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Eine Braut für alle

Eine Braut für alle

Titel: Eine Braut für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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drein, als sie einem Paar gewöhnlicher Ponys gegenüberstanden.
    «Die Entwicklung des Pferdes», begann Sir Lancelot, bevor sie noch Zeit fanden aufzubegehren, «das sich von einem kleinen vierzehigen Säugetier der Eozäns ableitet, ist sowohl interessant wie lehrreich.»
    Er schloß eine kurze zoologische, von lateinischen Fachausdrücken strotzende Vorlesung an, die sie völlig mundtot machte.
    Sir Lancelot war kaum beim Mesohippus angelangt, als am anderen Ende des Ponyhauses eine seltsame Bewegung meine Aufmerksamkeit fesselte. Es war das Männchen mit dem steifen Hut, das um die Ecke auf uns lugte.
    «Der Kerl ist wahrscheinlich plemplem», knurrte der Chirurg, als ich diesen Umstand vor ihm erwähnte. «Obwohl er ganz eigenartig ist, Grimsdyke - ich könnte schwören, daß ich ihn schon irgendwann einmal gesehen habe.»
    «Vielleicht einer Ihrer Patienten, Sir?»
    Er schüttelte den Kopf. «Ich vergesse nie einen Unterleib oder ein Gesicht. Aber es gibt dringendere Dinge, über die wir uns den Kopf zerbrechen müssen. Kommt nun, ihr beiden, jetzt werden wir uns den Mus Rattus ansehen.»
    Als wir inmitten heftigen Schneegestöbers den Elefantenweg entlangstapften, um zum Pavillon der Nagetiere hinüberzugehen, hörte ich Sir Lancelot zu meinem Erstaunen in Lachen ausbrechen.
    «Apropos Gesichter, gerade ist mir eingefallen, an wen mich der struppige Pavian erinnert. An meinen Bruder George - der an die See durchgebrannt ist.»
    Da der meinen Hals hinunterrinnende Schnee eben den zwölften Rückenwirbel erreicht hatte, vermochte ich mich nur zu einem höflichen Gemurmel aufzuschwingen, des Inhalts, ich könne ihn mir wohl mit Schirmmütze und Fernrohr vorstellen, inmitten eines Hurrikans auf der Brücke stehend.
    «Ich kann Ihnen versichern, daß mein Bruder George seit Jahren nicht im mindesten unter Wetterunbilden zu leiden hat, es sei denn, er hat seinen Schirm zu Hause stehen lassen. Er arbeitet in einem äußerst angenehmen Büro in der City, allwo er sich als Betriebsleiter der Capricorn-Schiffahrtsgesellschaft etabliert hat.»
    Ich fuhr auf.
    «Der Capricorn Line, Sir?»
    Doch bevor ich weitersprechen konnte, packte mich Sir Lancelot am Arm.
    «Da sehen Sie! Schon wieder der Kerl mit dem Steifen.»
    Der Mann wischte gerade Schnee von einem der großen Pläne des Zoos, die da und dort aufgestellt waren. Mit einem kurzen Aufschrei entschwand er hinter dem Vogelhaus.
    «Ich wußte doch, daß er verrückt ist», schnaubte Sir Lancelot.
    «Er benimmt sich tatsächlich recht seltsam.»
    «Na, wir auch, wenn wir bei diesem Wetter hier herumsteigen. Nun, Kinder, hier ist unser nächstes Schaustück.»
    «Der reinste Aufsitzer», beschwerte sich Hilda. «Das sind doch bloß Ratten.»
    «Ich versichere dir, junge Dame, die Struktur des Gebisses der Ratte ist äußerst faszinierend.»
    «Ich möchte die Löwen sehen», greinte Randolph.
    «Panthera leo, gewiß. Ich glaube, die sind dort drüben.»
    Wir stapften wieder in den Schnee hinaus. Alle vier waren wir bis auf die Haut durchnäßt, aber innerlich glühte ich wie ein Hochofen. Mir war bezüglich Sir Lancelots Bruder eine phantastische Idee gekommen, und ich überlegte gerade, wie ich sie in Szene setzen solle, als schon wieder das bewußte Männchen auftauchte; hinter den Antilopen heranschleichend, schoß es in das Löwenhaus hinein.
    «Grimsdyke!» Sir Lancelot war stehengeblieben.
    «Sir?»
    «Mir ahnt, hinter diesem Kerl mit der Melone steckt mehr, als unsere Schulweisheit sich träumen läßt.»
    «Vielleicht ist er nur recht tierlieb, Sir?»
    «Hm. Wir wollen trotzdem der Sache nachgehen. Ihr zwei da.» Er durchbohrte die Kinder mit seinem Blick. «Haltet euch knapp hinter mir, und wenn ihr nur den leisesten Quietscher von euch gebt, stoße ich euch in die Bärengrube.»
    Wir krochen durch den Schnee zum Eingang des Löwenhauses. Wir lugten hinein. Da stand der Mann, und aus der geöffneten Aktentasche warf er Fleischstücke einer Schar höchst beglückter Raubtiere hinter den Gittern zu.
    «Bei St. Georg!» zischte mir Sir Lancelot ins Ohr. «Jetzt weiß ich, an wen mich der Kerl erinnert. An Crippen!»
    «Was, Sir? An Crippen, den Mörder?»
    «Natürlich an Crippen, den Mörder! Haargenau derselbe Typ -ein unscheinbares Männchen mit steifem Kragen und Augengläsern, dabei gefährlich wie der Teufel. Bei Gott, Grimsdyke! Wir sind Zeugen beim Verbrechen des Jahrhunderts!»
    Ganz konnte ich seiner Behauptung nicht folgen.
    «Seien Sie doch nicht so

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