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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Entführer mit ihm vorhatten. Das sagte er sich und starrte den Kakerlaken-Spalt an und wartete, und dann hielt er es doch nicht mehr aus und stand wieder auf, um weiter zu lauschen.
    So lauschte er und hörte plötzlich seinen Namen.
    Der Klang des eigenen Namens hat etwas Magisches. Selbst wenn man unaufmerksam ist, selbst wenn man von einer Sprache umgeben ist, von der man keine Silbe versteht, ja sogar wenn man mitten in einer Menschenmenge steht, in der alle durcheinander reden – sobald der eigene Name fällt, hört man das heraus. Und gerade weil man nicht darauf gefasst war, durchfährt es einen wie ein leichter Schock.
    John hörte seinen Namen. Und es war eine Stimme aus dem Fernseher, die ihn nannte.
    Er zuckte zurück, erschrocken. Das musste eine Halluzination gewesen sein, oder? Bestimmt, sagten die Risse und Flecken der Mauer vor ihm. Er presste das Ohr wieder auf das kalte Metall und hörte mit angehaltenem Atem, wie plötzlich Aufregung in die Stimmen der Männer kam.
    Man verfolgte die Nachrichtenmeldung. Nervöses Raunen. Der Apparat wurde in den nächsten Kanal geschaltet, das Raunen wurde zu aufgebrachtem Gezeter. Einer fiel dem anderen ins Wort, hin und her ging es, immer lauter, bis schließlich einer sich Gehör verschaffte und die Übrigen zum Schweigen brachte.
    Er schien zu telefonieren, herrschte jemanden unfreundlich an. Der Hörer wurde knallend aufgelegt, und die Aufregung brandete wieder hoch, klang mehr und mehr nach heller Panik.
    Es war etwas schief gegangen.
    John trat von dem Rohr weg und musste die Hand auf die Brust legen, so heftig schlug sein Herz gegen die Rippen. Das war nicht gut. Das war sogar ausgesprochen schlecht. Irgendetwas war anders gelaufen, als seine Entführer sich das vorgestellt hatten, und er hatte genug Geschichten über Entführungen gelesen, um zu wissen, dass das für ihn gefährlich werden konnte.
    Er versuchte, ruhig zu atmen und keine verdächtigen Geräusche mit der Kette zu machen, und kehrte in die Lauschposition zurück.
    Immer noch Aufregung, immerhin auf gleich bleibendem Level. Nach einer Weile schlug eine Tür, man hörte schwere Schritte, und eine neue Stimme mischte sich ein, die nur gebrochen Spanisch sprach und in der John die Stimme Randolph Bleekers zu erkennen glaubte.
    Die Männer setzten ihm heftig zu, attackierten ihn mit Vorwürfen, und anscheinend nicht nur mit Vorwürfen. Bleeker hielt dagegen, redete, schrie, beschwor und schimpfte, und endlich begriff John, was schief gegangen sein musste: Seine Entführer hatten nicht gewusst, wen sie da entführten. Sie hatten nicht gewusst, wer er war. Erst in dem Moment, als das Fernsehen von der Entführung des reichsten Mannes der Welt berichtet hatte, war ihnen aufgegangen, wen sie da in ihrem Verlies angekettet sitzen hatten. Und nun bekamen sie es mit der Angst zu tun.
    Wahrscheinlich waren sie tatsächlich berufsmäßige Entführer, kidnappten ab und zu mehr oder weniger wohlhabende Leute, ließen sie gegen ein angemessenes Entgelt wieder laufen und verdienten so ihren Lebensunterhalt. Die Polizei mochte überfordert sein, diesen Fällen nachzugehen, oder erfuhr erst gar nicht davon. Aber, so sagten sie sich jetzt zweifellos, die Entführung eines John Fontanelli würde niemand auf sich beruhen lassen. Himmel und Hölle würden in Bewegung gesetzt werden, um sie zu finden, und würden in Bewegung bleiben, bis man sie gefunden hatte. Diese Sache war eine Nummer zu groß für sie.
    Bleeker versuchte zweifellos, sie vom Gegenteil zu überzeugen. Er fluchte und argumentierte, wollte sicher, dass sie wie geplant weitermachen sollten, aber die Männer schrien jetzt alle durcheinander, Stühle fielen um, es klang nach Handgemenge und Schlägerei, und schließlich warfen sie Bleeker hinaus. John hörte den ehemaligen Anwalt dreckige amerikanische Flüche schreien, aber da klang er schon, als hätten sie ihn in den Flur gedrängt, und gleich darauf fiel die Tür ins Schloss.
    John trat einen Schritt zurück.
    Sie werden mich töten, dachte er und fühlte einen kristallenen Schrecken in sich aufsteigen, ihm Herz und Kehle vereisen. Sie werden kommen und mich töten.
    Er ließ sich auf die Matratze hinabsinken und fragte sich, wie sie es tun würden. Mit einem Schuss, mit einem Messerstich? Würde es wehtun? Und hier, mein Gott, in diesem Gelass, das nach Urin stank. Was für ein Ende für den Mann, der ausersehen gewesen war, eine göttliche Prophezeiung zu erfüllen.
    Ein würgendes Lachen

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