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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Nachtisch wurden die Fotoalben herausgekramt, und John bekam Ursula als nacktes Kleinkind, im Kindergarten, bei der Einschulung und halbwüchsig beim Urlaub in Ungarn zu sehen. Sie mussten sich noch Dias von der Reise der Valens nach Gran Canaria ansehen, zur Feier des dreißigsten Hochzeitstages, und als sie sich schließlich verabschiedeten, war es fast Mitternacht und Vater Valen nicht mehr ganz nüchtern.
    Es regnete leicht. Die auffallend schweigsamen Bodyguards fuhren sie zu Ursulas Wohnung am anderen Ende der Stadt und bleckten nur die Zähne, als John ihnen versicherte, sie diese Nacht nicht mehr zu brauchen.
     
    Als McCaine das Institut am späten Abend verließ, fielen die ersten Tropfen, und bis er vor dem Gasthof in Hartford parkte, in dem er vorbestellt hatte, war ein Wolkenbruch im Gange. Er war der einzige Gast in dieser Nacht und das Zimmer, das er bekam, fast zu groß für einen einzelnen Menschen. Er warf die Reisetasche und seinen nassen Mantel auf das verloren wirkende Doppelbett, trat, ohne das Licht anzuschalten, an die Tür zur Terrasse.
    An Schlaf war nicht zu denken. Der Regen prasselte herab, als warte irgendwo wieder eine Arche auf die große Flut, und Blitze zuckten und Donner krachten, als gelte es, den Himmel in Stücke zu hauen.

38
    Wie konnte das sein? Er hatte doch alles getan, was getan werden konnte, hatte Nächte geopfert, Freunde, Beziehungen, hatte gehungert für das Studium, hatte sich wirklich nicht geschont, nein, das hatte er nicht – und dennoch…
    Wie konnte das sein? Es hatte alles so gut zusammengepasst. Das Schicksal hatte ihn für diese Aufgabe bestimmt, dessen war er sich immer sicher gewesen. Die Vorsehung hatte ihm die Schritte geleitet, hatte ihn an den Platz gestellt, an dem er schließlich gestanden hatte, als es endlich so weit gewesen war… Er hatte ein Leben daran gegeben, seiner Bestimmung zu folgen, das konnte man mit Fug und Recht sagen. Nicht nur eines. Und dennoch sollte alles vergebens gewesen sein?
    Unvorstellbar. Unmöglich.
    Unerträglich.
    McCaine starrte durch die Scheibe hinaus in das Toben der Elemente, die Hand auf das kühle Glas gepresst, den eigenen Puls in den Fingerspitzen pochen fühlend. Der Regen peitschte mit Wucht gegen das Fenster, wurde zu blasigen Schlieren, duckte sich unter der Gewalt des Sturms. Die Straße drunten war nicht mehr zu sehen, nicht einmal, wenn wieder ein Blitz aufflammte, siedend-grell, blauweißes Licht von ungeheurer Gewalt, Schattenrisse hinter staubignebligen, aufleuchtenden Schleiern auf den Netzhäuten seiner starren Augen zurücklassend. Irgendwo riss und schlug ein Fensterladen, ein Hund heulte erbärmlich, als würde ihm das Fell bei lebendigem Leib abgezogen, doch beides waren nur schwache, leblose Hintergrundgeräusche, die kaum durch das Toben des Sturms hindurchdrangen.
    Und die Donnerschläge, Explosionen von Weltuntergangsgewalt, schädelspaltend, einem das Blut zu Staub werden lassend. Er stand nur und ließ es geschehen, ließ sich vom Widerhall der kochenden Gewalten durchschauern, alles, wenn es nur ein wenig von der Verzweiflung löschen mochte, die in ihm brannte und loderte, dass es ihn verzehrte.
    Zu spät. Zu langsam. Was er geahnt hatte, die Hochrechnungen des Professors hatten es ihm bestätigt. Er hatte zu spät begonnen mit dem, was getan werden musste. Er hatte zu lange gewartet. Was er immer befürchtet hatte, seit die Vacchis ihn aus dem Haus gejagt hatten.
    Er hatte versagt… Nein. Das konnte nicht sein, konnte nicht, konnte nicht. Er hatte alles getan, alles gegeben, er hatte seinen Teil erfüllt, wahrhaftig. Es war an der Vorsehung selbst, den ihren zu erfüllen.
    Wieder ein Blitz und ein Donner, zugleich diesmal, auf ihn herabfahrend wie das Strafgericht Gottes. Er fuhr von der Scheibe zurück, geblendet, taub, glaubte sich einen Herzschlag lang in Stücke gerissen und hätte gejubelt, wäre es so gewesen. Die Krawatte würgte ihn, er riss sie sich vom Hals, riss sich das Jackett herunter, warf beides achtlos in die Dunkelheit hinter sich. Es wollte ihm nicht in den Schädel – diese ungeheuren, diese unvergleichlichen Mittel, die ihm in die Hände gegeben waren, diese nie vorher da gewesene Macht, dieser alle Vorstellungskraft sprengende Reichtum, all das sollte nichts sein, sollte nicht reichen, den Lauf der Welt aus der Bahn des Verderbens umzuleiten in eine Bahn anhaltenden Lebens, eine Bahn, die in eine Zukunft führte, die diesen Namen auch verdiente? Sollte es wirklich

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