Bauch durchfluten, als sie begriff, was sie hier vor sich hatte. Die erste Spalte, das waren die Jahreszahlen. Die zweite Spalte, das war das Vermögen. Die dritte Spalte war immer die Differenz zwischen dem Wert der zweiten Spalte und dem darunter Folgenden, also der Ertrag des Vermögens. Sie rechnete auf ihrem Notizblock nach und kam auf eine angenommene Verzinsung von vier Prozent.
    Ihr Blick wanderte die Kolonnen hinab, staunte wieder einmal, wie damals, als ähnliche Rechnungen in allen Zeitungen gestanden hatte, wie sich das Vermögen zuerst zögerlich und unauffällig, beinahe lächerlich langsam vermehrte, um irgendwann mit kaum fassbarer Geschwindigkeit zuzunehmen und zuzunehmen. Es dauerte über ein Vierteljahrhundert, bis zum Jahre 1556 nämlich, ehe aus den 300 Florin mehr als tausend geworden waren. Im Jahr 1732 waren es erstmals mehr als eine Million, aber schon 1908 mehr als eine Milliarde, um bis 1995 anzuwachsen auf dreißig Milliarden Florin – umgerechnet eben jene eine Billion Dollar.
    Was sie gefunden hatte, war die Berechnung, welche Entwicklung das

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