Eine Billion Dollar
Unternehmensberatung gezahlt. Eine Milliarde Dollar!«
Paul sah ihn verdutzt an, saß einen endlosen Lidschlag lang wie erstarrt und platzte dann mit einem prustenden Lachen heraus. »Und du denkst«, rief er begeistert, »dass McCaine dich deswegen aus dem Weg räumen lassen wollte? Weil du ihm auf die Schliche gekommen bist?«
John sah ihm finster zu, wie er schier zusammenbrach vor Lachen. »Was ist daran so komisch?«
»Oh, John…« Er lachte wahrhaftig Tränen. »Im Grunde bist du eben immer noch der Schuhmachersohn aus New Jersey. Für den schon eine Million mehr ist, als er sich vorstellen kann. Oh, John, das ist wirklich köstlich…«
»Soll das heißen, das ist ein alberner Verdacht?«
»Albern?«, beölte sich Paul. »Mehr als albern – dafür gibt’s überhaupt kein Wort…«
John lehnte sich zurück und wartete, bis Paul sich wieder einigermaßen gefangen hatte. »Freut mich ja, dass du auch ein bisschen Spaß mit mir hast«, sagte er dann, »aber ich würde gern mitlachen.«
»John«, begann Paul, immer noch damit beschäftigt, sich die Augenwinkel und Wangen trockenzureiben, »du hast dich für die Buchhaltung interessiert. Dann kannst du mir sicher ein paar elementare Kennzahlen sagen. Und damit lassen sich dann ein paar elementare Überlegungen anstellen. Wie hoch war zum Beispiel der Konzernumsatz letztes Jahr?«
John furchte die Stirn. »Etwas über 2,4 Billionen Dollar.«
»Und der operating profit? Der Rohertrag also.«
»Knapp 180 Milliarden Dollar.«
Paul wälzte die Zahlen im Kopf hin und her. »Na ja«, meinte er, »nicht unbedingt eine glänzende Kennzahl, aber für einen Konzern dieser Größe passabel. Wie viel Mitarbeiter hat Fontanelli Enterprises insgesamt?«
»Siebeneinhalb Millionen.«
»Mehr als die Bevölkerung Finnlands, anbei bemerkt. Wie hoch sind die gesamten Personalkosten?«
John zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung.«
»Hmm«, machte Paul. »Vorsichtig geschätzt, eine halbe Billion Dollar pro Jahr. Kommt auf den Anteil in Billiglohnländern an.« Er grinste. »Und da glaubst du, McCaine zuckt auch nur mit der Wimper wegen einer lumpigen Milliarde? Geschweige denn, dass er finstere Pläne schmiedet? Ich bitte dich.«
John nickte. Im Grunde erleichterte es ihn, das zu hören. Das plötzliche Misstrauen McCaine gegenüber hatte ihm die ganze Zeit auf der Seele gelegen, ohne dass er sich dessen bewusst gewesen war. »Ich glaube, du hast Recht. Was den Schuhmachersohn anbelangt. Eigentlich habe ich mich bis jetzt allerhöchstem an die Größenordnung ›Million‹ gewöhnt. Eine Milliarde – für Beratung – mein Gott, hab ich gedacht, das sind ja Unsummen…«
»Mir kommt es eher bescheiden vor«, meinte Paul mit einem Kopfschütteln. »Ich habe mich schon die ganze Zeit gefragt, wie McCaine das alles bewältigt. Ich meine, er ist ein wahres Monstrum von einem Manager. In so wenigen Jahren einen solchen Konzern aus dem Boden zu stampfen…«
»Er hat ja mein Geld zur Verfügung gehabt«, wandte John ein.
»Dann überleg dir doch einfach mal, wie weit du allein damit heute wärst«, empfahl ihm Paul. »Nein, das ist schon eine reife Leistung, die ihm so leicht keiner nachmacht. Gut, er ist sicher keine rundum sympathische Person. Aber das war Henry Ford auch nicht.« Er überlegte. »So auf die Schnelle fällt mir eigentlich überhaupt kein großer Unternehmer ein, der nicht mindestens eine massive Macke gehabt hätte. Ich schätze, das ist der Preis.«
»Hmm«, machte John. So richtig zufrieden war er immer noch nicht. Da war immer noch etwas, irgendein Detail, das seiner Aufmerksamkeit entgangen, aber dennoch wichtig war. Ein Zusammenhang, aber verdammt, er hatte keine Ahnung, wo er danach suchen sollte.
»Es spricht eher für ihn, dass er sich Unternehmensberater ins Haus holt, ohne durch eine Krise dazu gezwungen zu sein«, führte Paul weiter aus, und jetzt wirkte er gerade, als hielte er einen Vortrag vor einem Saal interessierter Zuhörer aus Wirtschaft und Forschung. »Gerade jemand in der Position, die McCaine innehat, steht in der Gefahr, zu wenig kritische Stimmen zu hören und sein eigenes Urteil absolut zu setzen. Was zur Folge hätte, dass er den Kontakt zur Realität verliert, ohne es zu merken, und mehr und mehr unsinnige oder gefährliche Entscheidungen trifft. Offenbar war er sich dieser Gefahr bewusst. Innerhalb eines Unternehmens eine Kultur der Kritik aufrechtzuerhalten ist eine schwierige Sache, bei einem Unternehmen der Größe
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