Eine Billion Dollar
Signore«, warf Marco ein. »Die größte Gefahr, die Ihnen droht, ist die einer Entführung, um Lösegeld zu erpressen. Abgesehen von Situationen, die direkte körperliche Durchsetzung erfordern, etwa wenn es darum geht, Sie unbeschadet durch eine andrängende Menge zu bringen, werde ich mich immer nur so nahe bei Ihnen aufhalten, wie nötig ist, um diese Gefahr so weit wie möglich auszuschalten.«
John starrte den Hünen an. Ihm kam zu Bewusstsein, dass er automatisch davon ausgegangen war, ein Mann mit solchen Muskelbergen könne nicht auch noch imstande sein, einen klugen Gedanken zu fassen oder sich gar allgemein verständlich auszudrücken. »Eine… Entführung«, brachte er hervor. »Ich verstehe.«
»Heute Nachmittag treffen noch einige meiner Kollegen ein«, fuhr Marco fort, »die das Anwesen mit Schäferhunden und zusätzlichen Alarmanlagen sichern werden. Ziel ist es, zu erreichen, dass Ihr Schlafzimmer absolut sicher ist, ohne dass jemand von uns darin anwesend sein muss.«
»Oh. Großartig.«
»Auch außerhalb Ihres Zimmers können Sie sich auf unsere Diskretion hundertprozentig verlassen«, versicherte der Bodyguard ernst. Er klang eher wie ein Soziologiedozent als wie jemand, dessen Beruf es war, täglich Stahlgewichte zu stemmen und Karatetritte zu trainieren.
»Schön«, sagte John. Dann fiel ihm noch etwas ein. »Darf ich wissen, wie Sie mit Nachnamen heißen?«
Die Frage schien den Hünen etwas aus der Fassung zu bringen. »Das hat bis jetzt noch niemand wissen wollen«, bekannte er. »Benetti. Mein Name ist Marco Benetti.«
»Angenehm«, nickte John, und sie schüttelten sich noch einmal die Hände.
Nach und nach verwandelte sich das Anwesen in eine Festung. Männer mit Schulterhalftern und Schäferhunden patrouillierten rund um das Gebäude. Bei Nacht blieb die Außenbeleuchtung eingeschaltet. An jeder Hausecke wurden Kameras installiert. Auf der anderen Seite der alten, massiven Gitterzäune harrte die Menge der Reporter aus, in Campingwagen, unter Sonnenschirmen, jeden Schritt um das Haus und jede Bewegung hinter den Fenstern verfolgend. Jeden Tag erschienen sie John mehr und mehr wie eine gierige Meute fremdartiger Raubtiere.
Wenn man durch die Flure ging, hörte man, weit entfernt und durch viele Türen gedämpft, ständig irgendwo ein Telefon klingeln. Gregorio, Alberto und Eduardo wechselten sich darin ab, alle paar Stunden in den Hof hinaus und ans Tor zu gehen, um Fragen der Journalisten zu beantworten. Das kam John alles vor wie eine Sturmflut, die gegen die Mauern dieses Gebäudes anbrandete, entfesselte Naturgewalten, gegen die es keinen Schutz auf Dauer gab.
Am selben Tag, an dem die Leibwächter ihre Arbeit aufgenommen hatten, war ihm noch jemand vorgestellt worden, ein kleiner älterer Mann von auffallend aufrechter Haltung, der um die sechzig sein mochte und Sprachlehrer für Italienisch war.
»Ich spreche doch Italienisch«, sagte John.
»Scusi«, schüttelte der professore den Kopf. »Was Sie tun, ist, die Sprache Ihrer Ahnen zu vergewaltigen. Sie sprechen ein Kaugummi-Italienisch. Ihre Wortwahl ist grotesk, Ihr Satzbau eine Katastrophe. Lassen Sie uns sofort beginnen zu arbeiten.«
Und so zogen sie sich jeden Vormittag und jeden Nachmittag zwei Stunden in die Bibliothek zurück, wo John unter der Anleitung des professore italienische Vokabeln paukte, die Regeln der Grammatik lernte, Konversation übte und immer, immer wieder Sätze mit verbesserter Intonation wiederholen musste.
Der professore bezog eines der kleineren Gästezimmer im Haus der Vacchis, ein weiteres wurde am darauf folgenden Tag belegt durch eine etwas füllige, aber überaus elegante Dame mittleren Alters. »Signora Orsini ist Tanz-und Benimmlehrerin aus Florenz«, stellte ein unverschämt grinsender Eduardo sie vor. »Sie hat seinerzeit versucht, mir gute Manieren beizubringen. Vielleicht hat sie mit Ihnen mehr Glück.«
»Ich denke mir das folgendermaßen«, erklärte Signora Orsini mit einem warmen, verbindlichen Lächeln. »Vormittags beschäftigen wir uns mit Fragen der Etikette, den späteren Nachmittag widmen wir dem Tanzunterricht. Sie müssen unbedingt tanzen können, um sich mit angemessener Sicherheit auf dem gesellschaftlichen Parkett bewegen zu können.«
Irgendwie hatte John erwartet, dass eine Tanzlehrerin so etwas sagen würde. »Vormittags habe ich schon Sprachunterricht«, wagte er zu erwidern.
»Dann stehen Sie etwas früher auf«, beschied Signora Orsini ihn
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