Eine Billion Dollar
nickte zögernd. »Ein Amricano. Mein Sohn hat ihn gefunden. Ich dachte, er stirbt am Fieber, aber er ist nicht gestorben. Die Mutter Gottes hat ihn bewahrt.« Sie hob die Hände. »Aber er ist nicht mehr da. Er ist vor einer Woche gegangen.«
»Ja, ich weiß.« Arturo Sanchez sah sich um. »Können wir hier irgendwo…? Ach, was soll’s.« Er legte seinen Koffer auf den nächstbesten Trümmerstein und ließ das glänzende Schnappschloss aufspringen, holte einen Notizblock heraus und einen Stift, den er ihr reichte. »Bitte schreiben Sie Ihren Namen auf dieses Blatt Papier.«
Sie schien sich zu genieren, schrieb aber schließlich ihren Namen auf. Der Anwalt holte die Fotokopie hervor, die man ihm geschickt hatte, und verglich die Schriftzüge. Sie war es, kein Zweifel.
» Seora Berthier«, sagte er, »der Mann, den Sie gepflegt haben, hieß John Fontanelli, und er hat mich beauftragt, Sie zu finden. Er will sich dafür bedanken, dass Sie ihm das Leben gerettet haben. Und weil er ein reicher Mann ist, will er Ihnen etwas schenken.«
Von irgendwoher tauchte ein kleiner Junge auf und flüchtete sich hinter den Rock seiner Mutter. Sanchez hielt inne und betrachtete die beiden, wie sie da standen, inmitten all des Elends. Sie hatten es verdient, weiß Gott.
»Etwas schenken?«, fragte sie mit großen Augen.
Sanchez nickte und holte die Unterlagen heraus. »Es handelt sich um eine Wohnung in der Neubausiedlung San Rosario, einen einmaligen Betrag für Möbel, Kleidung und dergleichen und eine großzügige monatliche Rente für den Rest Ihres Lebens. Mister Fontanelli lässt Ihnen ausrichten, dass er glücklich wäre, wenn Sie all dies als sein Geschenk annehmen würden. Ihr Sohn könnte dort die Schule besuchen«, fügte er hinzu.
»Die Schule?«, echote sie mit großen Augen. Sie sah sich um, schien zum ersten Mal wahrzunehmen, in was für einer Umgebung sie bis jetzt gelebt hatte. Ein Schimmer von Entsetzen glomm in ihrem Gesicht auf.
Sanchez legte die Unterlagen zurück in die Tasche. Das hatte alles Zeit. »Ich habe oben einen Wagen«, sagte er. »Wenn Sie wollen, können wir sofort gehen.«
43
Samstag, der 29. November 1997, war ein feuchter, nasskalter Tag in London. Dicker Nebel lastete auf der Stadt, verschluckte die Spitzen der Hochhäuser, ließ die Silhouette der Tower Bridge wie ein knochiges Gespenst erscheinen und verlieh den Schlägen Big Bens einen gruseligen Klang. In der Nacht hatte es geregnet, kalten, bissigen Nieselregen, der den nahenden Winter ankündigte. Es war ein Tag, an dem niemand ohne Not das Haus verließ.
Gegen Mittag tauchte die Sonne hinter dem Nebel auf, eine weiß glimmende Scheibe im weißen Dunst, der aus der breit fließenden Themse emporwallte. Die City mit ihren kühlen, altehrwürdigen Häuserfronten und beeindruckend aufragenden Bauten lag verlassen, abgesehen von Wachmännern, die mit hochgeschlagenen Mantelkragen ihre Runden drehten, und hier und da einem Mann in feinem Zwirn, der eiligen Schrittes die nächste U-Bahn-Station anstrebte. Der Pförtner, der im Erdgeschoss des Fontanelli-Gebäudes Dienst tat, sah deshalb von seiner Zeitung auf, als eines der unverkennbaren Londoner Taxis auf der Auffahrt vor dem Haupteingang hielt.
Ein Mann stieg aus. Er trug eine dunkelgrüne Wachsjacke mit Kapuze, und ohne dem davonfahrenden Taxi einen weiteren Blick zu gönnen – was nach den diesbezüglich umfassenden Beobachtungen des Pförtners fast jeder tat –, kam er auf das Gebäude zumarschiert. In seinen Bewegungen schwang eine Entschlossenheit, die einem fast Furcht einjagen konnte. Er wirkte wie ein menschlicher Panzer mit der Absicht, durch das Eingangsportal zu brechen, mochte es hundertmal aus schusssicherem Glas gebaut sein. Der Pförtner tat die Zeitung beiseite und legte die Hand auf den Alarmknopf.
Er atmete unmerklich auf, als der Mann anhielt, um einen Zugangscode einzutippen, wie das jeder Angestellte außerhalb der allgemeinen Bürozeiten tun musste. Doch das Schloss klickte nicht. Stattdessen glomm ein rotes Lämpchen auf dem Pult auf. Falscher Code hieß das.
Der Pförtner runzelte die Stirn. Am besten, er rief gleich einen von den Sicherheitsleuten, oder? Der konnte hinausgehen und sich den Kerl einmal genauer ansehen.
Er versuchte es ein zweites Mal, wieder ohne Erfolg. Dann gab er auf, kam um das Portal herum direkt auf das Fenster zu, klopfte gegen die Scheibe und schlug die Kapuze zurück.
»Mister Fontanelli!«, entfuhr es dem Pförtner.
Der
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