Eine Billion Dollar
denn der einzige Idiot, der sich noch anstrengt auf dieser Welt?«, knurrte er einmal, als er die Tür wieder hinter sich zuzog.
Das hier war harte Arbeit. Jede Akte stand für ein Geschäft, für einen Eroberungszug, eine Invasion. Und nicht alle dieser Projekte waren erfolgreich, im Gegenteil. Es wurde alles immer schwieriger. Die Börsennotierungen stiegen wie irrsinnig, die lächerlichsten Unternehmen wiesen auf einmal Börsenwerte im Milliardenbereich auf, irgendwelche Internetfirmen etwa, die buchstäblich aus nichts bestanden – einem Namen, einem Büro, ein paar lausigen Computern – und in ihrem Leben noch nie einen Cent Gewinn erwirtschaftet hatten. Na gut, die wollte er sowieso nicht haben, aber das zog sich durch. Telekommunikation etwa: Es war absehbar, wann das erste Telefonunternehmen mehr als hundert Milliarden Dollar wert sein würde. Unerschwinglich. Und was besonders bitter daran war: Er selbst hatte zu dieser Entwicklung maßgeblich beigetragen mit all den Börsenmanövern, die Fontanelli Enterprises in der Vergangenheit vollführt hatte. Die ganzen Firmenübernahmen, mit gehypten Aktien bezahlt, mit Luft sozusagen. Jetzt rächte es sich.
Endlich, zehn vor sieben, bequemte sich die erste Sekretärin, ihren Dienst anzutreten. »Kaffee«, bellte er sie an, noch ehe sie den Mantel ausgezogen hatte. »Eine ganze Kanne.«
Und John Fontanelli war in Italien, bei den Vacchis auch noch. Wenn die ihm nur nicht wieder irgendwelche Flöhe ins Ohr setzten. Er verspürte einen schier übermächtigen Impuls, irgendetwas an die Wand zu werfen, wenn er daran dachte, was er alles hätte bewirken können, welche unheilvollen Entwicklungen sich hätten verhindern lassen, wenn er das Fontanelli-Vermögen nur zwanzig Jahre früher zur Verfügung gehabt hätte. Zu spät! So oft musste er das denken, so oft zu diesem Schluss kommen. Zu langsam! Alles, was er anpackte, auf den Weg brachte, vorantrieb – es ging zu langsam, so viel er auch antreiben, drohen und reden mochte.
Er sah die Weltkarte hinter seinem Schreibtisch an, auf der alle Niederlassungen, Betriebe, Beteiligungen, Kooperationen und Tochterfirmen eingetragen waren, ihre Monopole und Märkte, der Grad ihrer Einflussnahme. Es war ein Imperium ohnegleichen, aber es war immer noch zu klein und zu schwach, um dem Lauf der Dinge Einhalt gebieten zu können. Und es war nicht zu erkennen, wie sich daran noch etwas ändern sollte. Sie hatten zu spät begonnen, und sie waren zu langsam vorangekommen.
An der Tür klopfte es. Der Kaffee. Er nahm ihn entgegen und verlangte, Professor Collins ans Telefon zu holen. Dann stand er da trank den Kaffee direkt aus der Kanne, starrte aus dem Fenster und wartete.
Zwanzig Jahre früher, und man hätte verhindern können, dass die Lawinen losgetreten wurden. Alles, was sie jetzt taten, war, zu versuchen, sie aufzuhalten. Aussichtslos.
Das Telefon. Collins, reichlich verschlafen. »Ich brauche Resultate«, forderte McCaine. »Ich komme zu Ihnen, sagen Sie nur, wann.«
»Nächsten Freitag?«, schlug der Professor vor. »Bis dahin –«
»Einverstanden. Freitag um fünf bin ich bei Ihnen«, sagte McCaine und legte auf.
»Weißt du, was mir ein bisschen peinlich ist?«, fragte John.
»Dass du dich völlig hemmungslos aufgeführt hast? Dass du geschrien hast wie ein brünstiger Stier?«
»Hab ich das?«
»Ich weiß nicht. Kann auch sein, dass ich es war.«
»Nein, mir ist peinlich, dass ich Marco und Chris vergessen habe. Die haben womöglich die ganze Nacht im Wagen gesessen. Und werden sich ihren Teil denken, was los war.«
»Ach so. Deine Leibgarde.« Ursula zog sich das Kissen übers Gesicht. »Ich hatte bis gerade eben erfolgreich verdrängt, was du für ein Leben führst.«
»Da erforscht diese Frau meine Herkunft bis in ungeahnte Vergangenheiten, und dann so was.«
»Grins nicht so. Das ist ein ernstes Problem für mich.«
»Meinst du, für mich nicht? Aber ich hatte damals nur die Wahl zwischen zu wenig Geld und zu viel Geld. Und wie es mit zu wenig Geld ist, wusste ich schon.«
»Was hätten sie eigentlich gemacht, wenn du das Erbe abgelehnt hättest?«
»Das habe ich mich bis jetzt noch nie gefragt. Hmm. Wäre sicher interessant gewesen, ihre Gesichter zu sehen, was?«
»Unbedingt. Mit einem Fotoapparat hättest du… He, was ist denn das?«
»Rate mal.«
»Also, falls Jakob Fugger tatsächlich impotent gewesen sein sollte, muss ich meine Theorie noch einmal überdenken…«
Als sie das zweite
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