Eine Billion Dollar
kann, wenn ich sowieso in die Dörfer fahre, ein Zusatzgeschäft machen«, fuhr Manuel stolz fort. »Ich nehme Reis und Öl und so weiter mit und verkaufe es zum selben Preis, den sie auf dem Markt zahlen müssten. Ich kaufe aber in Lomiao ein, im Großmarkt, wo es viel billiger ist. Dadurch habe ich einen zusätzlichen Gewinn.« Er faltete die Hände und sah John erwartungsvoll an. »Finden Sie das gut?«
Das war nicht nur gut, John war richtiggehend neidisch auf den Geschäftssinn des Jungen. Er konnte ihn sich lebhaft vorstellen, wie er mit seinem bunten Eismobil die Dörfer abklapperte. »Das ist ein sehr guter Plan«, erklärte er.
»Nicht wahr? Es wird allen zugute kommen. Wenn jetzt ein Drittel der Fische verdirbt und nachher nicht mehr, ergibt sich eine Verbesserung von fünfzig Prozent, ohne dass es irgendjemanden mehr kostet als jetzt.« Er strahlte und setzte hinzu, nicht ohne dass sein strahlendes Lächeln einen listigen Zug bekam: »Könnten Sie sich vorstellen, Mister Fontanelli, Sir, dieses Vorhaben durch einen Kredit zu unterstützen?«
John zuckte zurück. Er musste sich unwillkürlich an die Brust fassen, so durchfuhr es ihn. »Einen Kredit?«, keuchte er. Ich gebe keine Kredite mehr. Ich will nicht länger die ganze Menschheit aussaugen wie ein Vampir.
»Ja, sehen Sie, Sir«, verlegte sich Manuel aufs Klagen und Betteln, »mir würde keine Bank einen Kredit geben. Ich habe nichts, meine Eltern sind auch arm, ich habe keine Sicherheiten. Ich habe nur diese Idee. Sie sind reich. Ich stelle mir vor, dass Sie vielleicht einige hundert Dollar für einige Zeit entbehren könnten… Sie bekommen Sie wieder, mit Zins und Zinseszins. Ehrenwort.«
Er sah den Jungen an, fühlte sich immer noch krank und elend, aber ja, er musste zugeben, es war eine gute Idee. Es war ganz genau das, was hier getan werden musste, und dieser Junge war bereit und willens, es zu tun, und schlau genug, um es gut zu machen, war er auch, ohne Zweifel. Er zückte das Scheckbuch. »Wie viel brauchst du?«
Seine Augen leuchteten. Seine Hände tanzten, als sie die Zahlen aufführten, die er sich wahrscheinlich schon seit langer Zeit wieder und wieder hatte durch den Kopf gehen lassen. »Also, das Tricycle wird hundertfünfzig Dollar kosten, dazu der Umbau, ich schätze, noch mal fünfzig Dollar. Dazu das Geld für das erste Benzin und das Eis und um die Fischer zu bezahlen… Ich denke, ich brauche dreihundert Dollar.«
»Ich gebe dir tausend«, sagte John und schrieb Manuel Melgar in die Rubrik Empfänger.
»Nein, Sir«, wehrte der ab. »Das ist gut gemeint, aber für so viel kann ich die Zinsen nicht aufbringen.«
»Du brauchst keine Zinsen aufzubringen. Ich schenke dir das Geld.«
Er wich ein Stück zurück. »Entschuldigen Sie, Sir, Mister Fontanelli. Das will ich nicht. Nein.«
»Ich kann es entbehren, glaub mir.«
»Darum geht es nicht. Es geht… darum!« Er schlug sich die Hand auf die Brust. »Sir, wenn… wenn ich einmal alt bin, will ich mir sagen können, dass ich es aus eigener Kraft geschafft habe, verstehen Sie? Dass ich alles meiner Idee verdanke. Meiner Arbeit. Nicht einem Almosen.« Er schüttelte entschieden den Kopf. »Es würde keinen Spaß machen so. Bitte, Sir, dreihundert Dollar als Darlehen. Ein Geschäft.«
John betrachtete ihn, wie er da stand, voller Energie und Entschlossenheit, und wünschte, er selber hätte mehr von beidem gehabt. Keep The Faith. Genau. »Gut, wenn du meinst«, nickte er. »Machen wir ein Geschäft. Dreihundert Dollar?«
»Dreihundert Dollar.«
»Wie viel ist das in Pesos?«
»Ich hätte es lieber in US-Dollar, Sir.«
»Alles klar.« Er füllte den Scheck aus und reichte ihn dem Jungen, der ihn mit beneidenswerter Freude entgegennahm. Was machte es schon, wenn sie es als Darlehen deklarierten?
Manuel verstaute den Scheck sorgsam in seiner Hosentasche. »Jetzt brauche ich noch Ihre Karte«, erklärte er sachlich.
»Meine Karte?«
»Ihre Visitenkarte. Mit Ihrer Anschrift. Damit ich weiß, wohin ich meine Raten schicken muss.«
»Ach so.« Er durchfingerte seine Taschen, fand eine Karte, gab sie ihm. Die würde er sicher mal seinen Kindern zeigen. Im Lauf der Zeit würde er dahinter kommen, dass es nichts machte, wenn er das Geld behielt; dass es selbst so schwer genug war.
Im Augenblick jedenfalls war er glücklich, bedankte sich vielmals, wünschte ihm alles Gute, bedankte sich noch einmal und machte dann, dass er davonkam mit seinem Scheck. John stand auf,
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