Eine Billion Dollar
knapp.
Einmal, als er auf dem Weg vom Sprachunterricht zu seinem Termin mit Signora Orsini die Treppe hinabging, sah er Eduardo mit einem großen Karton voller Briefe hereinkommen und hörte ihn zu seinem Vater sagen: »Wir werden ein Sekretariat einrichten müssen.«
Gregorio Vacchi nahm einen Brief heraus und betrachtete ihn. »Das sieht aus wie Russisch.«
»Ein großes Sekretariat«, sagte Eduardo. »Das ist bestimmt erst der Anfang.«
So wartete alles auf den großen Tag. Jeden Tag standen neue Berichte in den Zeitungen, wurden Details aus Johns Leben über das Fernsehen in die Welt hinausposaunt, die er selber längst vergessen hatte. Er telefonierte mit seiner Mutter, die ihm aufgebracht erzählte, wie aufdringlich die Fernsehleute seien. Über CNN erfuhr er, welch hohe Meinung ehemalige Mitschüler und Lehrer von ihm hatten. NBC brachte ein Interview mit Sarah Brickman, in dessen Verlauf sie mehrfach betonte, John sei die große, ja die einzige Liebe ihres Lebens gewesen.
Der Mann hatte geduldig in der Halle gewartet, bis Johns Italienischstunde beendet war. »Belfiore«, stellte er sich mit einigen Verbeugungen vor, die zeigten, dass sein Haar sich bereits zu lichten begann. »Ich komme, nun, sozusagen im Auftrag der Regierung…«
»Im Auftrag der Regierung?« John sah sich nervös um, aber keiner der Vacchis ließ sich blicken. »Klingt aufregend.« Der Mann kam im Auftrag der Regierung, und nun musste er allein mit ihm reden?
»Nun, ich hoffe, ich kann dieser Erwartung gerecht werden. Ich bin hier, um Ihnen –«
John versuchte, so einladend zu lächeln, wie Signora Orsini es versucht hatte, ihm beizubringen. Gastfreundlich. Souverän. »Gehen wir doch in den Salon«, schlug er vor, deutete mit einer Handbewegung die einzuschlagende Richtung an und kam sich dabei vor wie ein Schauspieler.
»Ja«, nickte der Mann dankbar. »Das ist eine gute Idee.« Er nahm sein Köfferchen auf und folgte John.
Ach ja, Getränke. »Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Einen Kaffee vielleicht?«
»Ein kleiner Espresso, wenn es nicht zu viel verlangt ist.«
John betätigte eine der Klingeln, und Giovanna tauchte auf. »Würden Sie uns bitte zwei Espresso bringen?«, bat John. Verdammt, er fühlte sich wie ein Heuchler dabei. Aber niemand schien es zu stören. Giovanna nickte eifrig und verschwand wieder, und er ging mit diesem Menschen von der Regierung weiter in den Salon. Auch dort keine Spur von den Vacchis.
Was kam nun? Platz anbieten. »Bitte, nehmen Sie doch Platz, Signor Belfiore.« Ungewohnt, das alles. »Was führt Sie zu mir?« Als sage er auswendig gelernte Verse auf.
Belfiore holte etwas aus seinem Koffer, das sich, als er es auf dem Couchtisch ausbreitete, als Landkarte erwies. »Das«, sagte er und deutete auf ein farbig umrandetes Gebiet, »ist die Calmata. Ein Naturschutzgebiet. Landschaftlich sehr schön am Tyrrhenischen Meer gelegen, ungefähr zwölf Quadratkilometer groß, keine fünfzehn Minuten vom nächsten Flughafen entfernt. Hier, ein paar Fotos.« Er holte einen Stapel großformatiger Fotografien hervor, die eine idyllische, urwüchsige Mittelmeerlandschaft zeigten, ohne Straßen, Stromleitungen oder Häuser.
»Schön«, meinte John nach einem flüchtigen Blick darauf. »Und was hat das mit mir zu tun?«
»Die Regierung möchte Ihnen dieses Areal gern verkaufen.«
»Und was soll ich damit?«
»Sie werden, Signor Fontanelli, nach der Übereignung des Vermögens sicherlich einen standesgemäßen Wohnsitz wünschen. Eine Villa an dieser Stelle« – er deutete auf ein dezent eingezeichnetes schwarzes Kreuz ungefähr in der Mitte der Karte – »böte Ihnen eine wunderbare Aussicht, sowohl auf das Meer als auch auf die Berge. Unverbaute, unverfälschte Natur ringsumher, in der Sie reiten oder spazieren gehen könnten. Bis hierher hätten Sie eine malerische Steilküste zu Ihren Füßen, während sich diese Bucht hier unten als Anlegeplatz ausbauen ließe…«
John hatte plötzlich das sichere Gefühl, sich verhört zu haben. »Sagten Sie nicht gerade, das sei ein Naturschutzgebiet?«
Der Mann machte eine wedelnde Bewegung mit der Hand. »Ja, aber ehrlich gesagt kein besonders bedeutendes. Es gibt dort keine vom Aussterben bedrohten Tierarten oder so etwas. Wir würden uns natürlich wünschen, dass Sie sich mit einigen Einschränkungen einverstanden erklären, was die Nutzung des Grundes anbelangt, aber grundsätzlich stimmen unsere Experten mit uns überein, dass eine
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