Eine Billion Dollar
hättest zur Polizei gehen können.«
»Ja.«
»Die suchen immer noch nach dir.«
»Das will ich auch schwer hoffen.«
»Zumindest hättest du deine Bodyguards anrufen können.«
»Wollte ich auch zuerst.« John atmete geräuschvoll durch. »Ich kann es dir nicht genau sagen. Es war ein… Gefühl. Eingebung, möchte ich fast sagen. Eine Stimme, die mir geraten hat, lieber unauffällig aus all dem zu verschwinden und mich erst einmal versteckt zu halten.«
Paul musterte ihn skeptisch. »Eine Stimme.«
»Na ja, nicht wirklich eine Stimme«, gab John zu. »Ich weiß nicht genau, was es war. Ein Gefühl, wie man es manchmal hat, wenn man mit der Zunge über die Zähne tastet und etwas fühlt sich nicht in Ordnung an – aber man guckt im Spiegel nach und sieht nichts.«
»Hmm«, machte Paul.
John schob ein paar Krümel vor sich auf der Tischdecke zusammen. »Dieser Bleeker hat etwas von Auftraggebern gesagt. Das lässt mir keine Ruhe.«
Pauls Wohnung in Washington ähnelte derjenigen, die er in Manhattan gehabt hatte, so stark, dass John eine Weile das Gefühl hatte, an keinem bestimmten Ort zu sein. Der Blick ging nicht mehr über den Hudson, sondern über den Potomac River, und in der Ferne war das Capitol zu erahnen, aber es waren dieselben Möbel, derselbe erlesene Geschmack und fast die gleiche Raumaufteilung.
»Es war auch dieselbe Baufirma«, meinte Paul. »Ich schätze, es ist preisgünstiger, einen bewährten Bauplan wieder zu verwenden.«
Es war alles glatt gegangen. Sie waren ohne Zwischenfall durch das mexikanische Hochland gefahren, hatten die Grenze bei Laredo ohne Fragen passiert und die nächstmögliche Flugverbindung nach Washington genommen. Bei der Rückgabe des Wagens hatte Paul sich über den Geruch beschwert, der im Lauf der Fahrt immer schlimmer geworden sei, worauf der Angestellte der Autovermietung meinte, es könne an einem Defekt im Lüftungssystem liegen, einen nachträglichen Preisnachlass anbot und aufatmete als Paul das ablehnte; so schlimm sei es nun auch wieder nicht gewesen.
»Ich habe der Putzfrau übrigens frei gegeben«, erklärte Paul, als er mit Einkäufen fürs Wochenende zurückkam. »Wir müssen unseren Dreck also selber wegmachen, solange du da bist.«
»Kein Problem.« John hatte es sich vor dem Fernseher bequem gemacht und die Nachrichten studiert. McCaine schien es geschafft zu haben, die Yamaichi-Bank in den Konkurs zu treiben und die japanische Regierung in einen Finanzskandal zu verwickeln; eine Filmsequenz, in der ein weinender Finanzminister sich wieder und wieder verbeugte und um Verzeihung bat, wurde ständig wiederholt. Ein Bankdirektor, hieß es, habe Selbstmord verübt.
Über das Verschwinden John Fontanellis vor über drei Wochen wurde nur am Rande berichtet. Eine Sonderkommission der Polizei gehe jedem Hinweis aus der Bevölkerung sorgfältig nach, die Hinweise auf eine Entführung verdichteten sich, aber es seien immer noch keine Forderungen gestellt worden, zumindest keine glaubwürdigen. Es klang, als wisse man im Grunde nichts.
»Was hast du jetzt vor?«, fragte Paul später. Sie saßen am Esstisch, genau vor der Fensterfront mit der großartigen Aussicht. Paul hatte gekocht, und es schmeckte großartig, obwohl es ein schlichtes Gericht war. John fragte sich, ob es etwas gab, in dem sein Jugendfreund nicht hervorragend war.
»Gestern vor dem Einschlafen«, erzählte er und ließ den Blick über das feenhafte Glitzern des Flusses hinweg in die Ferne gleiten, »kam mir ein Gedanke. Ein ziemlich ungeheuerlicher Gedanke, um ehrlich zu sein, und am liebsten würde ich ihn mit Stumpf und Stiel ausreißen und vergessen, aber irgendwie geht das nicht.«
»Das haben Gedanken manchmal so an sich.«
»Es ist ein Verdacht.«
»Das liegt nahe.«
John fing an, sein Glas auf dem Tisch umherzuschieben und Messer und Gabel auf dem Teller symmetrisch auszurichten. »Ein paar Tage, ehe McCaine mich nach Mexiko geschickt hat«, fing er stockend an zu berichten, »hatte ich gerade angefangen, mich für die Buchhaltung des Konzerns zu interessieren. Bis dahin hat mich das nicht die Bohne interessiert, verstehst du? In der ersten Zeit hätte ich nichts damit anfangen können, aber inzwischen habe ich schon das eine oder andere mitgekriegt, jedenfalls… ich habe angefangen, Fragen zu stellen.«
»Spannend«, meinte Paul trocken. »Klingt wie eine Folge aus Denver Clan .«
»Paul, Fontanelli Enterprises hat eine Milliarde Dollar an Honoraren an eine
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