Eine Billion Dollar
nie gesehen.
»Außerdem hat der Heilige Vater mir aufgetragen, Ihnen das hier zu überreichen.« Auf eine kurze Handbewegung hin förderte der blasse Assistent von irgendwo unter seiner Soutane einen großformatigen Bildband mit dem Porträt des Papstes auf dem Umschlag zutage, reichte es dem Kardinal, der es, ohne seinen Begleiter eines Blickes zu würdigen, an John weiterreichte. »Ein Geschenk Seiner Heiligkeit.«
John wog das Buch in Händen. Bilder aus dem Leben Papst Johannes Pauls II. »Danke sehr«, sagte er und wünschte sich, er hätte es mit mehr Aufrichtigkeit sagen können.
»Schlagen Sie es auf«, forderte der Kardinal ihn auf. »Es ist signiert.«
»Wie schön«, murmelte John ergeben und blätterte bis zum Deckblatt. Das war mit einem breiten Filzstift vollgekrakelt, aber er konnte kein einziges Wort entziffern. »Vielen Dank.« Er klappte das Buch wieder zu und legte es vor sich auf den Couchtisch.
Der Kardinal faltete die Hände in einer erhaben wirkenden Geste. »John, Sie werden bald der reichste Mann der Welt sein. Viele Leute werden kommen, um Ihnen Investitionsmöglichkeiten für Ihr Geld anzubieten. Ich bin, um es geradeheraus zu sagen, gekommen, um Sie zu bitten, einen Teil Ihres Vermögens wohltätigen Zwecken zu widmen.«
Wenigstens redete er nicht lange um den heißen Brei herum.
Und er schien auch nicht vorzuhaben, auf Johns Erwiderungen zu warten. Er ließ sich von seinem schwarz gekleideten Adlatus eine Mappe geben, aus der er Fotos von Kindern zog, dunkelhäutig die meisten von ihnen, die an Webrahmen saßen, Körbe mit Ziegeln darin auf dem Rücken schleppten oder in dunklen Kellern mit nassen Stoffballen hantierten. »Kinderarbeit ist immer noch weit verbreitet, und Hunderttausende von Kindern arbeiten unter Bedingungen, die man nur als Sklaverei bezeichnen kann. Sie werden von Eltern, die sie nicht ernähren können, für ein paar Dollar in Schuldverhältnisse verkauft, aus denen viele nie wieder entkommen. Da sich der Heilige Vater sehr um das Wohlergehen der Kinder dieser Welt sorgt, hat er mich mit einem Projekt betraut, das, kurz gesagt, zum Ziel hat, möglichst viele dieser Kinder aus der Sklaverei freizukaufen.«
»Sklaverei?«, echote John und betrachtete die Fotos. »Das gibt es noch?«
»Man nennt es nicht so. Die offizielle Lesart ist, dass die Kinder die Schulden ihrer Eltern abzahlen. Aber im Wesentlichen ist das dasselbe.« Der Kardinal entfaltete die Hände wieder, um sie salbungsvoll auszubreiten. »Schon wenige Millionen Dollar könnten hier wahre Wunder bewirken…«
In diesem Augenblick wurde die Tür aufgerissen, und ein völlig atemloser Gregorio streckte den Kopf herein. »John! Eduardo!«, keuchte er. »Kommt, schnell. Das müsst ihr euch ansehen… auf CNN, die neuesten Nachrichten… Nicht zu fassen! Entschuldigung, Euer Eminenz…«
John und Eduardo tauschten einen verwunderten Blick.
»Es scheint wichtig zu sein«, meinte der Kardinal mit gütigem Lächeln. »Gehen Sie nur. Ich warte solange.«
Also gingen sie mit, mehr aus Sorge um Gregorios Zustand als aus Interesse an irgendwelchen Nachrichten, folgten dem keuchenden Mann die Treppe hinauf in den kleinen Salon im ersten Stock. Über den großen Bildschirm dort flimmerte das gewohnt unruhige CNN-Design, eine Journalistin beendete gerade ein Gespräch mit einem Reporter vor Ort mit ein paar nichtssagenden Bemerkungen, Werbung wurde eingeblendet. Der Padrone saß in einem tiefen Sessel, vorgebeugt, das Kinn auf die aufgestellten und gefalteten Hände gelegt. Gregorio blieb schwer atmend hinter der Couch stehen, stützte die Arme darauf, schüttelte den Kopf und keuchte: »So eine Blamage. So eine Blamage.«
John trat neben Alberto, der reglos dastand und das Geschehen mit einem großen Drink in der Hand verfolgte. »Was ist denn los?«
»Ihr Bruder Lino hat aus einer vier Jahre zurückliegenden Affäre einen unehelichen Sohn«, sagte Alberto. »Wenn das stimmt, ist er der Erbe des Fontanelli-Vermögens.«
7
Er hatte es tatsächlich getan. Genau das, was sie vermutet hatte. Susan Winter drehte den Ton ihres Fernsehers ab, nahm das Telefon, legte den Zettel mit der Nummer vor sich hin und starrte darauf. Sie hätte es gern noch vor sich her geschoben, aber wenn sie nutzen wollte, was sie wusste, dann musste sie es jetzt tun.
Pech in der Liebe. Glück im Spiel. Jetzt galt es, alles oder nichts. Sie tippte die Ziffern der Telefonnummer, die ihr vorkamen wie die Gewinnzahlen einer
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